Wenn zwei Fahrer im Kampf um einen Sieg in der Formel 1 crashen, dann wird das immer für Diskussionen sorgen. Das war nach der Kollision zwischen Max Verstappen und Lando Norris im Österreich-GP nicht anders. Verstappen wurde dafür bestraft, besonders in der Hitze des Gefechts außerdem von Norris und McLaren für seinen Fahrstil lautstark kritisiert. Verstappens Berufskollegen hüten sich vier Tage später in Silverstone jedoch davor. Vielmehr nehmen einige ihn sogar in Schutz.
"Klingt, als würden die Leute ein bisschen auf ihn einprügeln. Klingt, als wäre das etwas unverhältnismäßig", legt Daniel Ricciardo vor. "Ich schätze, das wird aufgeblasen, weil es ein Kampf um die Führung war, aus Freunden werden Feinde, sowas in der Art! Wenn du es dir anschaust, dann war es natürlich hart, aber da geht es um den Sieg. Du winkst da doch niemanden durch."
Verstappen vs. Norris Rennunfall? Breite Zustimmung in der Formel 1
Die Mehrheit legt die Angelegenheit als Rennzwischenfall zu den Akten. Sowohl Verstappens Bewegen auf der Bremse, als auch die eigentliche Kollision. "Fragwürdiger war noch das erste Bewegen auf der Bremse", meint Alex Albon. "Ich denke nicht, dass er sich bei der Kollision selbst auf der Bremse bewegt hat. Er war auf einer geraden Linie, nur war seine Fahrtrichtung etwas nach links."
"Wir müssen eine Autobreite Platz lassen, und ich denke, die war da, da war noch immer links ein Kerb, und keine Wand", ergänzt Nico Hülkenberg. Auch das ist eine gängige Meinung unter den Fahrern. "Von beiden Seiten vermeidbar", sagt Charles Leclerc. "Nichts schien übertrieben", meint Ricciardo. "War es am Limit? Vielleicht. Aber gefährlich oder rücksichtslos? Zumindest nicht das, was ich gesehen habe."
"Max ist ein harter Racer, einer der besten, und er wird die Regeln bis an die Grenze ausloten", zuckt George Russell mit den Schultern. "Das machen alle der Top-Piloten so, ehrlich gesagt." Ricciardo weist darauf hin, dass so ein riskantes Manöver an dieser Stelle auch nicht unnötig gefährlich sei: "Es ist recht langsam, und das ist keine Situation wie 2021 [in Silverstone] in Copse. Das hatte deutlich größere Folgen." Damals waren dort Verstappen und Lewis Hamilton kollidiert. Hamilton hatte die gleiche Strafe wie Verstappen in Österreich erhalten.
Fernando Alonso und Yuki Tsunoda stellen diesbezüglich fest, dass ähnliche Manöver im Hinterfeld immer wieder vorkommen. "Viele werden nicht einmal im TV gezeigt", meint Alonso. Sicher nicht bestraft. Ricciardo glaubt: "Diese Berührung hat in neun von zehn Fällen keine Folgen."
Ricciardo nimmt Verstappen in Schutz: Ein Rennen reicht dafür nicht
Ricciardo ist am Donnerstag in Silverstone wohl der lautstärkste Verteidiger seines Freundes und Ex-Teamkollegen Verstappen. "Es steht gewissermaßen außer Frage, dass du bei ihm einen harten Kampf bekommst", stimmt er zu. Darin sieht er aber kein Problem: "Deswegen kämpfst du nicht unbedingt anders mit ihm. Du weißt nur, dass du einen richtig guten Move brauchst, und dass der auch hält. Ich denke, das hat Lando am Sonntag gelernt."
"Es ist nicht so, dass wir uns nicht trauen, gegen ihn zu fahren, im Gegenteil", findet Ricciardo. "Er gibt auf der Strecke alles, und vielen Fans gefällt das auch an ihm. Denke ich, dass er seit dem Beginn seiner Karriere reifer wurde? Absolut. Ich finde nicht, dass er sich die ganze Zeit in solchen Situationen wiederfindet."
"Ein Rennen reicht denke ich nicht, um ein Narrativ zu schaffen von wegen 'Er hat sich nicht verändert'", lautet Ricciardos Fazit. McLaren-Teamchef Andrea Stella grub am Sonntag in Österreich schließlich noch in der Vergangenheit und beschwor die Geister von 2021 herauf. Dass man ohne Strafen wieder unklare Situationen wie das kontroverse Saisonfinale zwischen Verstappen und Hamilton heraufbeschwören würde.
Hamilton hielt sich beim Thema am Donnerstag in Silverstone übrigens bei allen Nachfragen zurück. Auf die Frage, ob Verstappens robuster Fahrstil auf zu seltenes Eingreifen der Stewards ihm gegenüber zurückzuführen sei, lieferte der Mercedes-Pilot trotzdem eine klare Antwort: "Dem stimme ich nicht zu."
Zu guter Letzt sorgte auch Unfallgegner Lando Norris selbst für Entspannung. Nicht einmal eine Entschuldigung wird verlangt. Alle Norris-Aussagen gibt es hier:
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