Die Geschichte von Renault in der Formel 1 nahm ihren Anfang beim Großbritannien-GP 1977 in Silverstone: Jean-Pierre Jabouille qualifizierte sich mit dem neuen Renault-Turbo RS01 für den 21. Startplatz. Am Sonntag musste der Franzose nach 17 Runden aufgeben - der Grund: Turbolader-Schaden! "Teekessel" nannte man den ersten gelben Renner - die Turbo-Pioniere wurden anfangs nur belächelt. Regelmäßig verabschiedete sich Jabouille mit rauchendem Heck aus dem Rennen.

Der Turbo-Motor im Renault RS01, Foto: Sutton
Der Turbo-Motor im Renault RS01, Foto: Sutton

1978 trat die Truppe unter Teamchef Jean Sage und Technikdirektor Francois Castaing mit einem modifizierten RS01 an - doch wieder musste Jabouille ein frustrierendes Jahr über sich ergehen lassen. Die Franzosen wurden nicht mehr nur belächelt, es mischte sich sogar so etwas wie Mitleid hinzu, was in der Formel 1 einer Entmündigung gleichkommt. Doch am Ende der Saison, in Watkins Glen, konnte Jabouille mit einem vierten Platz endlich die ersten WM-Punkte für Renault an Land ziehen.

1979 setzten die Franzosen erstmals zwei Autos ein - neben dem leidgeprüften Jean-Pierre Jabouille durfte dessen Landsmann René Arnoux für Renault ins Lenkrad greifen. Weil man in den ersten Läufen auf die alten RS01-Modelle setzte, gab es abermals nur Misserfolge zu verzeichnen. Mittlerweile war die "Ground Effect"-Ära angebrochen - nach dem ersten Saisondrittel wurde der RE10 zum Einsatz gebracht - ein von Michel Tetu konstruierter Flügelwagen, selbstverständlich mit Turbomotor ausgerüstet.

Jabouille im RE10, dahinter Arnoux im Teekessel RS01, Foto: Sutton
Jabouille im RE10, dahinter Arnoux im Teekessel RS01, Foto: Sutton

Der erste Sieg- Renault kommt endgültig in der Formel 1 an

Beim Grand Prix von Frankreich war es dann endlich so weit: Jean-Pierre Jabouille feierte den ersten Sieg, René Arnoux rundete das sensationelle Ergebnis mit dem dritten Platz ab. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war den Konkurrenten klar geworden, dass der Turbo das Aggregat der Zukunft ist. Aus den belächelten Spinnern wurden jene Turbo-Pioniere, die uns das Geschichtsbuch heute präsentiert.

Großer Jubel über den ersten Sieg, Foto: Sutton
Großer Jubel über den ersten Sieg, Foto: Sutton

In den Folgejahren konnten Jabouille (beendete nach einem weiteren Sieg und einem schweren Unfall mit Beinbrüchen seine Karriere), Arnoux und der neu verpflichtete Alain Prost einige weitere Grand Prix-Siege erzielen - doch zum WM-Titel reichte es nie. Noch bitterer war für die Franzosen, dass 1983 nicht sie, sondern BMW, gemeinsam mit Brabham, den ersten Turbo-Titel an Land zog.

Rückzug als Konstrukteur

Renault rüstete in diesem Jahr auch Lotus mit Motoren aus, später kamen das französische Nationalteam Ligier und auch Tyrrell als Kunden hinzu. Im August 1985 gab Renault den Rückzug als Konstrukteur bekannt - bis Ende 1986 wurden die Kundenteams jedoch weiter mit Motoren versorgt. Ayrton Senna konnte mit dem Lotus-Renault seine ersten Siege einfahren. Ende 1986 zog sich Renault komplett, auch als Motorenausrüster zurück - begann jedoch bereits mit der Arbeit an einem neuen V10-Motor.

Tambay im RE60 - die Siege blieben aus..., Foto: Sutton
Tambay im RE60 - die Siege blieben aus..., Foto: Sutton

Von 1989 bis 1997 feierte Renault als Motorenausrüster von Williams und Benetton große Erfolge, wurde von 1991 bis 1997 durchgehend Konstrukteurs-Weltmeister. Danach wurde das Renault-Aggregat von Flavio Briatore als Mecachrome respektive Supertec zum Einsatz gebracht.

Das erste Comeback

Anfang 2000 übernahm Renault das Benetton-Team und kehrte 2001 mit Benetton-Weltmeistermacher Briatore als Teamchef zurück. 2003 holte Fernando Alonso in Ungarn den ersten Sieg für den neu zusammengestellten Rennstall. 2004 feierte Jarno Trulli den Sieg beim legendären Monaco GP - dennoch musste der Italiener das Team verlassen, was ihm zur Saisonmitte offenbart wurde. Weil Trulli seither keine Punkte mehr an Land holte, rutschte Renault in der WM-Tabelle hinter British American Racing zurück.

Alonso wurde 2005 und 2006 Weltmeister, Foto: Sutton
Alonso wurde 2005 und 2006 Weltmeister, Foto: Sutton

2005 krönte sich Alonso mit 24 Jahren zum bis dahin jüngsten Formel-1-Champion und Renault zum Konstrukteurs-Weltmeister. Ein Erfolg, den das Duo 2006 wiederholte. Danach stürzte Renault ab und Alonso verließ das Team in Richtung McLaren. Nach einem durchwachsenen Renault-Jahr 2007, das auch von der zweiten Spionageaffäre überschattet wurde, in die Renault verwickelt war, kehrte Alonso 2008 geläutert zurück und fuhr immerhin zwei Achtungssiege zum Saisonende ein. Der erhoffte WM-Titel blieb ihm jedoch 2008 und 2009 verwehrt. Dafür unterschrieb er einen Vertrag bei Ferrari.

Renault sammelte unterdessen weiter Minuspunkte durch die Crashgate-Affäre und eine Beinahe-Rennsperre nach einem weg geflogenen Rad in Ungarn. Gleichzeitig wurde monatelang über einen Ausstieg des Herstellers diskutiert. Im Dezember verkaufte Renault schlussendlich zunächst 75 Prozent des Rennstalls an Gerard Lopez' Unternehmen Genii Capital, später übernahm der Luxemburger auch die restlichen Anteile.

Renault war 2010 nur noch Namensgeber des Teams, Foto: Sutton
Renault war 2010 nur noch Namensgeber des Teams, Foto: Sutton

Renault und Lotus

2010 trat das Team trotz des erfolgten Verkaufs weiterhin unter dem Namen Renault an. 2011 firmierte man, nachdem eine Vereinbarung mit Lotus Cars geschlossen worden war, unter der Bezeichnung Lotus Renault Grand Prix, ehe der Name Renault 2012 komplett gestrichen wurde. Nach dem Ende des Werksengagements konzentrierte sich der französische Autobauer auf seine Rolle als Motorenhersteller und feierte dabei große Erfolge.

Renault feierte mit Red Bull vier WM-Titel, Foto: Red Bull
Renault feierte mit Red Bull vier WM-Titel, Foto: Red Bull

Unter anderem gewann Renault im Verbund mit Red Bull Racing je vier Mal die Fahrer- und Konstrukteursweltmeisterschaft. Allerdings fühlten sich die Franzosen von Red Bull nie in ausreichendem Maße gewürdigt, was neben sportlichen Gründen - Renault hatte den Umstieg in die Hybrid-Ära verschlafen -, per Ende 2015 fast zur Trennung geführt hätte. Mangels Alternativen blieb die Kooperation vorerst jedoch bestehen, wenngleich Red Bulls Motor 2016 unter dem Namen TAG Heuer firmieren würde.

Gleichzeitig wurde in Viry-Châtillon der Ruf nach der Wiederbelebung eines Werksteams immer lauter. Die Wahl fiel schlussendlich auf das in wirtschaftlichen Turbulenzen befindliche Lotus. Ende September 2015 unterzeichneten Genii Capital und die Renault Group eine Absichtserklärung, den in Enstone beheimateten Rennstall ab 2016 wieder zur Renault-Werksmannschaft zu machen. Am 3. Dezember wurde die Übernahme schließlich offiziell, zwei Monate später, am 3. Februar, wurde das Team in Paris der Weltöffentlichkeit präsentiert.

Renault-Comeback 2016: Hoch gezielt, tief geschossen

Die Ziele bei der Rückkehr von Renault als Werksteam wurden hoch gesteckt: Der damalige Renault-Boss Carlos Ghosn gab die Zielsetzung aus, innerhalb von drei Jahren regelmäßig um Formel-1-Podium mitzufahren. Nicht nur das: Für die F1-Saison 2020 wurde der WM-Titel angepeilt oder zumindest der Kampf um diesen.

Doch hohe Ziele müssen nicht unbedingt mit einem hohen Ertrag einhergehen. In Wirklichkeit verkam das Comeback zu einer Enttäuschung. Es dauerte schließlich bis zum Eifel-GP 2020 auf dem Nürburgring, ehe das Team in Form von Daniel Ricciardo endlich wieder auf einem Podium Platz nehmen durfte.

Als Motorenhersteller erlebte Renault bereits 2019 eine bittere Niederlage. Die angeschlagene Liasion mit Red Bull kam endgültig zu einem Ende und die Bullen wechselten stattdessen zu Honda. Vor der F1-Saison 2021 verlor Renault mit McLaren auch noch den letzten Motor-Kunden. Der Name des französischen Konzerns verschwand gleichzeitig aus dem Reigen der F1-Teams und wurde durch jenen der Marke Alpine ersetzt. Die Enstone-Truppe ging aber unverändert als Werkseinsatz an den Start.

Ungarn 2021: Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer

Beim Ungarn-GP 2021 feierte Alpine mit Esteban Ocon den ersten Sieg für einen Renault-Antrieb seit 2014. Ein Sieg, der allerdings vor allem aufgrund einer chaotischen Startphase zustande kam und weniger der Pace des A521 geschuldet war. Ein positiver Trend war in den Jahren seitdem nicht zu beobachten. Eine der wenigen Konstanten in den letzten Jahren waren regelmäßige Umbrüche in der Teamführung.

Die neuste Episode in diesem Umbau ereignete sich beim Belgien-GP 2024, als am Freitag bekanntgegeben wurde, dass Bruno Famin den Posten als Teamboss räumt. Gleichzeitig bestätigte er die Gerüchte, wonach Alpine ab 2026 nur noch als Kundenteam an den Start gehen wird. Durch das Ende der Formel-1-Motorenschmiede in Viry-Chatillon verschwindet der Name Renault damit erstmals seit 2000 wieder vollkommen aus der Formel 1.