KTM vollzieht beim Team von Tech3 einen Paradigmenwechsel, der auf das gesamte MotoGP-Projekt der Mattighofener Auswirkungen hat. Dabei geht es nicht nur darum, dass der Name GasGas nach zwei Jahren wieder verschwindet. Vielmehr folgt mit der Verpflichtung von Maverick Vinales und Enea Bastianini auch die Fahrerwahl einem anderen Plan. KTM-Boss Pit Beirer erklärt die vorläufige Abkehr von Nachwuchspiloten.
Zu viele MotoGP-Rookies gescheitert: Nur Supertalente wie Acosta können bestehen
"Es ist jetzt klar, dass wir einem jungen Talent in den nächsten zwei Jahren keinen Platz anbieten können. Wenn sie mich nach meinem Wunsch fragen, wäre es natürlich immer, Fahrer aus unserer eigenen Akademie zu haben und sie alle dort oben zu haben und dann mit ihnen konkurrenzfähig zu sein", erklärt Beirer, dass KTM nicht grundsätzlich mit Youngstern abgeschlossen hat. Jetzt haben aber erstmal vier Fahrer einen Vertrag für die nächsten beiden Jahre.

Die aktuelle MotoGP machte die andere Herangehensweise erforderlich: "Wenn man sieht, wie komplex die MotoGP ist, wie schwierig sie ist, dann braucht man definitiv einen herausragenden Rookie, damit es Sinn macht, mit ihm in die MotoGP zu gehen. Pedro [Acosta] hat bewiesen, dass es möglich ist. Aber wir hatten auch Probleme, dass selbst ein Moto2-Weltmeister es sehr, sehr schwer haben kann, in der MotoGP zu bestehen."
Remy Gardner (2021 Moto2-Titelträger) und nun auch Augusto Fernandez (holte 2022 den Titel) sind beim Team von Herve Poncharal gescheitert. Selbiges gilt für Raul Fernandez (Vizemeister 2021), der jedoch ab 2023 bei Aprilia eine neue Heimat in der MotoGP fand. Einzig Ausnahmetalent Pedro Acosta konnte sich durchsetzen und wird ab nächstem Jahr im Werksteam fahren.

KTM hofft auf Ducati-Effekt: Starker Kader soll sich gegenseitig pushen
Angesichts dieser Erfahrungen will sich KTM ein 'Junior-Team' nicht mehr leisten. "Wenn man sich dann die Gesamtinvestitionen der MotoGP-Klasse ansieht, nimmt man ein Budget von vielen, vielen Millionen und teilt es durch vier. Jedes Fahrerpaket ist ein Multimillionen-Paket. Und dann habe ich das Gefühl, dass man in der MotoGP einfach nicht mehr die Zeit hat zu sagen: Lasst uns eine Art Ausbildungsprojekt machen. Es ist superwichtig, Leistung zu bringen und nicht nur aus Gründen der Werbung. Auch für die Qualität des gesamten Teams. Man braucht vier starke Fahrer, um den Sieger in den eigenen Reihen zu haben", erklärt Beirer die Investitionen in Vinales und Bastianini.
"Man braucht die Daten vom Freitagmorgen sofort, um den nächsten Schritt für das zweite Training zu machen. Wir haben uns einfach wohler gefühlt, wenn wir Grand-Prix-Sieger an Bord holen und damit das ganze Projekt vorantreiben, uns gegenseitig pushen. Auch Pedro und Brad [Binder] werden von zwei weiteren starken Fahrern profitieren. Es war also eine klare Entscheidung, auf Ergebnisse zu setzen und nicht auf ein Ausbildungsprogramm", führt er weiter aus. Der interne Konkurrenzkampf gilt als eine der großen Stärken von Ducati. Aktuell führen vier der Ducati-Fahrer die WM an. Bagnaia, Martin, Marquez und Bastianini geben sich dabei gegenseitig eine Referenz.
Kein Moto2-Pilot bereit für die MotoGP und Moto3-Asse brauchen noch Zeit
Doch könnte dann auch gefragt werden: Wieso betreibt KTM weiterhin ein derart großes Engagement im Nachwuchs, das mit Abstand größte aller Hersteller? Wie erwähnt, wurde nicht grundsätzlich mit jungen Fahrern abgeschlossen, nur weil nun Pedro Acosta etabliert ist. Es drängt sich momentan einfach niemand auf: "Ehrlich gesagt, sehe ich den nächsten Fahrer noch nicht bereit. Wenn der nächste Kerl, der nächste Pedro, in unserem Moto-2-Projekt bereit wäre, den Sprung zu schaffen, würden wir ihn sicher sofort nehmen. Aber wir sehen nicht, dass jemand für nächstes oder übernächstes Jahr bereit ist."
In der Moto2 fahren die KTM-Jungs derzeit hinterher. Celestino Vietti hat sein Potential bisher nicht einlösen können. Deniz Öncü ist ein Rookie. Jake Dixon fährt immer mal wieder auf das Podium, ist aber mit 28 Jahren keine Option mehr. Und Izan Guevara kommt nach seiner fantastischen Moto3-Saison von 2022 in der Moto2 erst jetzt so langsam in Tritt, ohne dabei zu glänzen. Einen Fahrer der Marke Pedro Acosta gibt es da tatsächlich nicht.

Dieser könnte aber in der Moto3 zu finden sein. Der Kolumbianer David Alonso zeigt mit dominanten Vorstellungen immer mehr auf, dass er das nächste große Versprechen im Nachwuchsbereich ist. Außerdem fahren dort mit Dani Holgado, Jose Rueda und Collin Veijer drei weitere Fahrer mit großem Potential unter dem KTM-Dach. Bis zu ihrem MotoGP-Aufstieg wird es aber noch dauern. Selbst Acosta verbrachte zwei Jahre in der Moto2. Dass Vinales und Bastianini bis 2026 unterschrieben haben, wird Alonso & Co. den Weg also nicht versperren.
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