Als Tech3 Racing am frühen Morgen des 13. Juni 2024 das neue Fahrerduo für die MotoGP-Saison 2025 verkündete, dürfte so mancher Fan etwas verdutzt dreingeblickt haben. Neben Enea Bastianini, dessen Wechsel sein damaliger Manager Carlo Pernat bereits einige Tage zuvor im italienischen Radio ausgeplaudert hatte, wurde ziemlich überraschend nämlich auch Maverick Vinales als Neuzugang vorgestellt. Dieser hatte damals erst wenige Wochen zuvor seinen (vermeintlich) befreienden ersten Grand-Prix-Sieg mit Aprilia eingefahren und wäre dort auch über 2024 hinaus gerne weitergesehen gewesen.
Doch Vinales entschied sich gegen eine Vertragsverlängerung und hörte auf sein Bauchgefühl. Dieses sagte ihm, dass es nach dreieinhalb Jahren mit vielen Aufs und Abs beim Aprilia-Werksteam Zeit für eine (weitere) Veränderung wäre: "Ich habe schon seit Jerez über meine Zukunft nachgedacht. Nach Austin war ich schockiert, wozu ich fähig sein kann - aber eben nur in einem von 20 Rennen. Das hat mir nicht gefallen, ich will das viel häufiger schaffen."
Drei große KTM-Vorteile gegenüber Aprilia
Tatsächlich konnte die Startnummer 12 das enorme Potenzial vom dominanten Wochenende auf dem Circuit of the Americas auch nach der Verkündung seines Tech3-Wechsels nie mehr abrufen. Stattdessen blieb ein fünfter Platz in der Dutch TT Ende Juni das höchste der Gefühle. Womöglich auch, weil die Aprilia RS-GP einfach zu viele Schwächen bot, mit denen der sensible Rennfahrer Vinales nicht klarkam - und die KTM RC16 soll genau da helfen.
Denn speziell in drei Aspekten, die Vinales als Rennfahrer besonders wichtig sind, scheint das MotoGP-Motorrad aus Mattighofen deutlich besser abzuschneiden als die Aprilia RS-GP. Das wurde bereits dem ersten Testtag in Barcelona Ende 2024 klar. "Was mir an diesem Bike besonders gefällt, ist das Feedback, das ich bekomme. Das entspricht nämlich genau dem, was ich erwarte", blickte der Spanier beim KTM-Launch in einer Medienrunde zurück und ergänzte: "Ich kann das Potenzial auf der Bremse schon spüren. Das ist wichtig, denn in der modernen MotoGP musst du dort attackieren können. Und dann hat das Bike einen sehr kräftigen Motor."
Maverick Vinales: Katastrophale Startbilanz im Jahr 2024
Das soll Vinales helfen, endlich auch im Zweikampf aggressiver agieren zu können als noch mit der Aprilia: "Dass ich auf eine Runde schnell bin, weiß ich. Schließlich habe ich letztes Jahr zu den schnellsten Piloten auf eine Runde gehört. [Tatsächlich schaffte es Vinales 2024 als einziger Fahrer neben Francesco Bagnaia und Jorge Martin immer ins Q2, Anm.] Der Zweikampf war das Problem. Mit diesem Motorrad erwarte ich mir, dass ich mich deutlich besser verteidigen kann, speziell in den ersten Runden." Damit spricht der Tech3-Neuling dann auch die dritte große Schwachstelle der Aprilia RS-GP an: Die Starts.
Schwer vorstellbar, aber Vinales konnte 2024 tatsächlich nur am Sachsenring und in Sepang beim Start - verglichen mit seiner Platzierung nach der ersten Runde - eine bzw. zwei Positionen gutmachen. Den Malaysia-GP muss man dabei aber ausklammern, denn diese beiden Positionsgewinne kamen lediglich dadurch zu Stande, dass Brad Binder und Jack Miller, die vor Vinales gestartet wären, beim Restart nach ihrem Horrorcrash nicht mehr mitfahren konnten. Insgesamt verlor Vinales 2024 bei GP-Starts nicht weniger als 63 Positionen, im Schnitt also mehr als drei Plätze pro Start.
Natürlich könnte man dem Moto3-Weltmeister von 2013 nun den Vorwurf machen, einfach kein guter Starter zu sein, doch das Problem liegt wohl eher im schwachen Starting-Device der Aprilia. Vinales' Markenkollegen klagten nämlich seit Jahren über ähnliche Probleme. Ganz anders die KTM-Fahrer: Diese gehörten speziell in den letzten zwei Saisons neben den Ducatis durchgehend zu den besten Startern im Feld. Das macht Vinales große Hoffnung, künftig von Beginn an vorne mitmischen zu können und keine Aufholjagden mehr hinlegen zu müssen.

Trotz KTM-Euphorie: Schwieriger Vinales-Start in Wintertests
"Wenn du dich verteidigen kannst, kannst du dich leichter in gute Positionen bringen und gute Ergebnisse erzielen", weiß der Tech3-Pilot. Ob das 2025 aber auch gelingen wird? Zumindest die MotoGP-Testfahrten in Sepang und Buriram verliefen für Vinales trotz aller KTM-Euphorie etwas schleppend. Lange Zeit bewegte er sich gemeinsam mit Teamkollege Bastianini eher am hinteren Ende des Feldes, erst am letzten Testtag gelang ein sichtbarer Fortschritt. 0,751 Sekunden Rückstand auf die Bestzeit von Marc Marquez und 0,473 Sekunden Rückstand auf die beste KTM-Zeit von Pedro Acosta sind dennoch weiterhin recht viel.
Und auch ein Blick auf den Longrun macht nach Buriram wenig Hoffnung für den Saisonstart in Thailand (28.02. - 02.03.). In der Sprint-Simulation war Vinales erneut nur drittbeste KTM, verlor im Schnitt noch 0,380 Sekunden auf Speerspitze Acosta. Vermutlich jedoch viel bitterer: Aprilia-Nachfolger Marco Bezzecchi war sogar 0,622 Sekunden pro Umlauf schneller als Vinales. Hat sich 'Top Gun' mit seinem Wechsel also womöglich doch verzockt? Die ersten Rennwochenenden 2025 werden es zeigen.
Was glaubt ihr: Startet Maverick Vinales 2025 bei Tech3-KTM noch durch? Oder haben die Testfahrten bereits das realistische Bild gezeichnet? Sagt uns eure Meinung in den Kommentaren!
diese MotoGP Nachricht