Drei Siege in vier Rennen - vor der Sommerpause der Formel 1 sah Mercedes richtig stark aus. Doch seit dem Freitag in Belgien spukt das "Downgrade"-Gespenst in der Garage von Lewis Hamilton und George Russell herum. Es geht um ein Unterboden-Update. In jeder Session, in welcher der W15 bislang mit diesem Update antrat, gab es Probleme.

In Spa hatte das Team die neuen Teile nach dem Freitag abgebaut und rückwirkend Fehlgriffe beim Setup, wahrscheinlich mechanischer Natur, verortet. In Zandvoort wurden am Freitag Vergleichstests gefahren, ehe beide Fahrer den neuen Unterboden erhielten. Sowohl im Qualifying als auch im Rennen offenbarte das Auto daraufhin für die Fahrer frustrierende Handling-Probleme.

"Wir haben aus irgendeinem Grund ein Auto hingestellt, dass zu sehr auf Messers Schneide unterwegs war, dessen Heck zu einfach ausbrach", bilanziert Cheftechniker James Allison zwei Tage später im offiziellen 'Race Debrief' des Teams. Die Frage nach der Ursache gestaltet sich schwierig.

Mercedes will Unterboden in der Problem-Gleichung nicht überbewerten

"Ich bin zuversichtlich, dass der Unterboden so funktioniert wie erwartet", legt sich George Russell am Donnerstag vor dem Italien-GP daraufhin fest. Mercedes ist schnell dabei hervorzuheben, dass die Abtriebs-Messungen auf der Strecke mit jenen aus Windkanal und Simulationen übereinstimmen. "Ich glaube, die Probleme in Zandvoort lagen nicht am Update", lautet Russells Ansage.

Glauben heißt aber nicht wissen. Zumindest das weiß Russell: "Wir haben dieses Wochenende noch eine Gelegenheit für Tests. Vielleicht schlussfolgern wir nach Monza etwas anderes. Aber ich bin zuversichtlich, dass es so funktioniert wie erwartet." Denn in seinen Augen ist der Update-Diskurs stets zu oberflächlich: "Wenn du ein Update ans Auto baust, sprichst du von einem, maximal zwei Zehntel."

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Im engen Spitzenfeld der Formel 1 lösen Streckencharakteristika von Woche zu Woche viel größere Umbrüche aus: "Wenn du also ein schlechtes Wochenende mit einem Update hast, heißt es sehr, sehr schnell, dass es das Update sein muss. Aber wenn du sechs Rennen mit dem gleichen Paket fährst, kann deine Leistung relativ zur Konkurrenz um eine halbe Sekunde schwanken."

Mercedes glaubt Antworten auf Zandvoort gefunden zu haben

Russell fokussiert sich auf externe Faktoren: "Es war ein sehr herausforderndes Wochenende mit viel Wind, ein sehr alter Asphalt, viel Gerutsche." Außerdem fuhr man den Vergleichstest der Unterböden am Freitag, als man aufgrund von Wetter nur wenig trockene Fahrtzeit hatte. Das Testprogramm kostete Zeit und Ressourcen, die man für allgemeine Setup-Arbeit gehabt hätte, sofern beide Autos mit der gleichen Konfiguration gefahren wären.

"Wir wissen, es war nicht ganz die Richtung, die wir gehen wollten, aber das war während dem Wochenende nicht so wirklich offensichtlich", macht Russell Zandvoort dementsprechend am Setup fest. "Erst danach haben wir analysiert und festgestellt: Gut, das ist es, das ist der Bereich, in dem wir verloren haben. Das müssen wir in Zukunft um alles in der Welt vermeiden."

Mercedes-Fahrer George Russell
Wind und Regen bremsten in Zandvoort die Vergleichstests ein, Foto: LAT Images

Ein nicht zu bändigendes Heck ist außerdem nicht identisch zum Problem, welches der neue Unterboden in den Freitags-Trainings in Spa ausgelöst hatte. Dort hatte er Bouncing provoziert. Was aber natürlich nicht heißt, dass die aus Spa mitgenommenen Setup-Lektionen, um das Bouncing zu umgehen, nicht vielleicht neue Probleme ausgelöst haben. Deshalb bleibt man vor Monza noch vorsichtig.

"Viel Pace in den diesjährigen Autos hängt mit dem Handling zusammen", so Cheftechniker Allison. "Also ist es oft nicht die Frage, ob dein Aero-Paket Abtrieb liefert. Sondern ob es dir ein in allen Kurven ausbalanciertes Auto liefert. Das hatten wir auf jeden Fall nicht. Da ging der Großteil unserer Pace verloren. Ob das der neue Unterboden oder das Aero-Paket waren, das müssen wir im Saisonverlauf untersuchen."

Freitags ist Mercedes diesmal deutlich näher am Standard-Programm - muss aber damit zurechtkommen, dass George Russell in FP1 nicht im Auto sitzen wird. Diese Ehre wird Junior Andrea Kimi Antonelli zuteil. Der sich die Beförderung für 2025 verdient hat, glaubt Lewis Hamilton: