Ferrari freute sich in Australien über gute Trainings und zwei gute Qualifying-Segmente. Problem nur: Als es drauf ankam, war die von Charles Leclerc angeführte Mannschaft zu keinem Zeitpunkt auch nur ansatzweise konkurrenzfähig. Nach einer Fehler-Litanei kommt dem nur achtplatzierten Leclerc bei den Rundenzeiten von McLaren das erste Grauen.

Das Grauen hat zwei Seiten. Zum einen ist Leclerc mit sich selbst frustriert. Eigentlich war er gut gestartet, ließ sich aber in einer verregneten und chaotischen zweiten Rennhälfte erst von Yuki Tsunoda überholen, drehte sich dann selbstverschuldet, und wurde dann auch noch Opfer eines kapitalen Strategie-Bocks.

"Als es auf die richtige Entscheidung ankam, haben wir es verhaut", beurteilt Leclerc die desaströse Entscheidung, bei einsetzendem Regen trotzdem drei Runden auf Slicks auszuharren und auf (nicht eintreffende) bessere Bedingungen zu warten. "Aber zuerst muss ich mir selbst die Schuld geben. Durch den Dreher in Kurve 11 habe ich vier oder fünf Plätze verloren."

"Wenn du drei oder vier Plätze weiter nach vorne schaust, dann wären wir Dritter oder Vierter gewesen", ärgert sich Leclerc. Was ihn aber zum eigentlich größeren Problem bringt: In der sauberen ersten Rennhälfte verlor er auf dem fünften Platz liegend innerhalb von 23 Runden unter Grün 35 Sekunden auf die führenden McLaren.

Leclerc hat Angst vor dem McLaren-Tempo - zurecht

"Wir waren recht ähnlich zum Mercedes, aber McLaren und Red Bull waren so viel schneller", sieht Leclerc. Besonders McLaren. "Ganz ehrlich: Ich weiß es, weil ich es gehört habe, aber mein Ingenieur hat mir kein einziges Mal ihre Rundenzeiten gesagt, weil sie so weit vorne waren. Ob es jetzt eine Sekunde, eineinhalb, oder zwei waren, weiß ich nicht. Hoffentlich nicht zwei! Aber ein paar der Zahlen, die ich gehört habe, sind beeindruckend."

Tatsächlich zeigt der Vergleich von Leclerc mit dem Sieger Lando Norris eine recht große Streuung. Drei Runden lang war Norris tatsächlich über zwei Sekunden schneller, dann fing sich Leclerc wieder. Aber woran liegt das? Anfangs hatte McLaren Tempo gemacht, weil man den da bereits mit seinen Reifen hadernden Max Verstappen abschütteln hatte wollen.

In Runde 17 trieben Norris und Oscar Piastri mit ihrer Tempo-Bolzerei Verstappen tatsächlich in einen Ausrutscher. Die Möglichkeit, dass die McLaren infolgedessen ab Runde 19 mit einem hinter ihnen einbrechenden und schnell zurückfallenden Verstappen, bei zugleich einsetzendem Nieselregen und später aufgrund von aufkommenden Überrundungen den Ball bewusst flach hielten, dürfte Leclerc und Ferrari kaum beruhigen.

Ferraris Regen-Schwäche auch in Australien ein Faktor?

Sich auf McLaren zu konzentrieren hilft Ferrari aber nichts. Man muss auf das gehen, was man auch beeinflussen kann, also das eigene Auto. Von FP1 bis Q2 hatte sich Leclerc damit eigentlich gut gefühlt. Schon am Samstag unterstrich er, man wüsste, was man geändert hatte, also sei die herbe Qualifying-Niederlage nicht das Ende der Welt.

Formel 1 Chaos! Hat Max Verstappen den Sieg weggeworfen? (09:57 Min.)

Auch nach dem Rennen ist er sich unsicher: "Heute waren es so ungewöhnliche Bedingungen, dass du nur schwer etwas davon lernen kannst." Eine Feststellung bleibt jedoch, dass Ferrari wieder in Mischbedingungen abserviert worden war. Seit Ewigkeiten arbeitet man daran, dieses Problem zu lösen. Im Vorjahr war es bei Regenrennen ähnlich oder noch schlimmer gelaufen.

Wiederholt hatte Leclerc in den letzten Monaten die Hoffnung geäußert, hier Antworten und Lösungen zu haben. Nach Australien ist er sich nicht mehr so sicher: "Seit Jahren ist es eine Schwäche, dieses Auf und Ab, wenn es regnet. Da müssen wir weiter dran arbeiten." McLaren demonstrierte im Gegenzug hier perfekte Kontrolle der Reifen: Man brachte sie schnell auf Temperatur, überhitzte sie aber zugleich kaum.

Zu guter Letzt zeichneten sich auch die Kommunikation mit der Box und die Entscheidungsfindung der Strategen in Australien nicht durch Klarheit aus. Leclerc segnete die Formel 1 mit einem neuen ikonischen Funkspruch, als die Box auf seine Beschwerde, das Cockpit sei voller Wasser, mit "Muss das Wasser sein" antwortete und einen sarkastischen Leclerc-Kommentar zurückbekam: "Lasst uns das zu den Worten der Weisheit hinzufügen."

Insgesamt will Leclerc das Chaos nicht überbewerten: "Wir wissen immer, dass das ein wichtiger Bereich ist. Ob heute besonders schlimm war? Das glaube ich nicht. Aber wir werden es uns anschauen." Sein neuer Teamkollege Lewis Hamilton tat sich mit den Ferrari-Methoden da noch deutlich schwerer, wie wir hier erklären.