Den Traum von der Formel-1-Rückkehr legt Mick Schumacher jetzt erst einmal beiseite - es wartet das reale Rennstrecken-Leben. Der 25-Jährige steht vor seiner zweiten Saison mit Alpine in der WEC, die schon am kommenden Freitag in Katar beginnt. Das 10-Stunden-Rennen im Wüstenstaat (Rennstart um 12:00 Uhr deutscher Zeit) ist direkt ein absoluter Härtetest - wie schlägt sich Alpine beim zweitlängsten Lauf des Jahres nach den 24 Stunden von Le Mans?

Die Franzosen waren während der Winterpause fleißig und haben dem Motor des Alpine A424 ein Update spendiert. Dafür musste Alpine laut Reglement einen von fünf verfügbaren Jokern nutzen, weil es sich um eine Performance-Anpassung handelt. Nur Nacharbeiten zur Verbesserung der Zuverlässigkeit sind ohne den Einsatz eines Jokers möglich, natürlich nach gründlicher Prüfung durch die FIA.

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Alpine rüstet Motor nach Debakel in Le Mans auf

Beim überarbeiteten 3,4-Liter-V6-Motor handelt es sich offenbar um eine Evolution. Die Basis bleibt vorhanden, nur die anfälligen Turbos wurden getauscht, dazu weitere Teile in der Motorumgebung. Alpine wollte sich wenig überraschend nicht genau ins Lastenheft schauen lassen. Bei der erhofften Verbesserung geht es weniger um reine Motorleistung - die ist ohnehin über die BoP geregelt - sondern vielmehr um die Standfestigkeit.

Dass die Alpine-Ingenieure hier noch einiges an Luft nach oben haben, zeigte sich in der ersten Saisonhälfte 2024 bei der Rennpremiere des A424 sowie eklatant bei den 24 Stunden von Le Mans. Für beide Autos inklusive 24h-Debütant Schumacher war das Rennen nach kurzer Zeit wegen Motorschäden beendet. Alpine reagierte zunächst mit Änderungen am Motoren-Management und fuhr damit im weiteren Verlauf der Saison erstaunlich gut.

"Nach Le Mans war es keine einfache Situation", sagte Alpine-Signatech-Teamchef Philippe Sinault am Rande der Testfahrten gegenüber Racer. "Wir haben aber toll reagiert und Verbesserungen für den Motor und den Turbo gebracht. Das bedeutet eine deutliche Verbesserung für die Zuverlässigkeit. Das ist das Ziel dieses Jokers und nach unseren Tests im Winter sind wir happy."

Alpine: Noch nicht bereit für WEC-Siege

Dabei wollte sich Sinault nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, obwohl sich Alpine 2024 überraschend als vierte Kraft in der WEC hinter Porsche, Toyota und Ferrari etabliert hatte. Der Franzose: "Zuverlässigkeit ist zu 100 Prozent die Priorität, danach können wir auf Ergebnisse schauen. Wenn man mich fragt, ob wir bereit sind, regelmäßig Rennen zu gewinnen, dann denke ich Stand heute: Nein, wir müssen bescheiden bleiben."

Für den Kampf gegen die erwähnten Großen Drei sei Alpine noch nicht bereit. Keine Ausfälle und Plätze in den Top-5 seien das Ziel, wollte Sinault die Messlatte vor dem ersten Rennen nicht zu hoch ansetzen. Beim letztjährigen Dreifach-Sieg von Porsche in Katar belegten die beiden Alpine die Plätze sieben und elf. Der Rückstand auf das siegreiche Porsche-Trio, die späteren Weltmeister Andre Lotterer, Kevin Estre und Laurens Vanthoor, betrug zwei bzw. drei Runden.

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Der Alpine A424 bei den WEC-Testfahrten in Katar, Foto: IMAGO/PsnewZ

Mick Schumacher: "Podium ist einmal nicht das Ziel"

Was für den Teamchef gilt, muss freilich nicht für die Fahrer gelten. Schumacher und Co. schielen trotz der enormen Konkurrenz von sieben Herstellern sicherlich mit einem Auge auf das Podium. Wenngleich Mick sagte: "Ich nehme viel mit aus dem letzten Jahr. Das Podium ist aber erst mal nicht das Ziel. Wir wollen das Programm weiterentwickeln." Jedoch: 2024 in Fuji gelang Schumacher und seinen damaligen Teamkollegen Nicolas Lapierre sowie Mathieu Vaxiviere dieses Kunststück bereits. In der Schlussphase der Saison zählten die Alpine sogar regelmäßig zu den realistischen Podestanwärtern.

Die Umstellung auf den überarbeiteten Alpine-Rennwagen wird für Schumacher keine Herausforderung darstellen - eher schon die Zusammenarbeit mit seinen neuen Teamkollegen, die sich allesamt erst mal aneinander gewöhnen müssen. Neu dabei ist der erfahrene Franzose Frederic Makowiecki, der sich nach seinem Aus bei Porsche eine andere sportliche Heimat suchen musste. Der 44-Jährige, unter anderem Sieger des 24h-Rennen Nürburgring 2018 mit Manthey, kennt die LMDh-Prototypen und die WEC zwar aus seiner Porsche-Zeit, nicht aber die Alpine-Umgebung.

Der dritte Fahrer im Bunde auf dem Auto mit der Startnummer #36, Jules Gounon, dürfte hingegen kaum Anpassungsschwierigkeiten haben. Der Franzose mit andorranischer Fahrerlizenz zählte 2024 als offizieller Test- und Ersatzfahrer zum Team und kam in dieser Funktion zu mehreren Renneinsätzen. Dreimal vertrat Gounon den verletzten Ferdinand Habsburg, hinzu kam ein geplanter Start beim Saisonfinale in Bahrain. Im Wüstenstaat schrammten Gounon, Habsburg und Paul-Loup Chatin als Vierte haarscharf am zweiten Alpine-Podium vorbei.

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Neue Alpine-Teamkollegen: Mick Schumacher mit Jules Gounon und Fred Makowiecki, Foto: IMAGO/PsnewZ

Schumacher: Voller Fokus auf WEC - Formel 1 bleibt der Traum

Schumachers #36 Alpine dürfte nach den Personalwechseln nicht schlechter aufgestellt sein als im Vorjahr. Makowiecki - auf der Nordschleife liebevoll als 'Fred Mako' bezeichnet - errang 2024 im Porsche 963 immerhin vier Podestplätze. Und Gounon zählt zu den besten GT-Fahrern der Welt, was er dieses Jahr in seinem anderen Job als Werksfahrer bei Mercedes-AMG erneut zur Schau stellen möchte.

Schumacher selbst hat bereits angekündigt, sich jetzt zu 100 Prozent auf die WEC und Alpine konzentrieren zu wollen - das wird den Franzosen gefallen, nachdem man 2024 von außen durchaus den Eindruck gewinnen konnte, dass die Langstrecken-WM nur eine Übergangsphase hin zum Formel-1-Comeback bedeute.

Um seinen Worten auch Taten folgen zu lassen, hatte sich Schumacher im Winter von Mercedes nach zwei Jahren als Formel-1-Ersatzmann verabschiedet. Der 43-malige Grand-Prix-Starter (2021 und 2022 mit Haas) wolle sich wieder "voll und ganz dem sportlichen Aspekt des Rennsports widmen" und nicht nur auf der Reservebank zuschauen. Ein bisschen träumen ist dennoch erlaubt: "Die Formel 1 war immer mein Traum und wird immer mein Traum sein. Die WEC ist aber die Nummer-eins-Priorität. Das erfordert 100 Prozent Hingabe."

Die WEC-Saison startet schon diese Woche in Katar! Schaue dir jetzt die Starterliste mit allen Fahrern und Teams an, um bestens informiert zu sein: