Eigentlich schien 2024 alles für Sergio Perez zu laufen. In den ersten Rennen der neuen Saison hatte der nach dem Vorjahr bei Red Bull etwas angeschlagene Mexikaner einen neuen Rhythmus an den Tag gelegt, und schien zuletzt immer klarer auf Kurs zu einer Vertragsverlängerung. Doch kaum ist die Formel 1 in Europa angekommen, scheint das neue Herangehen nicht mehr zu funktionieren.

Damit werden schnell unangenehme Erinnerungen an das Vorjahr wach. War der neue Perez doch nur Einbildung? Sind die Europa-Rennen inzwischen gar eine mentale Hürde? Trotz der Pleiten-Vorstellungen von Imola und Monaco bekommt Perez erst einmal weiter Rückendeckung aus dem Team.

Neuer Perez-Ansatz in Europa schon kollabiert?

Im Vorjahr hatte Perez' Serie, so damals die Analyse von Red-Bull-Teamchef Christian Horner, mit der deutlichen Niederlage gegen Max Verstappen in Miami einen psychologischen Anfang gehabt. Davor hatte Perez zwei von vier Rennen gewonnen, wähnte sich im WM-Kampf. Direkt auf die Miami-Niederlage folgte damals ein kapitaler Fahrfehler mit Unfallfolge in Monaco. In fünf der sechs Rennen nach Miami schaffte er es nicht in Q3.

Seither hat Perez nicht mehr gewonnen, konnte immerhin aber den Vize-Titel retten. Dann hieß es durchatmen. 2024 wollte er es anders angehen. Selbsterkenntnis ist bekanntlich der erste Weg zur Besserung: "Wenn du Probleme hast und einen Teamkollegen wie Max, der Woche um Woche abliefert, und du immer weiter haderst, dann gerätst du in diese Negativspirale."

"Du jagst nur dem Auto-Setup hinterher, und wahrscheinlich ist dort nicht viel zu holen", beschreibt Perez. "Du solltest einfach neu starten, deinen Kopf an einen guten Ort haben." Genau das versuchte er 2024. Keine Setup-Experimente mehr vom Training an, sondern einfach das Basis-Setup hernehmen und in Zusammenarbeit mit Verstappen einem Standard-Abstimmungsfahrplan folgen.

Ursprünglich fruchtete das. Es war kein Feuerwerk wie der letztjährige Saisonstart, aber Perez' Lücke war in den Qualifyings jetzt durchwegs berechenbar. Vor dem Beginn der Europa-Saison war er immer in Q3, in vier von sieben Antritten unter den Top-3, trotz stärkerer Konkurrenz. Statt massiven Pace-Fluktuationen jenseits der vier, fünf Zehntel pendelte sich sein Rückstand berechenbar zwischen drei und vier Zehnteln ein.

Wie schlecht war Perez in Monaco wirklich?

Erst in Imola kam der erste negative Ausreißer, als er in Q2 mit über einer halben Sekunde Rückstand auf Verstappen hängenblieb und im Rennen inklusive eins Trips durch das Kiesbett nur Achter wurde. Die Monaco-Pleite sah dann ungleich schlimmer aus. Q1-Ende als Drittletzter, dann Unfall im Rennen auf den ersten Metern.

"Sein Wochenende war ziemlich brutal", räumte Christian Horner danach ein. Für das Team ist das 2024 ein viel größerer Grund zur Sorge. Denn so dominant ist das diesjährige Auto nicht mehr, dass Verstappen die Team-WM im Alleingang holen könnte. In Monaco war der RB20 eher das Drittbeste hinter Ferrari und McLaren. Zwar war das zu großen Teilen der Streckencharakteristik geschuldet, doch Max Verstappen war danach schnell dabei hervorzuheben, dass es spezifische Schwächen mit dem Auto gibt, die man bei der geschmolzenen Lücke nicht mehr so gut kaschieren kann.

So wird der Konstrukteurs-Titel gegen die fahrerisch stark besetzte Konkurrenz kein Selbstläufer mehr, selbst wenn das Auto auf der Mehrheit der Strecken noch immer das beste im Feld ist. Das ist alarmierend für Horner: "Wir müssen natürlich sicherstellen, dass wir beide Autos da vorne in den Punkten haben. Die Gefahr von Ferrari und McLaren können wir in beiden Meisterschaften nicht ignorieren."

Bleibt nur anzumerken, dass Perez' Monaco-Leistung bis zu einem gewissen Grad schlimmer aussieht, als sie es tatsächlich war. Er mag in Q1 auf P18 gelandet sein, hatte aber 0,349 Sekunden Rückstand auf Verstappen, der da selbst nicht über P11 hinauskam. Verwandelt man die Lücke in Prozente, um den variierenden Streckenlängen Rechnung zu tragen, war das Monaco-Qualifying nur marginal schlechter als das Australien-Qualifying.

Red Bull-Fahrer Sergio Perez
Sergio Perez und Monaco führte auch 2024 zu nichts, Foto: LAT Images

In Monaco war der Red Bull einfach nicht gut. Verstappen etwa rechnete das seinem Teamkollegen schon am Samstag bis zu einem gewissen Punkt an: "Ich bin von meinen Runden nicht enttäuscht. Schaut, wo wir sind. P18 und P6. Normalerweise ist Checo sehr gut auf Straßenkursen. Hier erwacht er zum Leben. Das sagt schon alles." Sehr positiv war im Gegenzug Japan aufgefallen. Eigentlich einer dieser traditionellen Rundkurse, mit denen Perez im Vorjahr so große Probleme hatte. Dieses Jahr war das sein bestes Qualifying.

Zeigt Perez unter Vertrags-Druck schon wieder Nerven?

Fest steht, dass Perez währenddessen ein zunehmendes Bedürfnis hat, eine Vertragsverlängerung bei Red Bull bald zum Abschluss zu bringen. So viel hat er in den letzten Wochen verdeutlicht, und Gerüchte über fortgeschrittene Verhandlungen gibt es zuhauf. Dass dadurch entstandener Druck in die Probleme der letzten zwei Rennen mit hineinspielt, davon will er jedoch nichts wissen.

"In der Formel 1 gibt es immer Druck, egal ob du einen Deal hast oder nicht", sagt Perez. "Besonders Red Bull erzeugt eine Hochdruck-Umgebung. Das ändert also nicht. Es kann nur etwas stressig werden, zu verhandeln, während wir am Wochenende so viel Arbeit haben, und wenn wir zurück in den Simulator müssen. Aber ich glaube, dass wir eher früher als später wissen werden, was ich nächstes Jahr machen werde." Was im Umkehrschluss heißen würde, dass besonders am Rande der Pleiten-Rennen Imola und Monaco für ihn viel abseits der Strecke los war.

Deutlich haariger geht es intern bei Alpine zu. Muss Esteban Ocon gar nach dem Crash in Monaco ein Rennen aussitzen? F1-Experte Christian Danner hält das in der neuen Folge des 'AvD Motorsport-Magazins' für eine gute Idee:

Fliegt Ocon raus? Danner: Alpine sollte ihn ein Rennen sperren! (29:43 Min.)