Wer die Netflix-Serie 'Drive to Survive' gesehen hat, der kennt diesen Satz aus dem Mund des ehemaligen Haas-Teamchefs Günther Steiner bestens: "Ich muss Gene anrufen." Team-Eigentümer Gene Haas, omnipräsent am Ohr des Teamchefs. Daran hat sich auch für den Nachfolger Steiners bei Haas nichts geändert. In der Formel 1 kann das Fluch oder Segen.
"Es ist nicht so, dass ich es machen muss, aber natürlich ist Gene sehr, sehr interessiert", verrät der neue Haas-Teamchef Ayao Komatsu. Vermeiden bringt also nichts: "Nach jedem Qualifying, nach jedem Rennen spreche ich mit ihm."
"Und manchmal ruft er mich an", rekapituliert Komatsu seine schnell wachsenden Erfahrungen in der obersten F1-Managementklasse. "Ich glaube, es war in Australien. Wir sind in Q2, und noch vor dem Ende von Q3 läutet mein Handy. Dann habe ich nach Q3 mit ihm gesprochen, weil ich sehen wollte, wie Q3 ausgeht!"
Lieber ein Anruf pro Tag als Ignoranz
"Aber ganz Ehrlich - wir hatten ein gutes Gespräch"; sieht Komatsu in dem Verfahren kein Problem. Stört es? "Ich denke, es ist sehr, sehr gut, einen Eigner zu haben, der sehr interessiert ist. Bei meinem vorangegangenen Team hatte ich einen ganz anderen Fall." Hier denkt er zurück an seine Ingenieurszeit bei der mäßig erfolgreichen Wiedergeburt von Lotus, welche schließlich 2016 an Renault zurückverkauft wurde.
Davor hatte die Investmentfirma Genii Capital des Luxemburgers Gerard Lopez das Team besessen - und nur das, erinnert sich Komatsu: "Es war ihnen egal. Das ist nicht gut für die Motivation eines Teams. Gene will, dass wir abliefern. Und letztendlich ist er der, der die Rechnungen zahlt. Also ist es toll für mich und für das Team, dass er mit drinhängt."

Diese delikate Balance gilt es in jedem Team zu treffen, egal wie groß und mächtig. Auch bei Red Bull spielte man sich über die Jahre in ein perfektes Format. Mit Dr. Helmut Marko, dem Motorsport-Berater, dem Vertrauten von Konzernchef Dietrich Mateschitz. Auf jede Session folgte üblicherweise ein kurzes Telefongespräch der beiden zur Bestandsaufnahme.
Stabilität am Telefon als Schlüssel zum F1-Erfolg?
Eine Destabilisierung dieser Gefüge kann merkliche Spuren hinterlassen. Wie läuft es jetzt bei Red Bull ab, nach Mateschitz' Tod? Die Berichte gibt es noch immer, ließ Marko im letzten Jahr immer wieder durchblicken. Mit dem neuen Sport-CEO der Marke Oliver Mintzlaff begann man aber praktisch bei null, was die direkte Beziehung anging.
Die potenziellen Schäden von Umbrüchen haben vor allem Ferrari in den letzten Jahren gezeichnet. Zwischen 2018 und 2023 wechselten Konzernchef, Ferrari-CEO und Teamchef mehrere Male unabhängig voneinander. Mit dem Effekt, dass der Teamchef-Posten nicht mit jemandem besetzt war, den das Management ausgewählt hatte.
Eine unglückliche Beziehung zwischen Aufsichtsratschef John Elkann und dem neuen CEO Benedetto Vigna beendete schließlich abrupt die Karriere von Mattia Binotto als Teamchef.
Positiver scheint der von Elkann und Vigna angeheuerte Nachfolger Fred Vasseur im Gefüge zu sitzen. Anders als gegen Ende von Binottos Amtszeit gibt es gegen Vasseur keine öffentliche Kritik. Von Beginn an bemühte der sich außerdem klarzustellen, dass er täglich - und positiv - mit seinen beiden Vorgesetzten kommuniziere. So ist die Stimmung endlich wieder gehoben. Mehr zu Vasseurs positiven Auswirkungen beim Zusammenstellen eines "neuen Ferrari" gibt es hier:
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