Knapp 12 Monate ist es her, dass Dani Pedrosa die MotoGP-Welt mit seinem starken Wildcard-Einsatz beim San Marino GP 2023 verzückte und das KTM-Lager mit dem funktionierenden Karbon-Chassis euphorisierte. Ein Jahr später ist von vergleichbarer Freude bei den Orangenen keine Spur, der Emilia Romagna GP wurde zum Desaster. Erstmals seit Herbst 2018 bleib der Hersteller aus Mattighofen in einem Hauptrennen der MotoGP wieder ohne WM-Punkte, auch damals ausgerechnet in Misano.

Dabei sah am Sonntag zunächst alles nach einer Wiederholung des ordentlichen Sprint-Resultates vom Vortag aus. Brad Binder lag zu Beginn des Rennens auf Platz vier, Pedro Acosta folgte als Fünfter sogleich. Doch direkt zum Start der zweiten Runde der erste Rückschlag: Binder rutschte in Kurve vier von der Strecke, nachdem ihm die Front am Scheitelpunkt eingeklappt war. Der Südafrikaner nahm das Rennen zwar nochmal auf, fuhr fortan aber aussichtlos hinterher. Acosta erbte den vierten Platz und verteidigte diesen zunächst auch erfolgreich, landete schließlich aber in Runde neun im Kiesbett von Turn 15. Sein Rennen war nach dem Highspeed-Crash sofort zu Ende, an einen Restart war nicht mehr zu denken.

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Pedro Acosta sauer: Potenzielles MotoGP-Podium weggeworfen

"Ich bin in Kurve 15 angekommen und habe die dortige Bodenwelle so überfahren, wie ich das zuvor immer gemacht hatte. Trotzdem hat die Front dann zugemacht. Wir haben noch keine Erklärung gefunden, weil ich nichts anders gemacht hatte", ärgerte sich Acosta anschließend in seiner Medienrunde. Denn der GasGas-Rookie wusste, was ihm da vermutlich durch die Hände geglitten war - ein potenzielles Podium. "Der Sturz nervt mich, denn heute war ein guter Tag für ein gutes Rennen. Ich konnte an Pecco [Bagnaia] dranbleiben, auch wenn ich jetzt weiß, dass er Reifenprobleme hatte. Mein Vorsprung auf Marc [Marquez] war stabil, ich war nicht in Gefahr", beschreibt er.

Tatsächlich hatte sich Marquez - anders als im Sprint - nicht an Acosta vorbeikämpfen können. Vielmehr kam der Gresini-Pilot am Sonntag nicht mal in Schlagdistanz, lag konstant zwischen 0,6 und 0,8 Sekunden zurück. Hätte Acosta diesen Vorsprung bis zum Schluss verwalten können, wäre er mit Blick auf den rätselhaften Sturz von Bagnaia wohl noch als Dritter auf dem Misano-Podium gelandet. "Das ist wirklich ärgerlich", meint die Startnummer 31 etwas angefressen, sagt aber: "Wir akzeptieren das jetzt und machen weiter. Die Veränderungen, die wir verglichen mit dem Samstag vorgenommen haben, haben funktioniert. Ich konnte mit Pecco mithalten, hatte durch die erste Runde mit Binder sogar schon eine Sekunde Rückstand, als ich Vierter wurde. Ich denke, dass wir das Maximale aus unserem Paket rausgeholt haben."

Zumindest eine kleine Vermutung für seinen Abflug präsentierte Acosta abschließend dann doch noch. "Der Generator meines Reifenwärmers ist im Grid kaputtgegangen, dadurch waren meine Reifen relativ kalt und es kam zu einer Art Kettenreaktion", offenbart der 'Hai von Mazarron'. "Ich denke, dass es daran gelegen sein könnte. Denn es ist nicht normal, mit solch niedriger Temperatur im Vorderreifen zu fahren. Ich will aber auch nicht sagen, dass es daran gelegen sein muss, weil ich davor schon zehn Runden gefahren bin [tatsächlich waren es neun, inklusive Warm-Up-Lap, Anm.]. Aber ich habe definitiv nicht die Temperatur erreicht, mit der ich normalerweise fahre."

Pedro Acosta mischte bis zu seinem Sturz ganz vorne mit, Foto: LAT Images
Pedro Acosta mischte bis zu seinem Sturz ganz vorne mit, Foto: LAT Images

Nächster Misano-Crash für Brad Binder: Schlicht übertrieben

Eine Ausrede, die für seinen künftigen KTM-Teamkollegen Binder nicht gilt. Der Südafrikaner übertrieb es schlicht beim Versuch, mit dem Spitzentrio um Jorge Martin, Enea Bastianini und Francesco Bagnaia mitzuhalten. "Ich habe mich im Warm Up ziemlich gut gefühlt und wusste, dass ich gleich zu Beginn mit ihnen mithalten muss, wenn ich etwas ausrichten will", berichtete er und musste sich sichtlich enttäuscht eingestehen: "Ich habe es versucht, habe dabei aber die Front in Turn 4 verloren. Ich muss mich beim Team entschuldigen, denn das hätte heute ein gutes Ergebnis werden können. Ich wollte unbedingt um die Top Drei kämpfen."

Das Positive: Binder war immerhin in der Lage, kurzzeitig an der Spitze mitzumischen. Von Noch-Teamkollege Jack Miller kann das nicht behauptet werden. Der Australier, vor zwei Wochen noch zweimal auf dem achten Platz, kam diesmal nicht über die Ränge 14 und 16 in Sprint und GP hinaus. Bereits am Samstag klagte er, bei seinen Rundenzeiten aus dem ersten Misano-Wochenende steckengeblieben zu sein, während sich die Konkurrenz um mehr als eine halbe Sekunde verbesserte. "Es fühlt sich an, als könnte ich nicht mehr pushen. Ich fahre gegen eine Wand", rätselte er und meinte: "Wir müssen etwas finden, um unser Level anzuheben."

Jack Miller wurde im Emilia Romagna GP auch noch von Johann Zarco aus dem Weg geboxt, Foto: LAT Images
Jack Miller wurde im Emilia Romagna GP auch noch von Johann Zarco aus dem Weg geboxt, Foto: LAT Images

Chattering bremst Jack Miller und Augusto Fernandez aus

Das klappte nicht, vielmehr kamen am Sonntag noch Probleme mit Chattering hinzu. "Ich habe noch versucht, ein paar Mal zu pushen, bin aber mehrfach fast gestürzt", kommentiert Miller, der im Emilia Romagna GP selbst auf die schnellsten Hondas mehr als sieben Sekunden eingebüßt hatte. Trotzdem war er damit nochmal gute sechseinhalb Sekunden schneller als die vierte KTM von Augusto Fernandez, welcher nicht über P18 hinauskam. Einzig der gestürzte Binder schnitt noch schlechter ab. "Ich hatte einen guten Start und konnte einige Positionen gutmachen, dann kamen aber die Vibrationen zurück", klagte auch der GasGas-Pilot über Chattering. "Das hat mich stark limitiert. Ich hoffe, dass wir bis Indonesien nächste Woche eine Lösung finden können."

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