Das kleine Red-Bull-Team ist 2025 auch endgültig näher an seine große Schwestermannschaft gerückt. Nicht unbedingt sportlich – das wird sich erst nach Saisonbeginn zeigen –, sondern vor allem geographisch. Seit Jahresbeginn residiert die britische Abteilung des eigentlich im italienischen Faenza stationierten Teams nahe dem Bullen-Hauptsitz in Milton Keynes.

Teamchef Laurent Mekies lobte bei den Testfahrten in Bahrain die Vorteile, den dieser Standort-Wechsel mit sich bringt. "Wir haben nun zwei sehr gute Hauptsitze. Das Team wächst also zusammen und viele Menschen sind neu dazugekommen", freute sich Mekies. Bislang hatte das zweistaatlich aufgestellte Team einen Nebensitz auf der Insel im britischen Bicester. Dort war die Aerodynamik-Abteilung der Mannschaft untergebracht.

Doch zu voreilig will der Franzose noch keinen Optimismus verbreiten, denn er erwartet dadurch keine kurzfristigen Erfolge. Ganz im Gegenteil. "Nein, wir denken nicht, dass wir schon bereit sind. Wir erwarten, dass wir einen schwierigen ersten Teil der Saison erleben, aber unter der Bedingung, dass unsere Reiserichtung die richtige ist und die Menschen in die richtige Richtung ziehen", so seine Prognose.

Zu klein und zu alt: Deshalb zogen die Racing Bulls um

Kurzfristig sorgt ein Standortwechsel unvermeidbar für leichte Umstellungsprobleme, aber auf langfristige Sicht war ein Umzug unabdingbar. Denn das Werk in Bicester befindet sich nicht mehr auf dem neuesten Stand und geriet auch zunehmend an Kapazitätsgrenzen. "Das Hauptquartier in Bicester war sehr alt. Wir haben vor 15 Jahren beschlossen, es zu kaufen und dort hinzugehen. Inzwischen war es zu klein und zu alt", so Mekies.

"Ich möchte nicht sagen, dass es das schlechteste Hauptquatier in der Formel 1 war, aber ich denke, dass es das war", so der einstige Ferrari-Sportdirektor. Der Gang nach Milton Keynes war nicht nur aus Konzerngründen logisch, sondern entspricht auch dem in den letzten Jahren intern geforderten Dogma, dass die Synergieeffekte zwischen den beiden F1-Teams besser genutzt werden sollen.

"Dadurch, dass es sich direkt außerhalb des Red-Bull-Campus befindet, fühlen wir uns näher an der Familie. Man kommt dorthin, sieht überall die Bullen, die Power Trains werden dort konstruiert und Red Bull Advanced Technology ist ebenfalls dort beheimatet", erzählt Mekies. Die Konkurrenz hat derweil nach wie vor ein wachsames Auge darauf, dass das Zusammenspiel der beiden Red-Bull-Teams nicht über die reglementarisch vorgeschriebenen Grenzen hinausgeht. Eine ähnliche Situation gibt es auch zwischen Ferrari und Haas. Das US-Team besitzt ebenfalls Büros in Maranello.

Laurent Mekies: Hightech-Anlage in Red-Bull-Nähe

Infrastrukturell soll der neue England-Hauptsitz die Standort-Sorgen bereinigen: "Jetzt haben wir ein brandneues Gebäude, das auf topmodernen Stand ist, genauso wie wir es wollten. Es ist eine Hightech-Anlage." Für die Faenza-Mannschaft erfüllt die Modernisierung ihres England-Standortes also auch eine Anwerbefunktion. "Es macht uns attraktiver auf dem Jobmarkt, wenn man sich auf die Suche nach neuen Talenten macht oder die derzeitigen behalten will", ist Mekies überzeugt.

Einen Sitz in Großbritannien zu haben, ist aus personellen Gründen für alle Formel-1-Teams praktisch. Denn aufgrund der Dichte an Rennställen, die in und nahe dem 'Motorsport Valley' rund um Silverstone angesiedelt sind, tummeln sich auch zahlreiche hochtalentierte Techniker in dieser Region.

Für viele ist ein Wechsel auf den Kontinent aus persönlichen und familiären Gründen keine Option. Durch einen Zweit-Sitz kann man also aus dem Vollen schöpfen. Aus genau diesem Grund hat auch Sauber Anfang Februar bekanntgegeben, ebenfalls einen Sitz auf der Insel aufbauen zu wollen.

Damit haben in Bälde alle Formel-1-Teams außer der legendären Scuderia Ferrari mindestens einen Nebensitz im Vereinigten Königreich. Das US-Team Haas verfügt über ein Werk in Banbury, auch die Formel-1-Neueinsteiger von Cadillac-Andretti haben sich schon vor fast einem Jahr in Silverstone eingenistet. Es ist allerdings nicht der einzige Standort des GM-Projekts:

Racing Bulls spielen die Haas-Karte: Standort-bereinigtes F1-Team

Ein kompletter Umzug nach England ist bei den Racing Bulls nicht geplant, dafür ist der neue Standort auch gar nicht ausgelegt. Ein zentraler Punkt der Teamstruktur bleibt nach wie vor in der Emilia-Romagna. "Ich denke es ist nie ein Vorteil, dass man zwischen mehreren Hauptquartieren aufgeteilt ist, aber wir versuchen zumindest einen Teil davon in einen Vorteil umzumünzen", gesteht Mekies.

Im Gegensatz zur vorherigen Struktur, als die Aero-Abteilung in Bicester ausgelagert war, gibt es mit dem Zusammenspiel aus Faenza und Milton Keynes keine derartige klare Abtrennung. Das Ziel ist vielmehr, Techniker an sich binden zu können, unabhängig von deren geographischen Standort. "Wir nennen es intern einen standort-bereinigten Ansatz", so der Teamboss.

"Dadurch können wir in Europa die besten Leute anwerben und die besten Leute in England anwerben. Dann liegt es an uns, damit es funktioniert", fordert Mekies. Diese Internationalisierung gibt es bereits bei zentralen Mitarbeitern. So ist der Renningenieur von Isack Hadjar, Pierre Hamelin, in Großbritannien beheimatet, jener von Yuki Tsunoda – Mattia Spini – hingegen in Italien.

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