2023 erlebte die MotoGP nicht weniger als die größte sportliche Reform ihrer Geschichte. Durch die Einführung der Sprints am Samstag verdoppelte sich die Anzahl der Rennen. Mit dem Plus an Action erhöhten sich aber auch die Belastungen für Fahrer und Teams, sowie die Anzahl der Verletzungen. KTM-Motorsportchef Pit Beirer ist trotz der negativen Auswirkungen ein Fan der Kurzrennen. Ihn stört eine andere Entwicklung im MotoGP-Kalender.

Sprint-Format für Beirer gut: Schon am Samstag Schluss mit Blödsinn!

"Ich bin neben meiner Tätigkeit als Rennchef bei KTM auch MotoGP-Fan", schickt Beirer voraus. "Wir freuen uns, wenn wir ein Rennen sehen. Wenn das ganze Theater aufhört, wo jeder überlegt: Was könnte sein?" Ein Tag Trainings weniger ist für ihn daher ein Fortschritt: "Darum ich bin nach wie vor Freund und Fan der Sprintrennen, weil dann hört am Samstag der ganze Blödsinn schon auf. Dann sieht man schon einmal, wer wo steht, wenn wirklich Rennen gefahren wird."

Pit Beirer in der KTM-Box
Pit Beirer ist Fan der Sprint-Rennen, Foto: LAT Images

Dennoch gab es angesichts der Belastungen und Verletzungsgefahr bereits des Öfteren den Vorschlag, das Modell der Formel 1 anzuwenden. Dort wird nur an bestimmten Wochenenden der Sprint ausgetragen. Davon hält der Deutsche nichts: "Das Rennformat selbst, das Wochenende, soll sich meiner Meinung nach nicht verändern. Denn der Fan lebt auch von einer gewissen Regelmäßigkeit, dass er weiß, dann ist Qualifying, dann ist Sprintrennen, dann ist Hauptrennen." Für ihn sollte Klarheit herrschen: "Es fühlt sich absurd an, wenn du es ab und zu machst und ab und zu nicht machst. Entweder wollen wir Rennen fahren oder wir wollen keine Rennen fahren."

Aus den Reihen der KTM-Piloten sieht er auch keinen Widerstand: "Da wir Fahrer als Rennfahrer engagiert haben, freuen sich unsere vier auch auf das Samstagsrennen. Wir fahren gerne Rennen und deshalb bin ich der Meinung, das Sprintrennen sollte jedes Wochenende gefahren werden." Damit ist Beirer vielleicht auch nicht ganz uneigennützig. 2023 gelangen KTM immerhin zwei Sprintsiege. In den Grand Prix hingegen konnte die oberste Stufe nicht erreicht werden. Brad Binder gehörte neben Jorge Martin zu den klaren Profiteuren der Einführung der Samstagsrennen.

MotoGP-Kalender zu groß: Blos nicht Richtung Formel 1 schielen

Dennoch geht der KTM-Sportchef den aktuellen Kurs der MotoGP nicht komplett mit. Für ihn ist eine andere Entwicklung der Knackpunkt: "Mir wäre es insgesamt lieber, wir würden die 20-Rennen-Schallmauer nicht durchbrechen und würden so Entlastung schaffen. Dass man vielleicht das eine oder andere Rennen weglässt." 2024 plante die MotoGP erstmals mit 22 Rennen.

Doch auch wenn es durch die Absagen in Argentinien und Kasachstan 'nur' 20 Rennen sein sollten, ist dies zu viel. Auch hier sollte sich die MotoGP nicht nach der Königsklasse auf vier Rädern richten. "Bitte nicht 20 plus Rennen. Die optimale Größe, die wir uns als Hersteller wünschen würden, wären eigentlich 18 Rennen, nicht 22. Und schon gar nicht, wenn man auf die Formel 1 schielt, in Richtung 24", stellt Beirer klar.

Überbelastung hat Konsequenzen: Kündigungen bei KTM

Dabei geht es Beirer aber nicht um eine Übersättigung der Fans, die Belastungen für die Fahrer oder ähnliches. Es geht um seine Mitarbeiter: "Da wird es einfach zu viel und nicht, weil wir nicht gerne Rennen fahren wollen, sondern da kommt der ganz normale Faktor Mensch. Jeder Familienvater kann es nachvollziehen. Das ist sicherlich als Junggeselle extrem spannend, das ganze Jahr durch die Weltgeschichte zu jetten mit diesem Rennprogramm. Aber sobald du eine feste Beziehung und Kinder hast, dann ist es auch ganz schön, wenn Papa oder Mama ab und zu mal am Wochenende zu Hause sind. Dort spüren wir ein Limit."

Trotz Podesterfolgen: Im KTM-Team gab es auch Kündigungen aufgrund der Belastung, Foto: LAT Images
Trotz Podesterfolgen: Im KTM-Team gab es auch Kündigungen aufgrund der Belastung, Foto: LAT Images

Die Konsequenzen des harten Rennkalenders auf das Privatleben hat KTM bereits zu spüren bekommen: "Wir haben es ganz klar in der vergangenen Saison gesehen. Mit sieben Übersee-Rennen am Schluss und acht Rennen an zehn Wochenenden war die Mannschaft am Limit. Da gab es dann auch die eine oder andere Kündigung mit Tränen in den Augen, weil sie eigentlich wirklich gerne dabei sind, aber einfach Familie und Beruf nicht mehr unter einen Hut bekommen." Deswegen wird sich KTM auch weiterhin für ein Zurückrudern in Sachen Kalenderexpansion einsetzen: "Das ist der einzige Grund, warum wir dort sagen: Das Limit ist erreicht. Und wir werden das auch öfter ansprechen und hoffen, auch gehört zu werden."