Knapp anderthalb Wochen nach dem Ende der Ducati-Saga um den zweiten Werksplatz hat sich das MotoGP-Fahrerkarussell nun erneut gedreht. Am Donnerstag verkündete KTM sein vollständiges Fahrer-Lineup für die kommende Saison und damit auch die neue Besetzung beim Tech3-Team mit Maverick Vinales und Enea Bastianini. Die scheidenden KTM-Piloten Jack Miller und Augusto Fernandez stehen dadurch vor einer ungewissen Zukunft. Welche Optionen auf einen MotoGP-Verbleib haben die beiden?

"Es ist eine logische Entscheidung. Er ist ein rießiges Talent und wir haben nicht gezeigt, was wir hätten zeigen müssen", kommentierte Jack Miller die Entscheidung KTMs, seinen Platz im Werksteam zur kommenden Saison an MotoGP-Superrookie Pedro Acosta zu vergeben. Gleichzeitig hatte sich der Australier, der 2024 erst 27 WM-Punkte sammelte, hoffnungsvoll gezeigt, dennoch weiterhin eine Zukunft im KTM-Lager zu haben und bat öffentlich einen Wechsel ins Kundenteam Tech3 an. Eine Option, die zunächst nicht unrealistisch erschien. "Jack hat absolut noch die Chance, nächstes Jahr bei uns zu bleiben", erklärte KTM-Motorsportchef Pit Beirer noch am Rande des Mugello-Wochenendes im Interview mit 'MotoGP.com'.

Jack Miller vor Herstellerwechsel: MotoGP-Rettungsanker Honda?

Miller hätte als neuer Teamkollege von Bastianini fungieren können, dessen Wechsel ins KTM-Lager auf eine Werksmaschine Manager Carlo Pernat bereits vergangene Woche im italienischen Radio ausgeplaudert hatte. Was zu diesem Zeitpunkt allerdings noch niemand ahnte: Dass KTM in Vinales auch noch einen zweiten externen Piloten in das eigene MotoGP-Projekt holen würde. Der Spanier verlässt Aprilia nach verheißungsvollem Saisonstart doch ziemlich überraschend, womit sich KTM zeitgleich natürlich auch gegen einen Verbleib von Miller entschieden hatte, der zum Jahresbeginn 2023 aus dem Ducati-Lager nach Mattighofen gekommen war.

Sein KTM-Abschied nach zwei Jahren muss allerdings nicht gleichbedeutend mit dem endgültigen MotoGP-Aus sein. Denn es gibt einen echten Interessenten an Miller: Die Honda Racing Corporation. Der strauchelnde Hersteller befindet sich weiterhin in der schwersten Krise der eigenen MotoGP-Geschichte und sucht nach erfahrenen Piloten, die beim Wiederaufbau eines konkurrenzfähigen Motorrads helfen können. Ein Profil, dem der Australier nahezu perfekt entspricht. Schließlich stellte er seine Stärken als Entwicklungsfahrer in den vergangenen Jahren sowohl bei Ducati als auch KTM unter Beweis.

Der HRC-Konzern soll Miller MotoGP-Paddock-Informationen zufolge bereits ein Vertragsangebot unterbreitet haben. Bei den Japanern könnte er im Repsol-Honda-Werksteam auf Joan Mir folgen. Der Kontrakt des MotoGP-Weltmeisters von 2020 läuft mit Saisonende aus, eine Verlängerung erscheint dieser Tage äußerst unwahrscheinlich. Denn der Spanier machte zuletzt keinen Hehl daraus, das Honda-Lager bei einem passenden Angebot gerne verlassen zu wollen. Trackhouse Racing und Gresini gelten als interessiert. Sollte Miller entgegen den Erwartungen doch nicht bei Repsol Honda landen, könnte auch Yamaha aus den identischen Gründen noch eine Alternative darstellen, sollte Alex Rins dort das Werksteam nach nur einer Saison wieder verlassen müssen.

Jack Miller könnte 2025 Honda-Teamkollege von Luca Marini werden, Foto: LAT Images
Jack Miller könnte 2025 Honda-Teamkollege von Luca Marini werden, Foto: LAT Images

Augusto Fernandez: MotoGP-Verbleib mit Yamaha und Pramac?

Yamaha ist an dieser Stelle auch ein gutes Stichwort, denn der Hersteller aus dem japanischen Iwata stellt zeitgleich wohl auch die einzige Hoffnung auf einen MotoGP-Verbleib für Augusto Fernandez dar. Dann nämlich, wenn sich Yamaha zur kommenden Saison doch noch das erhoffte Kundenteam sichern kann. Die dortige Lage ist jedoch weiterhin undurchsichtig. Teammanager Lin Jarvis hatte am Donnerstag in Mugello zunächst angekündigt, dass die Entscheidung über ein mögliches Kundenteam noch während des Italien-Wochenendes fallen sollte. Etwas Offizielles wurde jedoch nie präsentiert.

Stattdessen verkündete Pramac-Teammanager Gino Borsoi zunächst, dass sein Rennstall auch 2025 und 2026 zwei Ducati-Werksmotorräder einsetzen würde, womit ein Wechsel zu Yamaha vom Tisch schien. Offiziell bestätigt wurde aber auch dieser Deal bis heute nicht, was womöglich daran liegt, dass MotoGP-Superstar Marc Marquez nicht wie ursprünglich geplant als Jorge-Martin-Ersatz zu Pramac Racing wechseln wollte. Aktuell ohne Topfahrer dastehend, könnte ein Wechsel zu Yamaha für Teamgründer Paolo Campinoti wieder deutlich attraktiver geworden sein und somit doch noch über die Bühne gehen. "Das Risiko, Pramac zu verlieren, ist real", hatte Ducati-Teamchef Gigi Dall'Igna erst kürzlich im Interview mit 'MotoGP.com' verlautbaren lassen.

Augusto Fernandez könnte 2025 eine Yamaha für Pramac Racing fahren, Foto: LAT Images
Augusto Fernandez könnte 2025 eine Yamaha für Pramac Racing fahren, Foto: LAT Images

Sollte der italienische Rennstall tatsächlich zu Yamaha wechseln, würden dort gleich zwei neue Fahrer benötigt. Denn Pramac hatte in der Vergangenheit keine eigenen Piloten unter Vertrag, sondern bekam diese von Ducati gestellt. So auch 2024 mit Jorge Martin und Franco Morbidelli. An Optionen würde es Yamaha und Pramac jedenfalls nicht mangeln, neben Fernandez stehen derzeit auch noch zehn andere MotoGP-Piloten ohne Vertrag für die kommende Saison da. Wie groß die Chancen des Moto2-Weltmeisters von 2022 auf eine Zukunft bei Pramac Yamaha tatsächlich sind, ist unkar. Er soll jedoch ein Anwärter sein - und das erscheint aktuell mehr als bei jedem anderen MotoGP-Team.