Die Formel 1 bekommt mit Cadillac 2026 ein neues Team. Was sich bereits seit der ersten Absichtserklärung im November angekündigt hatte, ist seit der vergangenen Woche offiziell. Damit stehen die US-Amerikaner nicht nur vor dem großen Sprung in die Formel 1, sondern befinden sich auch im Zentrum des ansonsten für die kommende Saison eher größtenteils festgezurrten Fahrermarktes.
Denn die meisten Teams wollen in die neue Regelgeneration mit einer unveränderten Fahrer-Belegschaft starten und stellten Verträge bis 2026 aus. Cadillac hingegen steht vor einem leeren Blatt Papier. Die meisten derzeitigen F1-Stammpiloten sind für sie außen vor, aufgrund der hohen Volatilität auf dem Fahrermarkt vor 2025 können sie aber trotzdem aus dem Vollen schöpfen.
Kein US-Bias: Cadillac-Fahrerwahl nach Leistungsprinzip
Vorstandsmitglied Mario Andretti ließ vor einigen Monaten durchblicken, dass man die Wahl des Fahrerduos nach folgender Formel durchführen wolle: Ein Cockpit soll an einen US-Amerikaner gehen, das andere an einen Fahrer mit viel Formel-1-Erfahrung. Teamchef Graeme Lowdon erklärte nach der offiziellen finalen Genehmigung des Einstiegs allerdings, dass der Fokus nicht auf dieses Muster versteift sei.
"Die Entscheidung fällt nach Leistung", stellte Lowdon klar. "Die Formel 1 ist kein Spielplatz, es ist die Königsklasse des Motorsports und dazu müssen wir die Fahrer nach Leistung auswählen", sagte er weiter. Dass man aber sehr gerne einen US-Amerikaner als Pilot des US-Teams sehen würde, daran lässt er keine Zweifel. "Ich sehe keinen Grund, warum diese Wahl nach Leistung nicht auf einen amerikanischen Fahrer fallen könnte", so Lowdon.
In der jüngeren Vergangenheit ist die Erfolgsbilanz von Piloten aus den USA überschaubar. Logan Sargeant wurde nach eineinhalb Jahren bei Williams aufgrund mangelnder Leistung vorzeitig entlassen, den punktelosen Scott Speed ereilte 2007 bei Toro Rosso dasselbe Schicksal, genauso wie Michael Andretti 1993. Auch der spätere Indy-500-Sieger Alexander Rossi fand 2015 nach wenigen Starts beim Hinterbänkler-Team von Marussia keine längerfristige Bleibe in der Königsklasse.

Lowdon will daraus keinen Trend ablesen. "Nur weil jemand Amerikaner ist, bedeutet das nicht, dass er nicht ein guter Formel-1-Fahrer sein kann", ist er überzeugt. Im Zusammenhang mit Cadillac steht dabei vor allem ein Pilot im Fokus: Colton Herta. Der derzeitige Andretti-Pilot in der Indycar-Serie wird schon lange als Top-Kandidat bei dem inzwischen umbenannten F1-Projekt von Andretti gehandelt.
Cadillac sucht Formel-1-Fahrer: Diese US-Amerikaner kommen in Frage
Er hätte 2023 bereits mit den heutigen Racing Bulls seinen Weg in die Formel 1 finden sollen, doch die nicht ausreichende Anzahl an Superlizenz-Punkten machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Auch für einen Aufstieg 2026 müsste er erst einmal in der Indycar gute Leistungen abliefern. Mit einem vierten Platz in der Meisterschaft hätte er die nötigen SL-Punkte sicher.
Ansonsten findet sich in den USA nur schwer ein Pilot, der Formel-1-Reife mitzubringen scheint. Im F1-Nachwuchs tauchen Namen wie Jak Crawford oder Ugo Ugochukwu auf. Crawford steht bei Aston Martin als Junior unter Vertrag und landete in seinem zweiten F2-Jahr auf dem fünften Meisterschaftsrang. Der 18-Jährige Ugochukwu fährt 2025 sein erstes Jahr in der Formel 3, für ihn käme ein F1-Aufstieg wohl noch zu früh. Er ist zudem Mitglied im Nachwuchs-Programm von McLaren.
Ex-Williams-Fahrer Logan Sargeant spielt keine Rolle. Er kündigte vor wenigen Wochen überraschend seinen Rückzug aus dem Motorsport an, Lowdon schloss ihn als Kandidaten aufgrund dessen aus und unterstrich, dass man sich mit ihm nicht im Kontakt befunden habe. Der derzeit erfolgreichste US-Amerikaner im Formelsport, Josef Newgarden, ist mit 34 Jahren wohl schon zu alt, um für einen Umstieg in die Formel 1 in Frage zu kommen. Kyle Kirkwood, der ebenfalls in der Indycar-Serie für Andretti einzelne Erfolge einfahren konnte, ist noch weit von den nötigen Superlizenz-Punkten entfernt.
Es muss also nicht zwingend bereits beim Debüt der F1-Neueinsteiger ein Fahrer aus den USA im Auto sitzen. Lowdon betonte, dass Cadillac als langfristiges Projekt strukturiert sei und mittel- oder langfristig auch die Gründung eines Nachwuchsprogramms im Raum stehe. Dort könnte man US-Fahrer fördern, um dann potenziell zu einem späteren Zeitpunkt einen Lokalmatador ins Auto zu setzen.
Erfahrung oder nicht? Formel-1-Routiniers mit Comeback-Chancen
Dass man Erfahrung als wichtige Voraussetzung für die Besetzung mindestens eines Fahrer-Cockpits ansehe, bestätigte Lowdon. Ob es allerdings die entscheidende Prämisse sein wird, sei noch nicht entschieden. "Wir messen der Erfahrung einen hohen Wert zu, wie man auch bei der restlichen Aufstellung unseres Teams sehen kann", so Lowdon, aber er fügte später hinzu: "sehr viele Dinge fließen in diese Entscheidung mit ein, neben der Erfahrung auch der Blick auf die Zukunft. Das analysieren wir im Moment."
Valtteri Bottas und Sergio Perez scheinen die idealen Kandidaten zu sein, falls Cadillac Erfahrung priorisiert. Daniel Ricciardo käme seinem Lebenslauf nach auch in Frage, jedoch scheint der Australier seit seinem Aus im Herbst mit der Formel 1 abgeschlossen zu haben und soll kein Interesse an einem Gang zu dem GM-Team haben.
Perez hingegen befindet sich derzeit in einer Findungsphase. Er gab sich ein halbes Jahr Zeit, um zu eruieren, ob er überhaupt wieder in die Formel 1 zurück möchte. Valtteri Bottas hingegen reist als Mercedes-Ersatzfahrer nach wie vor mit dem F1-Tross um die Welt und macht keinen Hehl aus seinen Comeback-Ambitionen.
Ebenfalls auf der - zumindest erweiterten - Namensliste für ein Cadillac-Cockpit steht auch Zhou Guanyu. Der Chinese hinterließ in seiner bislang letzten Formel-1-Saison 2024 bei Sauber allerdings keinen allzu guten Eindruck. Für ihn spricht jedoch, dass Cadillacs Neo-Teamchef Lowdon sein Manager ist. Lowdon betonte angesprochen auf ihn, es gebe "keine Bevorzugung in jedwede Richtung."
Die Fahrerfrage ist eine der letzten, die bei Cadillac noch nicht fixiert ist. Viele andere Antworten zu dem neuen Team und dessen Struktur sind schon bekannt:
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