Am Abend des Finales der Fußball-Europameisterschaft hat Toyota das 6-Stunden-Rennen der WEC in Sao Paulo gewonnen! Der vierfache Le-Mans-Sieger Sebastien Buemi und seine Teamkollegen Brendon Hartley sowie Ryo Hirakawa fuhren beim fünften Saisonrennen der Langstecken-WM einen absolut souveränen Sieg ein.

Der Schweizer Schlussfahrer Buemi hatte beim Zieleinlauf nach 236 Runden einen deutlichen Vorsprung von 1:08 Minuten auf den Zweitplatzierten #6 Penske-Porsche (Andre Lotterer, Kevin Estre, Laurens Vanthoor). Matt Campbell, Fred Makowiecki und Michael Christensen im zweiten Penske-Porsche komplettierten das Podest als Dritte.

Toyota siegt bei WEC-Rückkehr nach Sao Paulo

Der amtierende Weltmeister Toyota feierte nach Imola seinen zweiten WEC-Saisonsieg, für die #8-Crew war es der erste. Bei der WEC-Rückkehr auf den brasilianischen Formel-1-Kurs nach zehn Jahren setzten Buemi/Hartley/Hirakawa das entscheidende Reifen-Management perfekt um. Der von Startplatz zwei ins Rennen gegangene #8 Toyota profitierte zudem von einer Strafe sowie einem Technikproblem des Schwester-Autos, das nach einer späten Aufholjagd auf Platz vier einlief. Eng wurde es nur einmal, als Startfahrer Brendon Hartley in Kurve 1 nach einem Verbremser folgenlos abkürzen musste, um den zwischenzeitlichen zweiten Platz zu verteidigen.

In Abwesenheit von Safety-Car-Phasen gab es keine größeren Überraschungen, es blieb bei drei Full-Course-Yellow-Phasen. Nach einer turbulenten Startphase wurde es zur Rennmitte hin ruhiger, dank zahlreicher Mittelfeld-Kämpfe aber zu keiner Zeit langweilig. Fünf der 19 gestarteten Hypercars beendeten das erste WEC-Rennen nach den 24 Stunden von Le Mans in der Führungsrunde.

#2 Cadillac mit Bamber, Lynn, Palou beim Start
Turbulenter Start in Sao Paulo, Foto: LAT Images

Porsche-Trio baut Führung in der Fahrer-WM aus

Estre/Lotterer/Vanthoor konnten mit Platz zwei die Führung in der WM-Tabelle ausbauen, weil ihre ärgsten Verfolger - die Le-Mans-Sieger Antonio Fuoco/Miguel Molina/Nicklas Nielsen im #50 Ferrari - mangels Pace nicht über Rang sechs hinauskamen.

Der #6 Porsche musste nach einer frühen Kollision zwischen Laurens Vanthoor und Markenkollege Will Stevens (#12 Jota-Porsche) wegen eines Reifenschadens einen ungeplanten Boxenstopp einlegen. In der Folge fuhr der Titelanwärter lange Zeit außerhalb der Pitstop-Sequenz, die sich dank einer Full-Course-Yellow-Phase und einem Boxenstopp zum rechten Zeitpunkt jedoch nivellierte.

"Es hatte nicht gut begonnen mit der Kollision", sagte der dreifache Le-Mans-Sieger Lotterer. "Wir haben aber nicht aufgegeben, und uns auf den richtigen Reifen zurückgekämpft. Dann kam die Full Course Yellow, die alles wieder in Reihe gebracht hat. Unser Timing beim Boxenstopp war da perfekt."

Dass der #6-Porsche am Ende 7,182 Sekunden vor dem Penske-Schwesterauto mit der Startnummer #5 ankam, war aber doch etwas überraschend. Das Trio um Start- und Schlussfahrer Matt Campbell hielt sich über die gesamte Renndistanz schadlos und jagte lange Zeit dem siegreichen Toyota hinterher. Nach der Enttäuschung bei den 24 Stunden von Le Mans konnte sich das Porsche-Werksteam über das nächste Doppel-Podium in der Langstrecken-WM freuen.

#5 Porsche-Penske mit Campbell, Christensen, Makowiecki
Doppel-Podest für Porsche in Brasilien, Foto: LAT Images

Ferrari spielt trotz Update keine Rolle in Sao Paulo

Für Ferrari gab es in Brasilien nicht viel zu holen. Der von P9 gestartete #51 499 P (Pier Guidi, Giovinazzi, Calado) lag im ersten Stint zwischenzeitlich an vierter Stelle, musste sich unter anderem wegen einer Durchfahrtstrafe (FCY-Verstoß) aber mit Platz fünf begnügen.

Das Schwester-Auto fuhr auf Platz sechs, während der privat von AF Corse eingesetzte #83 Ferrari 499 P (Kubica, Shwartzman, Ye - Platz 11) für reichlich Trubel sorgte: Zunächst wurde Robert Kubica in Runde 72 nach einer Kollision mit Julien Andlauer im #99 Proton-Porsche gedreht (Durchfahrtstrafe), später kassierte AF-Corse-Teamkollege Yifei Ye seinerseits eine Durchfahrtstrafe für eine Kollision mit Robin Frijns' #20 BMW.

Ferrari hatte nach Sao Paulo das erste Update für den 499 P im Gepäck, bestehend aus einer neuen Bremsenkühlung, einem überarbeiteten Unterboden sowie kleinen Aero-Flicks unter den Frontscheinwerfern. Mit dem früher als ursprünglich geplanten, eingesetzten 'Technik-Joker' wollen die Italiener der deutschen Konkurrenz von Porsche die Führung in der WM streitig machen.

#50 Ferrari mit Fuoco, Molina, Nielsen
Ferrari nach Le-Mans-Sieg ohne Top-Ergebnis in Sao Paulo, Foto: Ferrari

Technik-Ärger wirft Polesetter-Toyota zurück

Trotz der späten Aufholjagd von Kobayashi wird der von der Pole Position gestartete Toyota GR010 Hybrid mit der Startnummer #7 (Conway, Kobayashi, De Vries) nicht zufrieden sein. Startfahrer Mike Conway hatte zunächst großes Glück, eine Kollision von zwei GT3-Autos haarscharf zu vermeiden. Eine Durchfahrtstrafe nach 63 Runden wegen eines FCY-Vergehens kostete den #7 Toyota nur kurzzeitig die Führung, bis Conway den parallel langsamen Stint von Hartley nutzte, um wenig später den ersten Platz zurückzuerobern.

Den 'technischen K.o.' erlebten die Zweitplatzierten der 24 Stunden von Le Mans in Runde 84, als ein "Benzin-Problem" eine Reparatur am Boxenplatz nötig machte, die fast dreieinhalb Minuten kostete. Dadurch war der #7 Toyota, der den Japanern in Imola den ersten Saisonsieg beschert hatte, raus aus dem Rennen um einen Podestplatz.

Mick Schumacher holt erste WEC-Punkte

Mick Schumacher erzielte seine ersten WM-Punkte in der WEC mit Platz zehn hinter dem #93 Peugeot (Vergne, Jensen, Nico Müller) und dem #15 BMW M Hybrid V8 (Dries Vanthoor, Marciello, Wittmann), auf dem der zweifache DTM-Champion Marco Wittmann und Co. ebenfalls erstmals punkteten.

Schumacher hatte den #36 Alpine (Schumacher, Lapierre, Vaxiviere) auf dem elften Startplatz qualifiziert und am Sonntag den Start übernommen. Schumacher fiel zunächst drei Positionen zurück, bis er sich munter zurückkämpfte und nach seinem Doppel-Stint den Alpine an neunter Stelle in Runde 79 übergab.

Schumacher war einmal mehr der schnellste Fahrer der #36-Crew und absolvierte seine persönliche Bestzeit in 1:26.837 Minuten - damit war er rund eine Sekunde schneller als seine Teamkollegen. Der Sohn von F1-Legende Michael Schumacher kehrte für den Schluss-Stint in den Alpine zurück und verteidigte die Punkte. Mick legte insgesamt 116 Runden (2:56 Stunden) und damit die meisten seines Teams zurück.

Der Schwester-Alpine mit der Startnummer #35 (Habsburg, Milesi, Chatin) verlor nach einem frühen Dreher von Paul Loup Chatin zu viel Zeit, um dauerhaft um die Spitzenpositionen kämpfen zu können - Platz zwölf beim Zieleinlauf. Dennoch gehörten die neuen LMDh-Alpine nach ihren Motorschäden in Le Mans zu den positiven Überraschungen in Sao Paulo.

#36 Alpine mit Mick Schumacher, Lapierre, Vaxiviere
Erste WEC-Punkte für Mick Schumacher und den #36 Alpine, Foto: LAT Images

LMGT3-Klasse: Manthey-Sieg bei Drama um Damen-Lambo

In der neuen LMGT3-Klasse setzte das deutsche Team Manthey seine überragende Saison fort und landete den vierten Sieg im fünften Rennen. Nach dem Le-Mans-Sieg des Schwester-Autos, war diesmal die #92 (Malykhin, Sturm, Bachler) an der Reihe. Für das Trio rund um den österreichischen Porsche-Werksfahrer Klaus Bachler war es der zweite Saisonsieg. Die #92-Crew führt die Fahrer-Tabelle nun alleinig vor ihren Teamkollegen an.

Der zweite Manthey-Porsche mit der Startnummer #91 um die Le-Mans-Klassensieger Shahin/Schuring/Lietz sorgte schon früh für Chaos und belegte am Ende den zwölften Platz. Startfahrer Yasser Shahin kassierte für eine Kollision mit einer Corvette eine Durchfahrtstrafe und musste in Runde 24 einen Reparatur-Stopp einlegen, nachdem Bronze-Fahrer Shahin einem GT3-Ferrari ins Heck gedonnert war.

Hinter dem #92 Manthey-Neunelfer belegten der #27 Aston Martin Vantage GT3 von Heart of Racing (James, Mancinelli, Riberas) und der #95 McLaren von United Autosports (Caygill, Pino, Sato) die Plätze zwei und drei auf dem Podium.

Ein bitteres Drama erlebte das Damen-Trio der Iron Dames, die im Qualifying ihre zweite Pole Position in dieser Saison erobert hatten. Der Lamborghini Huracan GT3 Evo2 von Sarah Bovy, Rahel Frey und Michelle Gatting führte im ersten Stint und hielt sich in der zweiten Rennhälfte souverän auf dem zweiten Platz in Richtung Podium.

Dann der böse Rückschlag: Bei einem Boxenstopp 2:15 Stunden vor dem Rennende shoss plötzlich literweise Wasser aus dem Lambo heraus, offenbar wegen eines gerissenen Schlauchs im Kühlsystem. Damit war das einzige Frauen-Team in der WEC vorzeitig raus aus dem Kampf ums Podest.