Enea Bastianini und der Chang International Circuit? Das war bislang wahrlich keine Liebesgeschichte. Im Gegenteil: 2022 wurde 'La Bestia' beim Thailand GP in Qualifying und Rennen jeweils Sechster, im Vorjahr folgte mit den Plätzen 21, 13 und 13 in Qualifying, Sprint und Grand sogar ein völliges Debakel. Auf dem Zettel hatten den Ducati-Piloten in Buriram daher nur wenige MotoGP-Experten. Denn auch in dieser Saison deutete zunächst nur wenig auf ein Mitmischen auf den vordersten Plätzen hin - trotz Platz drei im Training.

Stellvertretend: Selbst nach einem ebenso überraschenden wie starken Platz zwei im actionreichen Qualifying versprühte Bastianini im Parc-Ferme-Interview mit MotoGP-Reporter Simon Crafar nur wenig Optimismus für den Sprint. "Ich bin sehr zufrieden mit meiner 'Timeattack', da war ich gestern schon gut und heute nochmal etwas besser. Aber ich muss meine Rennpace verbessern, denn da haben die anderen Ducati-Fahrer etwas mehr Reserven als ich", kommentierte er.

Enea Bastianini holt zweiten MotoGP-Sprintsieg

Doch im Sprint dann die nächste Überraschung: Nachdem sich die WM-Rivalen Jorge Martin und Francesco Bagnaia in der ersten Kurve von der Strecke gedrängt hatten, schlüpfte Bastianini innen durch in Führung und gab die Kontrolle über das Rennen anschließend nicht mehr ab. Er siegte 1,357 Sekunden vor Martin und 2,372 Sekunden vor Bagnaia, Marc Marquez distanzierte er sogar um 5,402 Sekunden. Wie gelang diese beeindruckende Trendwende in Thailand?

Der Schlüssel lag in einem simplen Detail: Dem Start. Denn aufgrund der hohen Außentemperaturen neigt der Vorderreifen der MotoGP-Bikes auf dem Chang International Circuit schnell zur Überhitzung, sobald man im Verkehr feststeckt. Das macht das Überholen und eine potenzielle Aufholjagd aus dem Mittelfeld, wo Bastianini in den vergangenen beiden Jahren rumdümpelte, schwierig. Mit freier Fahrt an der Spitze des Feldes änderte sich das Bild jedoch.

"Von vorne zu starten, war ein großer Vorteil. Wenn ich weiter hinten gewesen wäre, hätte ich mehr zu kämpfen gehabt, speziell mit der Front", erklärt auch Bastianini und weiß: "Es war wichtig, mich in der ersten Runde zu behaupten. Jorge hat vielleicht den Fehler gemacht, dass er etwas zu sehr über Pecco nachgedacht hat und ich konnte den Nutzen daraus ziehen. Vielleicht war das meine beste erste Runde seit ich in der MotoGP fahre."

Enea Bastianini kontrollierte den Sprint von der Spitze, Foto: LAT Images
Enea Bastianini kontrollierte den Sprint von der Spitze, Foto: LAT Images

Enea Bastianini: Alles noch offen im MotoGP-WM-Kampf

Im Anschluss ging Bastianini drei Runden lang volles Risiko, um sich einen Vorsprung von anderthalb Sekunden herauszufahren. Danach nahm der Ducati-Pilot Tempo raus und verwaltete bis zum Schluss. In der Fahrer-WM brachte ihn sein zweiter Sprintsieg der Saison wieder auf acht Punkte an Marquez, auf 68 Punkte an Bagnaia und auf 90 Punkte an Martin heran. "Es ist noch alles offen, ein Sprint verändert nicht viel", kommentiert Bastianini, meint damit aber nur den WM-Kampf zwischen Martin und Bagnaia. Denn direkt im Anschluss scherzt er: "Nicht offen für mich, für mich ist es vorbei!"

Tatsächlich wird ein Eingreifen in den Titelkampf bei nur noch 99 ausstehenden MotoGP-Punkten praktisch unmöglich, zumindest WM-Rang drei ist aber noch machbar. Diesen könnte Bastianini mit einem weiteren Sieg schon am Sonntag von Marquez zurückerobern. Einfach wird das jedoch nicht: "Wir werden sehen, wer den Reifen am besten managen kann. Ich war heute schon am Limit, speziell an der Front. Die bereitet mir hier die größten Probleme."