2025 sitzt Liam Lawson im Red Bull. Das zieht Yuki Tsunodas Zukunft bei Red Bull, und in der Formel 1 überhaupt, stark infrage. Selbst ein gutes viertes Jahr reicht nicht, um die Team-Spitze von einer Beförderung zu überzeugen. Hat Red Bull hier wirklich die richtige Entscheidung getroffen? Die Motorsport-Magazin.com-Redakteure Markus Steinrisser und Max Piehler sehen sich die beiden Seiten an.

Besser gleich Lawson: Wir müssen bei Yuki Tsunodas F1-Karriere ehrlich bleiben

Schon seit Monaten kann ich mich dem Tsunoda-Optimismus vieler meiner Kollegen und vieler Fans nicht anschließen. Tsunoda selbst mag uns verkaufen wollen, dass er jeden Fahrer neben sich "immer wieder zerstört" habe. Einer genauen Betrachtung hält das für mich nicht stand. Klammern wir einmal zwei Niederlagen gegen den erfahreneren Pierre Gasly aus. Was hat Tsunoda in den zwei darauffolgenden Jahren erreicht?

Nyck de Vries geschlagen? Beeindruckend Daniel Ricciardo geschlagen? Hat er das wirklich mit dem erwarteten Nachdruck? Ricciardo mag im Zwielicht seiner Karriere gewesen sein, aber vereinzelt hatte er Tage, wo er merklich besser aussah als Tsunoda. Beispiel Qualifying-Duell: 13 zu 8, weniger als eine Zehntel Rückstand im Schnitt. Zerstört sieht anders aus. Und dann Lawson. Zwei Mal kurzfristig im Herbst neben Tsunoda gesetzt, hat er intern gegen Tsunoda verloren. Moment - wie hat er das?

Ja, jetzt kommt's. Ich sehe nicht ein, wie es für Tsunoda sprechen kann, wenn er einen sechs Rennen vor Schluss ohne große Vorbereitung neben ihm abgeladenen Lawson knapp schlägt. Gut, sechs zu zwei im Qualifying, aber eineinhalb Zehntel? Das reflektiert nicht positiv auf Tsunoda. Von einem Fahrer mit über 80 Starts, der den Platz neben Max Verstappen will, erwarte ich, dass er einen von der Ersatzbank kommenden Lawson sofort und mit Nachdruck auf die Plätze verweist.

Das hat Tsunoda nicht getan. Für mich ist das Bild basierend auf den vier Jahren neben Gasly, de Vries, Ricciardo und Lawson damit eigentlich klar: Tsunoda ist sicher gut, aber nicht gut genug, um neben Max Verstappen in einem Spitzenteam zu bestehen. Auch sein Nervenkostüm hat er in den letzten Jahren zwar verbessert, aber Fehler macht er noch immer. Ich glaube ehrlich, dass Tsunoda neben Verstappen innerhalb von sechs Rennen zerbrechen und dann vielleicht nie mehr in einem F1-Auto sitzen würde.

Kann das mit Lawson auch passieren? Vielleicht. Aber zumindest hat er in seinen Gaststarts interessantes Potenzial gezeigt. Es hätte geholfen, wenn er gleich das ganze Jahr im Racing Bull verbracht hätte. Dann hätte er mehr Erfahrung, dann gäbe es mehr Anhaltspunkte, die Beförderung könnte sicherer sein. Nichts davon würde jedoch etwas an den Tsunoda-Fakten ändern. Ihn in den Red Bull setzen bringt nichts.

Markus Steinrisser

Red Bull verheizt nun auch Yuki Tsunoda

Yuki Tsunoda hatte sich Chancen auf das Red-Bull-Cockpit ausgerechnet - zurecht. Der 24-Jährige fuhr bereits vier Formel-1-Saisons bei AlphaTauri beziehungsweise den Racing Bulls und hat nun 87 Formel-1-Rennen im "Nachwuchsteam" von Red Bull Racing hinter sich. Diese Erfahrung braucht es, um als Teamkollege des vierfachen Weltmeisters Max Verstappen zu bestehen. Nun bekommt Liam Lawson mit gerade einmal elf GP-Starts den Vorzug.

Racing Bull-Piloten Liam Lawson und Yuki Tsunoda im Paddock
Lawson und Tsunoda waren in der Formel 1 bislang nur kurz Teamkollegen, Foto: LAT Images

Wer im gleichen Auto wie Verstappen fährt, wird auch am Niederländer gemessen. Verstappen gilt als die fahrerische Nummer 1 im Paddock, und dass ein neuer Teamkollege unmittelbar auf dem Niveau mithalten kann, ist nicht zu erwarten. Deswegen: Der Red-Bull-Neuling muss charakterlich resilient sein. Diese Resilienz wird Tsunoda immer wieder abgeschrieben wegen emotionaler Ausbrüche am Teamfunk im Rennen. Ist das allerdings ein vertretbarer Grund, wenngleich Tsunoda gute Leistungen bringt?

Im Regen von Sao Paulo zeigte er sein Können und fuhr die drittschnellste Qualifying-Zeit. Im Rennen reichte es immerhin noch zu Platz sieben. Bis zum Singapur-GP hat er Ex-Teamkollege Daniel Ricciardo klar mit 22 zu 12 WM-Punkten geschlagen und war ausschlaggeben dafür verantwortlich, dass der Australier vorzeitig wegen ungenügender Leistungen aus dem Cockpit befördert wurde. Trotzdem gab und gibt es seitens Red Bull keine ausufernde Wertschätzung für ihn. Wie soll Tsunoda jemals Bestleistung bringen, wenn ihm nicht das Vertrauen geschenkt wird?

Berechtigterweise beklagte er sich, nie eine richtige Chance im Red Bull bekommen zu haben. Lediglich beim Test in Abu Dhabi nach dem Saisonfinale durfte Tsunoda einmal im RB20 sitzen. Mit diesem Umgang vergrämt Red Bull einen guten Formel-1-Fahrer und zieht fälschlicherweise einen deutlich unerfahreneren Lawson hoch. Mich würde es nicht wundern, wenn sich Tsunoda zukünftig in Richtung anderer Rennställe umschaut. RBR verheizt nicht nur Jungspund Lawson, der nicht mit Verstappen-Niveau umgehen kann, sondern auch langfristig Yuki Tsunoda.

Max Piehler