Oscar Piastri gegen Lando Norris. So schien das Duell um den Sieg beim Australien-GP 2024 zu lauten. Die McLaren-Piloten waren der Konkurrenz - inklusive Weltmeister Max Verstappen - über weite Phasen des Rennens in Melbourne haushoch überlegen und schienen sich nur gegenseitig gefährlich werden zu können.

Zur Rennmitte sorgte deshalb ein Funkspruch an Piastri für etwas Aufregung unter den Zuschauern. Sein Renningenieur Tom Stallard funkte: "Oscar, wir sollten die Position halten. Position halten!" Piastri war in den Runden zuvor schneller als Norris gewesen und war nun mit geöffnetem DRS auf wenige Zehntelsekunden an ihm dran.

Timeout im Führungsduell: So erklärt McLaren den Piastri-Funkspruch

Viele Fans stellten sich die Frage, ob McLaren nun den Sieg nicht gefährden wollte und die Intention dahinter war, die Fahrer unter einem Vorwand in der bestehenden Reihenfolge ins Ziel zu lotsen. Mitnichten, wie sich herausstellen sollte. Denn es handelte sich nur um eine temporäre Instruktion.

"Übergang ins Trockene, an den Nachzüglern vorbeikommen", teilte Stallard im Telegramm-Stil gemeinsam mit seinem Funkspruch mit. Was er damit meinte: Nachdem die Lage etwas weniger kritisch war, könnte das Rennen zwischen dem McLaren-Duo weitergehen. Das betonte auch Teamchef Andrea Stella im Nachgang: "Wir musste einige Hinterbänkler überrunden, während wir nah beisammen waren und die Streckenbedingungen knifflig waren."

McLaren wollte also kein zusätzliches Risiko eingehen. Zunächst musste die Strategie-Abteilung die Lage sondieren: "Wir pausierten das interne Racing zwischen unseren Fahrern für eine kurze Zeit, bis wir Klarheit hatten, was die Wettervorhersage anging und was das für uns bedeutete, wie wir die Reifen nutzten sollten", so Stella. Die Gefahr war offensichtlich: Möglicherweise müssten Piastri und Norris je nach Wetterlage ihre Pneus über eine noch längere Distanz bringen, da wäre es kontraproduktiv gewesen, diese im Zweikampf zu stark zu beanspruchen.

Vom Team zurückgepfiffen: Das sagt Oscar Piastri

"[Beide] Fahrer waren über die Lage informiert", sagte Stella. Piastri zeigte sich auch verständnisvoll: "Die heutigen Rahmenbedingungen waren sehr extrem. Wir schlossen zu Hinterbänklern auf, es gab nur eine trockene Linie und wir wussten nicht, ob Regen kommt. Ich denke es ist klar, dass es diese Ansagen in beide Richtungen geben kann."

In Runde 33 war die Wetter- und Überrundeten-Situation ausreichend sondiert und das Stallduell wurde wieder aufgenommen. "Wir können wieder frei fahren", so Stallard an Piastri. Der Ingenieur schob pflichtbewusst hinterher: "Du kennst die Regeln." Bei McLaren heißt das üblicherweise, dass die Fahrer um die Position kämpfen dürfen, aber ohne eine Berührung zu riskieren.

McLaren-Teamfeier mit Sieger Lando Norris, Zak Brown, Andrea Stella, Rob Marshall und Oscar Piastri
McLaren feiert den Sieg von Lando Norris in Australien: Für Oscar Piastri gab es nicht viel zu feiern, Foto: IMAGO / PsnewZ

Was für Außenstehende die Optik störte, war wohl, dass Piastri zu diesem Zeitpunkt nach einigen Fehlern 2,7 Sekunden Rückstand hatte, ehe er plötzlich doch wieder racen durfte. Was für ein Zufall! Aber es war tatsächlich nur ein Zufall, beziehungsweise wohl vielmehr eine Konsequenz daraus, dass Piastri die Lücke zu Lando Norris zuvor so weit zugefahren hatte. "Ich habe meine Reifen hinter Lando ein bisschen gekillt", vermutete der Australier rückblickend.

Für sein Rennergebnis war die kurze Teamorder-Episode nur eine Randnotiz. Denn zwölf Runden vor Schluss erwischte sowohl den Lokalmatador als auch Norris vor ihm ein abrupter starker Regenschauer auf dem falschen Fuß.

Der spätere Rennsieger nahm etwas Kies mit, konnte aber mit wenig Zeitverlust weiterfahren. Piastri hingegen verlor vollkommen die Kontrolle über seinen MCL39 und drehte sich ins Gras, wo er eine ganze Runde einbüßte, ehe er wieder ins Geschehen eingreifen konnte. Einen Fehler, den der 23-Jährige voll auf seine Kappe nimmt. Mehr dazu im verlinkten Artikel: