Mit erneuertem Anstrich, bewährter Technik und einer gehörigen Portion Transparenz, so präsentiert sich Ferrari in der WEC 2025. Die Sieger der letzten beiden Ausgaben der 24 Stunden von Le Mans haben an diesem Freitag offiziell ihre beiden 499P-Prototypen für die bevorstehende Saison präsentiert, die am 28. Februar mit dem 10-Stunden-Rennen in Katar beginnt.
Ausgewählte Journalisten, darunter Motorsport-Magazin.com, hatten bereits am Donnerstag an der hauseigenen Rennstrecke Fiorano die Gelegenheit, einen genauen Blick auf die beiden Werks-Autos zu werfen. Ein Novum und nicht mit den alten Verschwiegenheitszeiten zu vergleichen: Es war das erste Mal, dass Ferrari Medienvertretern einen direkten Zugang zu den Fahrzeugen noch vor dem ersten Renneinsatz gewährte.

Zu verstecken hat der Luxusautobauer ohnehin nichts: Ferrari nimmt die acht WEC-Saisonrennen ohne Performance-Updates in Angriff, die 499P gehen somit auf dem technischen Stand des Vorjahres an den Start. Wichtig zu wissen: In Folge einer Reglementänderung ist es Herstellern jetzt untersagt, während der laufenden Saison sogenannte Joker einzusetzen, um an der Leistung zu feilen. Das war 2024 noch anders, als die Ferrari-Ingenieure zum Rennen in Sao Paulo eine neue Bremsenkühlung für die Hinterachse, Aero-Flics an der Front und einen neuen Unterboden brachten.
Dass Ferrari zunächst auf weitere Performance-Updates verzichtet, dürfte auch an der geplanten Einführung neuer Michelin-Reifen zur Saison 2026 liegen. Schließlich sind die Fahrzeuge bis einschließlich 2029 homologiert, technische Fortschritte müssen angesichts der limitierten Joker - fünf an der Zahl - mit Weitsicht genutzt werden. "Stimmt, das würde mehr Sinn machen", wollte Ferraris Hypercar-Leiter Ferdinando Cannizzo diese Vermutung jedenfalls nicht dementieren.

Auch ohne Joker: Ferrari feilt am 499P für 2025
Untätig waren die Ingenieure der Scuderia während des Winters allerdings nicht. Verbesserungen rein mit Blick auf die Zuverlässigkeit sind auch ohne den Einsatz von Jokern erlaubt. So wurden etwa die Elektrik und diverse Verkabelungen überarbeitet, um besser über die Distanz zu halten.
Cannizzo: "Während der Winterpause haben wir intensiv daran gearbeitet, das Setup-Fenster zu erweitern und neue Konzepte zu bewerten - einerseits zur besseren Nutzung der Aerodynamik, andererseits zur Optimierung der Reifenperformance unter allen Bedingungen. Ergänzend dazu setzen wir weiterhin auf die kontinuierliche Entwicklung der Kontrollsysteme."
Ferraris Konstanz setzt sich bei der Fahrerwahl fort: Die amtierenden Le-Mans-Sieger Miguel Molina, Antonio Fuoco und Nicklas Nielsen teilen sich zum dritten Mal in Folge den Ferrari mit der Startnummer #50. Auf dem Schwesterauto wechseln sich wie bisher der frühere Formel-1-Fahrer Antonio Giovinazzi, Alessandro Pier Guidi und James Calado am Steuer ab. Ex-DTM-Fahrer Molina zu Motorsport-Magazin.com: "Diese Konstanz ist sehr wichtig und war einer der Schlüsselfaktoren für unseren Erfolg in der vergangenen Saison. Hoffentlich geht's noch lange so weiter."
Ferrari in der WEC: Das steckt hinter der neuen Lackierung
Also keine großen Updates und keine Fahrer-Wechsel in Ferraris dritter WEC-Saison mit dem 499P-Hypercar. "Aber zumindest können wir euch eine neue Farbe präsentieren!", scherzte Sportwagen-Chef Antonello Coletta während der Medienrunde an Ferraris ikonischer Heimstrecke Fiorano, wo einst Michael Schumacher und Co. tausende Testkilometer in den F1-Boliden abspulten.
"Keine Sorge, die Autos sind immer noch rot", verriet der dänische Ferrari-Werksfahrer Nielsen schon vor der Enthüllung direkt vor Enzo Ferraris früherem Büro. Übrigens genau an jener Stelle, wo Formel-1-Neuzugang Lewis Hamilton vor wenigen Wochen für das 'Motorsport-Foto des Jahres' nach seinem Amtsantritt bei der Scuderia posierte.
Rot ja, aber jetzt anders rot: Die beiden 499P erstrahlen in einem deutlich dunkleren Farbton als in den vergangenen zwei Jahren. Langstrecken-Boss Coletta erkannte eine Ähnlichkeit zu den Farbkleidern der Ferrari 488 GTE, die 2019 bei den 24 Stunden von Le Mans an den Start gingen. Ferraris PR-Abteilung blätterte noch einige Seiten weiter zurück in den Geschichtsbüchern und stellte einen Vergleich zur Lackierung des 312 PB anno 1973 an, dem letzten Sportwagen der Scuderia vor der 50-jährigen Prototypen-Pause.

Ferrari greift nach drittem Le-Mans-Sieg in Folge
Komplettiert wird das jüngste Farbenkleid aus Ferraris Designschmiede durch einen Touch im 'Giallo Modena' genannten Gelb. Die genauen und sicherlich gut durchdachten Detail-Änderungen an der Linienführung sparen wir uns an dieser Stelle. Wichtiger ist, was Ferrari 2025 mit seinen vom Top-Team AF Corse eingesetzten Werksautos in der WEC vorhat: nichts weniger als den Gewinn der Weltmeisterschaft, der in der Hypercar-Ära noch aussteht.
"Wir haben großen Respekt vor unseren Konkurrenten, aber wir wollen sowohl die WM als auch zum dritten Mal in Folge Le Mans gewinnen", kündigte Signore Coletta kampfeslustig an. "Ich möchte einen Sieg beim 24-Stunden-Rennen nicht über den Erfolg in der Weltmeisterschaft stellen. Wir nehmen, was wir kriegen können. Wir müssen in allen Bereichen Gas geben, um in jedem Rennen maximal viele Punkte mitzunehmen."
Molina/Nielsen/Fuoco schlossen die vergangene Saison nach ihrem Le-Mans-Triumph immerhin auf dem zweiten Platz in der WM-Tabelle ab, wenn auch deutlich hinter dem siegreichen Porsche-Trio Lotterer/Estre/Vanthoor.
Deutlich schlechter es für das Schwesterauto, das mit nur halb so vielen Punkten (59:115) auf dem abgeschlagenen achten Gesamtrang landete. Giovinazzi zu Motorsport-Magazin.com: "Unser Problem waren Fehler und einige unglückliche Situationen. Die Performance war zwar da, was uns aber fehlte, war Konstanz. Das müssen wir dieses Jahr verbessern. Die letzte Saison hat gezeigt: Um die Meisterschaft zu gewinnen, musst du immer da sein. Du brauchst Punkte, viele Punkte."
Habt ihr mitbekommen, dass Ferraris früherer Erzrivale, Ford, mit einem Hypercar nach Le Mans zurückkehren wird? Alle Infos zum spektakulären Comeback lest ihr in diesem Artikel:
diese WEC Nachricht