Der Australien-GP war für Lewis Hamilton ein Sprung ins kalte Wasser und das angesichts der Wetterverhältnisse am Rennsonntag im wörtlichsten Sinne. Doch nicht nur der Regen machte das Formel-1-Wochenende in Melbourne für ihn zu einer schwierigen Angelegenheit, wie der Rekord-Weltmeister selbst zugab. Wir werfen einen Blick auf den ersten Ferrari-Einsatz des siebenfachen Champions.

Warum hatte Lewis Hamilton keine Chance gegen Charles Leclerc?

In den Trainings-Sessions zeigte sich bei Hamilton schon, dass er im Ferrari noch nicht auf Augenhöhe mit Charles Leclerc war. Vor allem die Qualifying-Simulationen erwischte Leclerc deutlich besser als der ehemalige Mercedes-Pilot. Sechs Zehntel trennte das Duo im ersten Training, vier im Zweiten.

Im Longrun, den beide auf den Medium-Reifen absolviert hatten, büßte Hamilton im Schnitt etwa zwei Zehntelsekunden auf seinen Teamkollegen ein. Das deckt sich mit den Werten aus der letzten Saison bei Mercedes. Gegen Russell war Hamilton im Qualifying über die gesamte Saison deutlich hinten gewesen, im Rennen hielt sich die Performance der beiden Fahrer jedoch die Waage.

Hamilton führte seinen allgemeinen Rückstand auf zwei Aspekte zurück. Einerseits darauf, dass er sich an das allgemeine Fahrgefühl im SF-25 noch nicht gewöhnt hatte und sich dieser vor allem deutlich anders anfühlte als noch bei den Testfahrten in Bahrain und dem Shakedown in Fiorano. "Von dem Moment, in dem ich die Boxengasse verlassen habe, war das Gefühl so anders als ich es jemals hier erlebt habe", so Hamilton.

FP1FP2FP3
Position1258
Rückstand zur Spitze+ 0,819+ 0,420+ 0,457
Rückstand zu Leclerc+ 0,610+ 0,420+ 0,190

Lewis Hamilton von Ferrari-Problemen überrascht: Dachte, ich wäre schon weiter

"Deshalb hat es viel länger gedauert bis ich Vertrauen in das Auto aufbauen konnte." Eine Erkenntnis, die Hamilton überraschte, wie er nach dem Qualifying gestand: "Ich dachte ehrlicherweise, dass ich in diesem Prozess [das Auto zu lernen] schon weiter wäre, als ich hierherkam."

Dabei nannte Hamilton einen Punkt, an den er sich noch gewöhnen müsse: Die Bremsen. Ferrari wird bei allen Brems-Komponenten von Brembo ausgestattet, was ein Novum für Hamilton ist. Denn bei Mercedes kamen nur einzelne Bauteilte von dem italienischen Hersteller. Doch es sind nicht nur die Bremsen, sondern eine Reihe weiterer Gründe: "Die Balance durch die Kurve unterscheidet sich sehr von meinem bisherigen Gefühl. Die mechanische Balanceverschiebung ist stärker, als was ich aus meinem vorherigen Auto gewohnt bin."

Was tun die Ferrari-Tools? Das kann Charles Leclerc viel besser

Andererseits machte Hamilton auch darauf aufmerksam, dass er mit vielen mechanischen Setup-Tools, die die Aufhängungs-Einstellungen und die Stabilisatoren betreffen, am Ferrari noch nicht so vertraut ist wie sein Stallgefährte und er deshalb nicht nur bei der allgemeinen Abstimmungs-Arbeit keine so genauen Veränderungswünsche äußern konnte, sondern auch das Auto aus dem Cockpit aus nicht so gut adjustieren konnte, wie noch im Mercedes.

"Es gibt noch so viele Tools, von denen ich nicht genau weiß, was sie tun und die ich noch nie probiert habe. Und es ist eine Sache, wenn ich gesagt bekomme, was sie tun, aber eine andere auf die Strecke zu gehen und es zu fühlen", beschrieb Hamilton das Problem.

Qualifying
Position8
Rückstand zur Spitze+ 0,877
Rückstand zu Leclerc+ 0,218

Diesen Punkt zu lösen benötigt Zeit und konstante Bedingungen. Diese hatte er im Albert Park nur bis zum Samstag. Die Qualifikation lief auf den ersten Blick immerhin um einiges besser, als der Freitag. Hamilton verlor in Q3 nur zwei Zehntel auf Leclerc. Ein Abstand, der aber mit der Einschränkung behaftet ist, da der Monegasse im letzten Segment seine zweite Runde vorzeitig abbrach, im ersten Vergleich war er noch deutlicher vorne gewesen.

Hamilton zog trotzdem eine positive Bilanz seiner eigenen Entwicklung. Im Vergleich zum Freitag habe er zunehmend mehr Vertrauen ins Auto gefunden. Tiefpunkt seines Samstags war ein Dreher am Ende von Q2, der aber ohne Folgen blieb.

Ferrari verliert im Australien-Qualifying: Haben uns nicht angepasst

Allgemein machte Ferrari jedoch einen deutlichen Schritt zurück. Während sich am Freitag Leclerc noch als Gefahr für die beiden McLarens positionierte, landete man im Qualifying hinter einem Williams und einem Racing Bull fernab der Spitzengruppe. In der Begründung für diesen Rückfall sind sich Hamilton und Leclerc einig.

"Wir haben nicht mit der Strecke Schritt gehalten", so Leclerc. Hamilton: "Unsere Herangehensweise [beim Reifenaufwärmen] hätte sich anpassen müssen, aber das haben wir nicht getan. Wir haben weiterhin das gleiche getan, hatten in jeder Session dieselbe Vorbereitung." Bei den heißen Temperaturen von 33 Grad am Samstag überhitzten am SF-25 die Reifen im letzten Sektor. Abgesehen von Verstappen machte sich dieses Phänomen im Spitzenfeld bei niemandem so stark bemerkbar.

So lief Lewis Hamiltons Formel-1-Regentaufe im Ferrari

Nach dem Qualifying müssen wir einen Schnitt in die Analyse von Lewis Hamiltons erstem Ferrari-Wochenende zurück machen. Denn das Rennen war unter Regenbedingungen komplett anders gestaffelt als noch die trockenen ersten beiden Tage. Ein Problem fürchtete der Rekordsieger der Formel 1 erst recht: Seine mangelnde Erfahrung im Regen. Mit dem Ferrari war er noch nie unter feuchten Bedingungen unterwegs gewesen.

In Kombination damit, dass er sein allgemeines Fahrgefühl in seinen neuen Dienstwagen erst spärlich aufgebaut hatte und er gleichzeitig auch die Setup-Tools, die unter feuchten Bedingungen drastisch andere Einstellungen erfordern, noch nicht vollkommen durchschaut hatte, blickte Hamilton schon im Vorfeld pessimistisch auf das Formel-1-Rennen: "Es wird ein bisschen ein Schock für das System sein", fürchtete er am Samstagabend.

Damit sollte er recht behalten. Das Rennen in Melbourne erwies sich nicht nur für ihn als ein Schlag ins Wasser, sondern vor allem für Ferrari, die im Regen kaum Fortschritte nach ihrer enttäuschenden Qualifying-Position erzielen konnten und letztendlich mit einem strategischen Fehlschlag auf P8 und P10 nur noch wenige Trostpunkte einsammelten. Wie Ferrari sich bei der Strategie verpokerte, könnt ihr hier erfahren:

"Ich bin einfach nur dankbar, dass ich das Auto nicht in der Wand versenkt habe", bilanzierte Hamilton nach dem Rennen. Als größtes Manko strich er im Rennen die Stabilität am Heck heraus, die ihm im Ferrari vollkommen abging. "Vor allem, wenn ich aufs Gas ging, da bekam ich viele Übersteuer-Momente."

Rennen
Position10
Rückstand zur Spitze+22,473
Rückstand zu Leclerc+2,647

Die Lehren aus Australien, Hamilton kündigt China-Änderungen an

Ein Indiz dafür, dass Hamilton noch nicht das ultimative Vertrauen in sein Auto hatte, gab sein Zweikampf-Verhalten in mehreren Situationen gegen Rennende. Zunächst ließ er sich in Kurve 1 außen von Charles Leclerc übertrumpfen, auf der letzten Runde ging in der schnellen Kurvenkombination 9/10 auch Oscar Piastri an ihm vorbei.

Dass Ferrari selbst das Formel-1-Auto 2025 noch nicht ganz zu verstehen scheint, ist für Hamiltons frühen Fortschritt in seiner Scuderia-Karriere zusätzlich hinderlich. Den Australien-GP hakte Hamilton in Summe als große Lerneinheit ab und die ersten Lehren will er bereits am nächsten Wochenende in China präsentieren können: "Ich kann viel mitnehmen und ich habe einige Veränderungen, die ich für nächste Woche durchführen werde und dann werde ich sehen, wie es damit läuft."

Ferrari in Problemen? Danner: Hamilton völlig überfordert! (37:48 Min.)