Es war eine Machtdemonstration, die stark an die Langeweile-Jahre in der Langstrecken-Weltmeisterschaft erinnerte: Toyota dominierte das 6-Stunden-Rennen in Sao Paulo nach Belieben. Der vierfache Le-Mans-Sieger Sebastien Buemi und seine Teamkollegen Brendon Hartley sowie Ryo Hirakawa überquerten die Ziellinie nach 236 Runden mit einem geradezu gigantischen Vorsprung von 1:08 Minuten vor dem Penske-Porsche-Duo.
Hatten sich die Japaner zuletzt bei den 24 Stunden von Le Mans noch Ferrari geschlagen geben müssen, drehten die Toyota GR010 Hybrid beim fünften Saisonrennen in Interlagos so richtig auf. Das zeigen auch die Zahlen zum Rennen: Mike Conway brannte im #7 Toyota schon in Runde 2 die Tagesbestzeit in den heißen Asphalt: 1:24.801 Minuten und damit 0,8 Sekunden schneller als der fixeste Porsche sowie 1,4 Sekunden schneller als der beste Ferrari.
Toyota bei WEC-Rennen in Sao Paulo in eigener Liga
Auch beim Topspeed gab es keine zwei Meinungen. Ryo Hirakawa aus dem siegreichen #8 Toyota brachte sein Hypercar auf eine Spitzengeschwindigkeit von 282,6 km/h - rund 4 km/h mehr als Porsche und 7 km/h besser als die Ferrari. "Toyota konnten wir heute nicht packen", räumte Porsche-Motorsportchef Thomas Laudenbach ein, dessen Team aber weiter die WM anführt.
Buemi/Hartley/Hirakawa fuhren in einer eigenen Liga zu ihrem ersten WEC-Saisonsieg. Es hätte eigentlich ein doppelter Triumph für Toyota werden müssen, hätte nicht ein Benzinfluss-Problem die #7 (Conway, Kobayashi, De Vries) fast dreieinhalb Minuten in der Box gekostet zusätzlich zu einer Durchfahrtstrafe. Kamui Kobayashis wahnsinnige Aufholjagd in den Schlussrunden vom siebten bis auf den vierten Platz zeigte, was wirklich in den japanischen Hypercars steckte.

Kamui Kobayashi überrollt Ferrari - Maranello geplättet
Der frühere Formel-1-Fahrer überrollte bei seiner Flucht nach vorne praktisch die beiden Werks-Ferrari und holte mehr als eine Sekunde pro Runde auf. Entsprechend geplättet gaben sich die Verantwortlichen aus Maranello. "Am Ende eines Rennens wie diesem ist es schwierig, die richtigen Worte zu finden, um die Frustration und das Gefühl der Hilflosigkeit des Teams auszudrücken", wurde Sportwagenchef Antonello Coletta in der Ferrari-Pressemitteilung zitiert.
Trotz einer fehlerfreien Fahrt sei es für Ferrari unmöglich gewesen, ein besseres Ergebnis als die Plätze fünf und sechs herauszufahren. Tatsächlich wurde nur die #51 (Pier Guidi, Giovinazzi, Calado) durch eine Durchfahrtstrafe eingebremst, während sich die amtierenden Le-Mans-Sieger Antonio Fuoco, Miguel Molina und Nicklas Nielsen im #50 Ferrari nichts zu Schulden kommen ließen.
Ferrari hofft auf "fairen Kampf" bei nächstem WEC-Rennen
Diskutabel war nur die Reifenwahl: Die Ferrari-Strategen setzten beim Rennstart auf eine gesplittete Reifen-Strategie mit Medium-Mischungen auf der linken sowie Hart-Mischungen auf der rechten Seite. Die beiden Toyota absolvierten die gesamte Renndistanz hingegen ausschließlich auf den Medium-Reifen von Michelin. Diese Mischung sollte sich als die beste herausstellen - zumindest auf den Toyota.
"Wir wussten, dass wir nicht um den Sieg kämpfen konnten, und leider wurde das, was in den Simulationen passiert ist, durch das, was im Rennen passiert ist, bestätigt", führte Ferrari-Mann Coletta aus. "Wir hoffen, in Austin die Chance zu haben, einen fairen Kampf zu liefern." Der Abstand zur Konkurrenz sei viel zu groß gewesen, um einen Podestplatz anzugreifen", blies Ferraris Langstrecken-Chef Ferdinando Cannizzo ins gleiche Horn.
Ferrari erlebt WM-Rückschlag trotz Technik-Update
Ferrari musste nach dem zweiten Le-Mans-Sieg in Folge mit 17 Kilogramm das meiste Zusatzgewicht aller neun Hypercars einladen. Mit 1.060 Kilo waren die 499 P genauso schwer wie die Toyota, die ihrerseits 7 Kilo für Sao Paulo aufgebrummt bekamen. Die japanischen GR010 Hybrid (-2 kW) verloren allerdings 3 kW weniger Leistung als die Ferrari (-5 kW) und fuhren mit 506 kW (687 PS) zu 503 kW.
Der fünfte von acht Saisonläufen war kein gutes Pflaster für Ferrari, das zuvor angekündigt hatte, Porsches Führung in der Weltmeisterschaft attackieren zu wollen. Dafür brachten die Italiener sogar ihr erstes Technik-Update, bestehend aus neuen Bremskühlungen, einem überarbeiteten Unterboden und Aero-Flicks unter den Frontscheinwerfern. Faktisch büßte Ferrari (109 Punkte) den zweiten Platz in der Hersteller-WM an Toyota (122 Punkte) ein. Porsche bleibt Spitzenreiter mit 126 Zählern.
Die Balance of Performance spielt eine entscheidende Rolle in der WEC - nur sprechen darf man nicht darüber. Was passiert, wenn man trotz FIA-Maulkorb-Regel über die BoP auspackt, bekam jüngst Toyota zu spüren:
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