Das Können von Francesco Bagnaia steht außer Frage. Fühlt er sich auf seiner Ducati wohl, dann gibt es für die Konkurrenz kaum ein Vorbeikommen. Doch es lässt sich auch eine klare Schwäche des zweifachen MotoGP-Weltmeisters ausmachen: Der Zweikampf. Allerdings nicht in dem Sinne, dass Bagnaia direkte Duelle ständig verlieren würde. Viel eher verhält er sich in derartigen Situationen oft so, dass die Situation für beide Parteien im Sturz endet. Nicht immer die beste Strategie.
Immer wieder Kollisionen für Francesco Bagnaia
Alleine an den jüngsten 28 Rennwochenenden schied Francesco Bagnaia vier Mal nach Kollisionen mit anderen Fahrern aus. 2023 geriet er in Le Mans auf der Strecke mit Maverick Vinales aneinander, nach dem Sturz gingen sich die beiden Streithähne noch im Kiesbett an die Gurgel. Im diesjährigen Portugal-Grand-Prix kollidierte er mit Marc Marquez, was in Stürzen für beide Fahrer endete. In Jerez ging Bagnaia dann nach Kontakten mit Brad Binder und Marco Bezzecchi zu Boden. Und am Sonntag flog er schließlich zusammen mit Alex Marquez heftig ab.
Nur um das klarzustellen: Bagnaia trägt an keiner dieser Kollisionen die alleinige Schuld. In einzelnen Fällen wie dem Dreier-Crash von Jerez kann man ihm sogar relativ wenig vorwerfen. Und schlussendlich war auch die Kollision am Sonntag in Aragon ein klassischer Rennunfall. Die Stewards stellten fest, dass trotz Anhörung der Piloten, Überprüfung sämtlicher Bilder und Auswertung der Motorraddaten kein Fahrer eindeutig als Unfallverursacher identifiziert werden konnte. Logische Folge: 'No further action'. Keine Strafen also.
Francesco Bagnaia geht unnötiges Risiko ein
Bagnaia hat die Kollision also sicherlich nicht alleine verschuldet, aber er hätte sie alleine verhindern können. Ja, Alex Marquez war in der Kurve zuvor weitgegangen und hätte beim Zurückkehren auf die Ideallinie mehr Vorsicht walten lassen müssen. Bagnaia hätte aber auch damit rechnen müssen, dass es so zu einem für ihn gefährlichen Manöver kommen könnte und wäre besser beraten gewesen, nicht mit vollem Risiko auf der Außenbahn an Marquez vorbeizurasen.

Es gab schon Kollisionen mit Francesco Bagnaia als Unfallpartei, da machten die ausgefahrenen Ellbogen für ihn durchaus Sinn. Etwa beim Crash mit dem älteren Marquez-Bruder Marc in Portimao. Damals, im zweiten Grand Prix des Jahres, war mit der Startnummer 93 im WM-Fight noch völlig zu rechnen. Im direkten Duell Marquez gegen Bagnaia auf der Strecke ging es somit um mehr als ein paar WM-Punkte. Bagnaia zog in diesem Moment eine klare Linie gegen den Neuling im Ducati-Lager: "Hier bin immer noch ich der Boss!"
Trotz überlegener Pace: Francesco Bagnaia zeigt keine Geduld
Doch zurück zum Sonntag in Aragon: Bagnaia hatte keinen Grund, so überhastet ans Werk zu gehen. In Runde elf hatte er den zuvor zwischen ihm und Alex Marquez liegenden Pedro Acosta überholt und war fortan in jeder Runde bis zur Kollision schneller als Marquez. In sieben Umläufen vernichtete er 2,395 Sekunden Rückstand - macht einen Pace-Vorteil von deutlich mehr als drei Zehntelsekunden pro Runde. Dass Alex Marquez in dieser Phase des Rennens in massiven Problemen war, konnte auch Bagnaia nicht entgangen sein. Mehr als fünf Runden wären ihm zum Zeitpunkt der Kollision noch geblieben, um seinen Widersacher zu überholen. Eine wohl nicht allzu schwierige Übung für den Weltmeister, der sich in dieser Phase voll auf Marquez konzentrieren konnte. Denn Bagnaia hatte Acosta hinter sich bereits klar abgehängt und Jorge Martin auf Platz zwei war sowieso längt außer Reichweite.
"Er war so schnell! Er hätte mich in einem anderen Moment überholen können", analysierte auch Alex Marquez im Anschluss. Dieser Sichtweise kann ich mich nur anschließen. Bagnaia kann die Schuld für die Kollision beim Gresini-Piloten suchen - und ist damit vielleicht sogar im Recht - am Ende stehen aber null Punkte für ihn in der Fahrerwertung. Unfallgegner Marquez konnte in dieser Situation volles Risiko gehen, für ihn ging es lediglich um ein Podium beim Heimrennen. Bagnaia aber kämpft um die Weltmeisterschaft und hat so durch eine unnötige Kollision 16 Punkte verloren und nichts gewonnen. Dieser Übermut könnte Bagnaia im WM-Fight noch teuer zu stehen kommen.
Jetzt seid ihr dran! Stimmt ihr unserer Analyse von Francesco Bagnaias Zweikampfverhalten zu oder seid ihr der Meinung, dass Markus hier auf dem Holzweg ist? Schreibt es uns in die Kommentare.
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