Grund #1: Die BoP soll noch besser werden
Die Balance of Performance in der WEC ist mit Faktoren wie der Energie-Menge pro Stint oder der 250-km/h-Grenze höchst komplex, funktionierte aber schon 2024 mit wenigen Ausnahmen ziemlich gut. Jetzt haben die BoP-Verantwortlichen verraten, den Erstellungsprozess zu ändern, um die Unterschiede zwischen den LMH- und LMDh-Autos noch fairer zu gestalten.
Versuchten die BoP-Bosse in der Vergangenheit, alle Hersteller in ein bestimmtes und öffentlich nicht bekanntes Performance-Fenster zu quetschen, läuft es ab sofort anders: Herangezogen werden die zehn besten Rundenzeiten sowie 60 Prozent der schnellsten Runden jedes Autos. Dabei sollen auch der Reifenverschleiß und die Topspeed-Werte bei 'sauberen' Runden berücksichtigt werden. Die BoP wird künftig auf Basis des Durchschnitts der vorangegangenen drei Rennen - ausgenommen Le Mans, um Sandbagging zu verhindern - erstellt.
Außerdem werden erstmals die Hersteller mit ins Boot genommen und die Daten ihrer eigenen Fahrzeuge mit ihnen geteilt. Die cleveren Ingenieure könnten dadurch zwar versuchen, BoP-Spielchen wie einst in der DTM mit den Target Laptimes zu probieren. Die Regelhüter haben allerdings angekündigt, bei versuchter 'Manipulation' der Rundenzeiten aktiv einzugreifen. Klappt das neue BoP-System, können wir uns auf noch engere Schlachten in der Langstrecken-WM freuen.
Grund #2: BMW ist endlich bei der Musik
BMW erlebte 2024 einen enttäuschenden Start in seine erste WEC-Saison, obwohl die Münchner bereits Erfahrung aus der IMSA-Serie mitbrachten. Sogar Alpine tanzte BMW lange Zeit auf der Nase herum, bevor sich die WRT-Mannschaft mit Top-Fahrern wie Rene Rast oder Sheldon van der Linde gegen Saisonende berappeln konnte. Beim Jahresstart 2025 in Daytona zählten die BMW dann plötzlich zu den Siegfavoriten - nur eine lose Frontpartie kostete die Bayern womöglich den Sieg beim 24-Stunden-Rennen.
Nach einem Jahr hat BMW nun offenbar endlich verstanden, wie die eigenen LMDh-Autos funktionieren. Obendrein gab's über den Winter ein Bremsen-Update, um die Stabilität in den Kurven zu verbessern. Die Fahrer gaben nach den ersten Eindrücken positives Feedback. Den klar erkennbaren Aufwärtstrend konnte BMW in seine zweite WEC-Saison mitnehmen - die Crews waren von Beginn der Testfahrten bei der Musik und fuhren im Qualifying in die erste Startreihe. Das wird nicht zuletzt den Star-Neuzugang Kevin Magnussen freuen, der nach seinem Formel-1-Rauswurf noch einmal richtig angreifen will.
Grund #3: Mick Schumacher mit vollem Fokus auf WEC
Man kann Mick Schumacher nicht vorwerfen, dass er sich 2024 bei seinem WEC-Debüt an den Rennwochenenden nicht voll auf den Job im Alpine-Rennwagen konzentriert hätte. Dennoch konnte man in Gesprächen mit dem 25-Jährigen leicht den Eindruck erhalten, dass er die Langstrecken-WM nur als Übergangsphase zum erhofften Comeback in der Formel 1 betrachtet. Dazu kam es bekanntermaßen nicht.
Schumacher hatte im Winter angekündigt, sich voll auf WEC zu fokussieren und als Zeichen sogar seinen Ersatzfahrer-Job bei Mercedes gekündigt. Mick zählte schon in seiner Debütsaison zu den schnellsten Alpine-Piloten und wird dieses Jahr mit der gesammelten Erfahrung sicherlich noch eine Schippe drauflegen können. Und mit Fred Makowiecki sowie Jules Gounon kommen zwei neue Teamkollegen hinzu, die ihren Vorgängern in nichts nachstehen dürften.
Grund #4: Brutaler V12-Sound bei Aston Martin
Lamborghini hat sich erst einmal aus der WEC verabschiedet, doch mit Aston Martin steht ein adäquater Ersatz schon bereit. Und ein höchst spannender dazu: Die Briten setzen als einzige Vertreter der Hypercar-Klasse auf einen reinen Saugmotor und verzichten auf den Hybridantrieb. Die Konkurrenz fürchtet schon eine bessere Zuverlässigkeit dank weniger Technik an Bord, doch erst einmal müssen die beiden Valkyrien die nötige Pace finden. Davon war bis zum Qualifying in Katar noch nicht viel zu sehen.
Dafür aber zu hören: Der Aston Martin erzeugt eine Soundkulisse, die schon fast an einen älteren Formel-1-Boliden erinnert. Möglich macht's der V12-Motor von Cosworth mit mächtigen 6,5 Litern Hubraum unter der Haube. Dabei handelt es sich um das gleiche Aggregat wie bei der Straßenversion des Valkyrie, der mit Hybrid mehr als 1.100 PS leisten kann. Das erinnert an die alten Gruppe-C-Zeiten, in denen die unterschiedlichen Autos ihren ganz eigenen Klang hatten und für Gänsehaut bei den Besuchern sorgten.
Grund #5: Mercedes-AMG ist zurückgekehrt
Mercedes und Le Mans, das war nicht immer die beste Kombination, wie wir in diesem Hintergrundartikel beleuchtet haben. Jetzt ist die Marke mit dem Stern nach 26 Jahren zurückgekehrt und tritt 2025 wieder beim Langstrecken-Klassiker sowie erstmals in der WEC an. Allerdings nicht in die Hypercar-Topklasse, sondern in die LMGT3-Kategorie, also die 2. Liga.
Für das Comeback spannen die Affalterbacher mit dem italienischen Team Iron Lynx zusammen, das sich im Winter von Lamborghini getrennt hatte. Es dürfte eine Weile dauern, bis sich die beiden Partner aufeinander eingeschossen haben und sich der Mercedes-AMG GT3 mit den regulatorischen Vorgaben der WEC - Stichwort: Drehmomentsensorik - angefreundet hat. So oder so: Eine Marke wie Mercedes darf im Starterfeld der Langstrecken-WM nicht fehlen.

Grund #6: Kampf dem Körpergewicht
Diese Regel hätte schon früher kommen sollen: Ab 2025 sorgt ein Fahrer-Mindestgewicht für einen noch faireren Ablauf in der WEC. Als Standard gelten wie in der Formel 1 82 Kilogramm. Wiegen die drei Fahrer eines Autos im Durchschnitt weniger, muss Zusatzgewicht eingeladen werden. Das kann schon einige Kilo ausmachen, wenn man unterschiedlich große Fahrer wie Antonio Giovinazzi oder Nyck de Vries betrachtet. Vor allem können sich die Hersteller jetzt trauen, im Qualifying nicht immer nur den leichtesten Fahrer ans Steuer zu lassen. Das sorgt potenziell für eine schöne Abwechslung bei der Zeitenjagd.
Grund #7: Nie war die WEC fahrerisch besser bestückt
108 Fahrer gehen in der WEC an den Start - 14 davon mit Formel-1-Rennen auf dem Buckel. Das Starterfeld braucht sich im internationalen Vergleich nicht zu verstecken! Mit BMW-Neuzugang Kevin Magnussen ist noch ein Fahrer dazugekommen, der gerade erst aus der F1 geflogen ist. Die Formel 1 bleibt eindeutig die Königsklasse des Motorsports, aber die Langstrecken-WM gilt ebenso als lukrative Arbeitsstätte.
Serien-Weltmeister Toyota hat allein vier frühere F1-Fahrer in den eigenen Reihen: Kamui Kobayashi, Nyck de Vries, Sebastien Buemi und Brendon Hartley. Dass Peugeot mit Jean-Eric Vergne, Paul Di Resta und Stoffel Vandoorne drei Ex-F1-Piloten beschäftigt, hat sich zumindest in den Ergebnissen noch nicht widergespiegelt.
Ein F1-Trio kann auch Jota-Cadillac mit dem früheren Weltmeister Jenson Button, Sebastien Bourdais und Will Stevens bieten. Antonio Giovinazzi und Robert Kubica steuern Ferrari-Hypercars, während Mick Schumacher für Alpine antritt. Dazu DTM-Stars wie Rene Rast oder MotoGP-Legende Valentino Rossi: Nie war die WEC fahrerisch besser besetzt.
Grund #8: Porsches spannendes Fahrer-Konzept
Porsche hat für 2025 einen neuen Ansatz gewählt und setzt als einziger Hersteller neben Aston Martin auf Zwei-Mann-Gespanne in seinen beiden Hypercars. Die amtierenden Weltmeister Kevin Estre und Laurens Vanthoor im 963 mit der Startnummer #6, während sich der neue Werksfahrer Julien Andlauer und Michael Christensen im Schwesterauto abwechseln. Nur bei den langen Rennen in Katar (10h), Le Mans (24h) und Bahrain (8h) sowie in Imola (zur Vorbereitung auf Le Mans) werden sie von Mathieu Jaminet und Matt Campbell unterstützt.
Dadurch erhalten die Stammfahrer an den Rennwochenenden mehr Fahrzeit, was angesichts der eingeschränkten Testmöglichkeiten hilfreich ist. Nachteil: Beim wichtigsten Rennen des Jahres, den 24 Stunden von Le Mans, sind die Dreier-Crews von Porsche etwas weniger eingespielt als die Stamm-Trios der Konkurrenz. Es wird über die Saison spannend sein, zu beobachten, wie sich der Schachzug der Zuffenhausener bewährt und ob andere Hersteller künftig auch auf Fahrer-Duos umschwenken.
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