Das Grand-Prix-Wochenende in Singapur hielt auf der Strecke nicht allzu viele kontroverse Situationen bereit, die Handlungsbedarf von der FIA erfordert hätten. Dafür setzten die Regelhüter abseits der Strecke mit Nachdruck ihren Verhaltenskodex um. Sie verhängten Max Verstappen eine umstrittene Strafe, weil er in der Pressekonferenz am Donnerstag geflucht hatte. "I knew the car was fucked" war wohl eins zu viel, nachdem FIA-Präsident Mohammed Ben Sulayem zuvor die Fahrer extra dazu aufforderte, weniger zu fluchen. Verstappen muss deshalb einen Tag gemeinnützige Arbeit ableisten.
Diese Strafe gegen den amtierenden Weltmeister stieß auf jede Menge Unverständnis. Auch der ehemalige Formel-1-Fahrer Christian Danner hielt sie für völlig überzogen und äußerte bei uns im 'AvD Motorsport-Magazin' in deutlichen Worten seinen Unmut über das Vorgehen der Regelhüter: "Die Strafe gegen Max Verstappen war schlichtweg lächerlich. So geht das nicht!"
FIA vs. FOM: Verstappen-Strafe legt Machtkampf der Formel 1 offen
Als eigentlich dahinterliegendes Problem macht Danner den Interessenskonflikt zwischen der Sporthoheit FIA sowie dem kommerziellen Rechteinhaber FOM aus. Während die FIA darauf bedacht ist, den International Sporting Code strikt einzuhalten, käme es Liberty Media auf andere Dinge an, erklärt der Experte. "Je lauter es kracht, je härter geschimpft wird, je brutaler sich die Leute gegenseitig Idioten heißen, desto besser für das amerikanische Sport-Business", so Danner. Aus diesem Grund würden sie derbe Funksprüche, in denen die Emotionen überkochen, gerne im Fernsehen ausstrahlen. "Da liegen sie natürlich diametral auseinander. Da prallen zwei Welten aufeinander", bringt der deutsche Rennfahrer das Problem auf den Punkt.
Diese Spannung gipfelte nun in der Verstappen-Strafe, meint Danner: "Deswegen habe ich überhaupt kein Verständnis für dieses Strafen-Szenario gegen Verstappen. Das ist völlig unangebracht. Du kannst nicht einfach nur draufhauen und Verstappen abstrafen. Das ist lächerlich."
Entscheidend sei es dem Formel-1-Experten zufolge vielmehr, in den Diskurs zu gehen. Denn grundsätzlich könne er den Wunsch der FIA nach einem ordentlichen Umgang miteinander gut nachvollziehen. Das aktionistische Vorgehen der Sporthoheit verfehle laut Danner jedoch völlig den Sinn. Er empfiehlt: "Ich glaube, es ist höchste Zeit, dass die beiden Beteiligten - FIA und FOM - über das Thema reden und dass sie auch den Dialog mit den Fahrern suchen."

"Die FIA und ihr Präsident sind der Meinung, sie hätten das Sagen, was de facto auch stimmt. Die FOM sagt, sie würden hier das Geschäft machen und das Geschäft steht über allem. Und dieser Konflikt ist eigentlich nicht lösbar", so Danner. Die Aufspaltung in zwei Organisationen befindet der Experte nichtsdestotrotz für gut: "Gott sei Dank haben wir diese Trennung zwischen FIA und FOM. In Zukunft dürfen aber nicht solche ausgesprochen ungeschickten Aktionen passieren, sondern es muss ein Dialog stattfinden. Ich kann nur hoffen, dass das jetzt vielleicht mal beginnt, denn so blamiert man sich in jeder Hinsicht."
Christian Danner würdigt Max Verstappen: Boykott? Clever!
Problematisch wird es für Danner nämlich, wenn der Machtkampf der Präsidenten auf dem Rücken der Fahrer ausgetragen wird. Aus diesem Grund hat der ehemalige Formel-1-Fahrer auch voll und ganz Verständnis dafür, dass Max Verstappen die FIA-Pressekonferenzen am vergangenen Wochenende durch wortkarge Antworten boykottierte. "Er darf nur nicht unterschätzen: So etwas kostet Energie. Das kostet sehr viel Energie, die er jetzt eigentlich allein dafür bräuchte, den WM-Titel ins Ziel zu retten", warnt Danner den Red-Bull-Fahrer, der sich momentan im WM-Fight gegen Lando Norris verteidigen muss.
Trotzdem honoriert der Formel-1-Experte Verstappens Manier des Boykottierens: "Die Aktion als solche finde ich doch bemerkenswert, weil sie intelligent ist." Verstappen stellte nicht etwa den Interviewer Tom Clarkson bloß, sondern betonte, dass seine minimalistischen Äußerungen nicht gegen ihn persönlich gingen. Zudem gab er allen Journalisten in einer separaten Medienrunde im Anschluss noch die Gelegenheit, ihre Fragen zu stellen und ausführlich beantwortet zu bekommen. Fazit des Experten Danner: "Ich bleibe dabei: Ich verstehe den Max total und ich finde auch, dass er das sehr intelligent angegangen ist. Denn ihm selbst kann man daraus ja keinen Strick drehen, dass er das so handhabt."
Auch bei den Racing Bulls war beim Große Preis von Singapur Unruhe angesagt: Daniel Ricciardo sollte in seinem womöglich letzten Formel-1-Rennen Lando Norris die schnellste Rennrunde wegschnappen. Ein unsportliches Manöver des Teams rund um Christian Horner? Was Christian Danner über diese sowie weitere Fragen denkt, seht ihr in der neuesten Ausgabe des 'AvD Motorsport-Magazins':
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