1. - Wie gewann Porsche das WEC-Rennen in Fuji?

Andre Lotterer, Kevin Estre und Laurens Vanthoor feierten in Fuji ihren zweiten Saisonsieg. Für Porsche war es der dritte im siebten Rennen. Den Zuffenhausenern gelang es zum zweiten Mal nach 2015, Toyota beim Heimrennen auf dem Fuji Speedway zu besiegen - alle weiteren neun Siege seit 2012 gingen an die Japaner.

Lotterer/Estre/Vanthoor legten den Grundstein zum späteren Sieg schon in der ersten Stunde. Der von P5 gestartete Vanthoor überholte nach dem Start Mike Conways #7 Toyota und kassierte auch den #8 Toyota von Sebastien Buemi direkt nach dem Ende der Safety-Car-Phase in Runde 9. Nach dem 42. Umlauf übernahm Vanthoor dank eines Undercuts sogar die Führung, als er den Pole-Setter-Cadillac und den #15 BMW (beide Boxenstopp in Runde 43) per Strategie-Kniff kassierte. Der #6 Porsche führte 129 der 213 Rennrunden in Fuji an.

Im Kampf um die Fahrer-Weltmeisterschaft sieht es für den dreifachen Le-Mans-Sieger Andre Lotterer und seine Teamkollegen höchst vielversprechend aus: Das Porsche-Trio reist mit 35 Punkten Vorsprung zum Saisonfinale nach Bahrain am 02. November, wo noch 39 Zähler (38 für den Sieg, 1 für Pole Position) vergeben werden.

WEC-Rennen in Fuji 2024: Highlights und Zusammenfassung (14:58 Min.)

2. - Wofür wurde der #6 Porsche gegen Rennende verwarnt?

In der Porsche-Garage schrillten kurz vor dem Rennende die Alarmglocken, als Kevin Estres #6 963-LMDh plötzlich unter Beobachtung der Sportkommissare wegen eines technischen Vergehens geriet. So spät den Sieg zu verlieren, wäre einem Debakel gleichgekommen. Wenig später konnte die Porsche-Crew aufatmen, als es 'nur' eine Verwarnung setzte.

Estre fuhr zwischen den Runden 202 und 209 auf der Hinterachse mit einem Reifendruck, der unter der Mindestvorgabe von Michelin lag. Derartige Vorfälle gibt es häufiger in der WEC, wenn die Pace zwischenzeitlich langsamer wird und der Luftdruck in den Reifen abfällt. Ein paar Runden mit höherer Geschwindigkeit schaffen üblicherweise Abhilfe.

3. - Zwei Brüder auf dem Podium - gab es das schon einmal?

Mit Porsche-Sieger Laurens Vanthoor und BMW-Werksfahrer Dries standen erstmals in dieser Saison zwei Brüder auf dem Podest. Der jüngere der beiden Belgier bescherte BMW zusammen mit seinen Teamkollegen Marco Wittmann und Raffaele Marciello den zweiten Platz bzw. das erste Podium seit der WEC-Rückkehr. Bislang war ein sechster Platz von Rene Rast/Robin Frijns/Sheldon van der Linde in Imola das Höchste der Gefühle für die strauchelnden Münchner gewesen. Apropos van der Linde: Sheldons älterer Bruder Kelvin startet ebenfalls in der Langstrecken-WM, allerdings in der LMGT3-Klasse auf einem Lexus.

Die Vanthoors waren allerdings nicht das erste Brüderpaar in der WEC, das gemeinsam auf dem Podium anstoßen konnte. In der Saison 2014 fuhren die russischen Brüder Kirill und Anton Ladygin beim Rennen in Bahrain zu Platz zwei in der LMP2-Klasse. Die Ladygins starteten damals gemeinsam für SMP Racing, errangen in den acht Rennen aber nur ein Klassenpodest - bei fünf eingeschriebenen LMP2-Autos...

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Brüder auf dem Podium: Porsche-Fahrer Laurens Vanthoor mit BMW-Werkspilot Dries Vanthoor, Foto: LAT Images

4. - Wie erreichte Mick Schumachers Alpine das Podium trotz einer Strafe?

Mick Schumacher und seine Teamkollegen Nicolas Lapierre sowie Matthieu Vaxiviere sorgten mit dem dritten Platz für eine echte Sensation und bescherten dem Alpine A424 das erste WEC-Podest. Sensationell nicht nur, weil Vaxiviere im Qualifying nur P15 belegte, sondern auch, weil Schumacher während seines Start-Stints eine Durchfahrtstrafe kassierte (Gelb-Vergehen in Runde 43).

Der 25-Jährige kehrte für einen Triple-Stint noch einmal in den Alpine A424 zurück und lieferte in den letzten zwei Rennstunden eine große Show ab. Schumacher übernahm das Auto an 13. Stelle und machte innerhalb von 39 Runden ganze zehn Positionen gut! Auf seinem Weg zum Podest überholte er beginnend mit Runde 174 fünf Gegner im Zweikampf: die beiden Peugeot, Antonio Fuocos Ferrari sowie am Ende beide Jota-Porsche. Ebenso bekam Schumacher fünf Positionen 'geschenkt', weil Konkurrenten crashten oder Strafen kassierten.

Es war eine echte Marathon-Leistung: Der Sohn von Michael Schumacher saß für 3 Stunden und 16 Minuten der 6-stündigen Renndistanz im Auto, was 55 Prozent Streckenzeit des #36-Trios entspricht. Mick absolvierte mit insgesamt 119 sogar die meisten Runden aller Fahrer im Starterfeld der 18 Hypercars.

5. - Wieso wurde der #35 Alpine auf Podestkurs liegend bestraft?

Dass ausgerechnet der #36 Alpine um Mick Schumacher das Podest in Fuji eroberte, kam unerwartet, denn: Das #35 Schwesterauto war im Qualifying (Startplatz 6) und Rennen schneller und lag zur letzten Rennstunde aussichtsreich an dritter Position. In Runde 196 - 17 Runden vor dem Zieleinlauf - kassierte der pfeilschnelle Schlussfahrer Charles Milesi jedoch eine Durchfahrtstrafe, weil er beim Überrunden unglücklich mit einer GT3-Corvette kollidiert war.

Platz sieben war nur Schadensbegrenzung für Milesi, der den Speed des Alpine mit der schnellsten Rennrunde unterstrich, und seine Teamkollegen Ferdinand Habsburg aus Österreich sowie Jules Gounon. Noch ärgerlicher: Die #35 Crew wurde für ihre tolle Aufholjagd nicht angemessen entlohnt, nachdem Habsburg beim Start durch einen Schubser von Antonio Giovinazzis Ferrari zunächst bis auf Platz 16 zurückgefallen war.

6. - Wie viele Autos führten das Rennen in Fuji an?

Trotz des größtenteils souveränen Porsche-Sieges ging es auffällig bunt zu an der Spitze der Zeitenliste - natürlich auch bedingt durch die unterschiedlichen Boxenstopp-Strategien, die das Lesen eines sechsstündigen Rennens schwer machen. Neun Autos führten zwischenzeitlich: Der #6 Porsche für 129 Runden, der #2 Cadillac bei 46 Umläufen, der #50 Ferrari für 22 Runden, der #15 BMW in 6 Umläufen, der zweite Ferrari und der #35 Alpine für je 3 Runden, der #8 Toyota führte 2 Runden, das #7 Schwesterauto sowie der #63 Lamborghini jeweils eine.

7. - Wie viele Autos fielen vorzeitig aus?

Sechs der 18 Hypercars sahen nicht die Zielflagge, womit die WEC in Fuji mit Ausnahme der 24 Stunden von Le Mans ihr ausfallträchtigstes Rennen erlebte. Vorzeitig raus waren der #63 Lamborghini (Getriebe), der #5 Porsche nach einer Kollision mit dem #7 Toyota, der #51 Ferrari (Defekt an der Hybrid-Leistungssteuerung), der #2 Cadillac (Unfall ohne Fremdkontakt) sowie der #20 BMW (Schaden durch Trümmerteile).

Beim Zieleinlauf lagen auch dank einer Safety-Car-Phase 90 Minuten vor Schluss noch zehn Hypercars in der Führungsrunde. In der LMGT3-Kategorie fuhren sogar zwölf Autos in der Runde des #54 Sieger-Ferrari. Nur die #82 Corvette von TF Sport rund um den früheren Mercedes-DTM-Fahrer Daniel Juncadella schaffte es nicht bis ins Ziel.

8. - Wie viele Strafen sammelte der Ferrari um Robert Kubica?

Ferrari hätte sich die Reise nach Japan sparen können. Der #50 499P um die Le-Mans-Sieger Fuoco/Molina/Nielsen musste sich mit dem neunten Platz begnügen und hat nur noch theoretische Titelchancen. Das Schwesterauto (Giovinazzi/Pier Guidi/Calado) fiel wegen eines Technikdefekts vorzeitig aus und erlitt schon beim Start einen bösen Rückschlag: Ausgerechnet Robert Kubica im von AF Corse privat eingesetzten #83 Ferrari sorgte mit einem übermütigen Manöver für eine Karambolage, in die auch Giovinazzis Auto verwickelt wurde. Der Italiener musste sich an der Box eine neue Heck- und Frontpartie abholen und war wegen eines Schadens auf der rechten Fahrzeugseite fortan eingeschränkt.

Kubica kassierte für den Crash eine 30-Sekunden-Boxenstopp-Strafe, doch damit war es für den gelben #83 Ferrari noch nicht vorbei: Teamkollege Robert Shwartzman wurde mit zwei weiteren Drivethrough-Strafen belegt, weil er zuerst zu schnell unter Gelb war und später auch noch während einer Gelbphase ein anderes Auto überholte. Ein bitteres Rennen für die #83 Crew nur zwei Wochen nach dem Debüt-Sieg in Austin.

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Robert Kubica löste den Vierfach-Crash nach dem Rennstart aus, Foto: LAT Images

9. - Wofür kassierten die Toyota zwei Strafen?

Toyota und Porsche wurden in Fuji keine Freunde. Während die Zuffenhausener ausgerechnet beim prestigeträchtigen Heimspiel der Japaner triumphierten, kam der bestplatzierte Toyota in Form des #8 GR010 Hybrid (Buemi, Hartley, Hirakawa) nicht über Platz zehn hinaus. Das Schwesterauto (Conway, Kobayashi, De Vries) fiel unterdessen vorzeitig aus.

In der Schlussphase ging es hoch her, als zunächst Kamui Kobayashi ins Heck von Matt Campbells #5 Porsche donnerte und für den Ausfall beider Autos sorgte. Die Japaner wurden sogar nachträglich bestraft: eine zur Bewährung ausgesetzte Durchfahrtstrafe für Kobayashi im Falle einer Wiederholung. Auf der anderen Seite der Garagen wurde Ryo Hirakawa im #8 Toyota mit einer Durchfahrtstrafe belegt, weil er den #6 Porsche von Kevin Estre trotz mehrfach geschwenkter blauer Flaggen nicht vorbeiließ. Dadurch fiel er vom möglichen vierten Platz bis auf P10 zurück und verschenkte wertvolle Punkte beim Kampf um die Hersteller-Weltmeisterschaft.

10. - Welche WM-Titel wurden vorzeitig in Fuji vergeben?

Drei von fünf Titelentscheidungen sind bereits in Fuji ein Rennen vor dem Saisonfinale gefallen. Der #12 Porsche 963 des britischen Kundenteams Jota (Will Stevens/Callum Ilott/Norman Nato) setzte sich im Hypercar-Weltcup für Privatiers gegen seine vier Konkurrenten - den zweiten Jota- sowie einen Proton-Porsche und den #83 AF-Corse-Ferrari - durch.

Der deutsche Rennstall Manthey reist sogar mit zwei WM-Pokalen aus Fuji ab: Dem #92 Porsche 911 GT3 R (Malykhin, Sturm, Bachler) reichte der zweite Platz zum vorzeitigen Gewinn der LMGT3-Fahrer-Meisterschaft. In der Team-Wertung setzte sich der so dominant auftretende Rennstall aus Meuspath am Nürburgring ebenfalls deutlich durch. In Bahrain gilt es, auch den zweiten Platz in der Fahrer-Tabelle mit dem #91 Porsche (Shahin, Schuring, Lietz) zu verteidigen.

Im besten Fall kann Porsche sogar alle fünf Wertungen der WEC-Saison 2024 gewinnen! In der Hypercar-Klasse führen Andre Lotterer, Kevin Estre und Laurens Vanthoor die WM-Tabelle mit 35 Punkten vor dem #50 Ferrari an. Die Zuffenhausener haben zudem die Spitze in der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft von Toyota zurückerobert und liegen mit 10 Punkten vorne.