Bei den zweitägigen Testfahrten der WEC in Katar ist das gesamte Starterfeld der 36 Autos (18 Hypercars und 18 GT3-Autos) zum ersten Mal in diesem Jahr aufeinandergetroffen. Der sogenannte Prolog diente den Teams und Herstellern zur Vorbereitung auf den bevorstehenden Saisonauftakt am kommenden Freitag, 28. Februar (Rennstart um 12:00 Uhr MEZ) an gleicher Stelle.

Die Teams spulten am Freitag und Samstag mehr als 12.000 Kilometer auf dem Losail International Circuit ab, sowohl am Tag bei bis zu 26 Grad als auch während der kühleren Abendstunden. Motorsport-Magazin.com fasst die wichtigsten Erkenntnisse zusammen.

Ferrari präsentiert neues WEC-Auto 2025! (07:34 Min.)

BMW ist auch in der WEC bei der Musik

Die positive Langstrecken-Überraschung der jungen Saison 2025 ist sicherlich BMW. Die Münchner präsentierten sich mit ihrem BMW M Hybrid V8 schon beim IMSA-Saisonstart in Daytona bockstark und verloren den möglichen Sieg beim 24-Stunden-Rennen erst in der Schlussstunde wegen eines Frontschadens. Zuvor hatte Dries Vanthoor mit der Pole Position die Ambitionen des bayerischen Herstellers eindrucksvoll untermauert.

In der WEC, wo die baugleichen Prototypen zum Einsatz kommen wie in der IMSA, legte BMW jetzt nach. Robin Frijns erzielte in der Abend-Session am Samstag die beste Rundenzeit bei den Testfahrten. Der Niederländer benötigte 1:38.971 Minuten für seinen schnellsten Umlauf auf dem 5,418 Kilometer langen Wüstenkurs. Frijns unterbot damit sogar die Pole-Zeit aus dem Vorjahr, aufgestellt von Porsche-Fahrer Matt Campbell in 1:39.347 Minuten.

Das Hypercar-Feld rückt enger zusammen

Die schnellsten Rundenzeiten spielen in der Langstrecken-WM mit ihren 6- bis 24-stündigen Rennen sicherlich nicht die Hauptrolle, geben aber zumindest einen Hinweis auf das Leistungspotenzial. Ob bei den Testfahrten alle Teams ihre Karten auf den Tisch gelegt haben, darf wie üblich bezweifelt werden. Fakt ist aber: Sechs der acht Hersteller lagen in der kombinierten Zeitenliste innerhalb von neun Zehntelsekunden.

Dabei machten drei Marken die Top-6 unter sich aus: BMW, Cadillac und Ferrari. Der #20 BMW (Rene Rast, Robin Frijns, Sheldon van der Linde) führte das Klassement mit 0,145 Sekunden Vorsprung vor dem #38 Cadillac des neuen Einsatzteams Jota (Earl Bamber, Sebastien Bourdais, Jenson Button) an. Mit drei Hundertstelsekunden Abstand folgte der gelbe #83 Ferrari 499P von AF Corse (Robert Kubica, Yifei Ye, Phil Hanson) an dritter Stelle.

Der zweite BMW mit der Startnummer #15 (Dries Vanthoor, Raffaele Marciello, Kevin Magnussen) folgte auf P4, dahinter der #12 Cadillac V-Series.R (Alex Lynn, Norman Nato, Will Stevens) sowie Ferraris Le-Mans-Sieger Antonio Fuoco, Miguel Molina und Nicklas Nielsen. Weniger als vier Zehntelsekunden trennten die Top-6, wobei die schnellsten Zeiten allesamt in der letzten Session am Samstagabend erzielt wurden.

Mick Schumacher und Alpine können sich einiges ausrechnen

Alpine mauserte sich beim WEC-Debüt 2024 auf Anhieb zur vierten Kraft in der WEC hinter Porsche, Toyota und Ferrari. Zumindest die Ergebnisse der Testfahrten vermitteln aus Alpine-Sicht ein ähnliches Bild: Mick Schumacher führte den #36 Alpine A424 mit seinen neuen Teamkollegen Frederic Makowiecki (kam von Porsche) und Jules Gounon (vom Ersatz- zum Stammfahrer befördert) auf die vierte Position.

Schumacher, der sich nach vergangenen Formel-1-Ambitionen nun erst einmal voll auf die WEC konzentrieren will, legte seine schnellste Runde in 1:35.505 Minuten zurück - 0,534 Sekunden Rückstand zu Spitzenreiter Frijns. Der Schwester-Alpine (Ferdinand Habsburg, Charles Milesi, Paul Loup Chatin) reihte sich mit 1,4 Sekunden Abstand auf P13 ein. "Ich denke, dass wir das Auto immer besser verstehen", sagte Schumacher in Katar. "Es macht einen riesengroßen Unterschied, dass ich jetzt eine Saison Erfahrung in der WEC habe. Ich bin bereit und freue mich darauf, loszulegen."

Alpine hat über den Winter ein Update im Motorenbereich entwickelt, das die Zuverlässigkeit - 2024 in Le Mans fielen beide Autos wegen Motorenschäden aus - weiter verbessern soll. Schumacher hat selbst ein 'Update' im Gepäck: einen knallgelben Helm, der das gold-weiße Design aus der Vorsaison abgelöst hat. Die neue Bemalung erinnert an die früheren Formel-Nachwuchszeiten des 25-Jährigen, wobei der Drache auf der Rückseite des Helms an Ort und Stelle geblieben ist.

Neues Auto & Teamkollegen für Mick Schumacher! (05:36 Min.)

Aston Martin fährt - aber noch hinten herum

Die WEC-Konkurrenz fragt sich: Welches Potenzial hat Neueinsteiger Aston Martin? Die Briten steigen dieses Jahr mit zwei V12-Valkyries ein, die als einzige Hypercars auf einen Hybridantrieb verzichten. Das könnte der Zuverlässigkeit zugute kommen, nicht aber unbedingt dem Speed. Bei den Katar-Tests waren die beiden Autos mit den Startnummern #007 (Harry Tincknell, Tom Gamble, Ross Gunn) und #009 (Alex Riberas, Marco Sörensen, Roman de Angelis) nur auf den Positionen 15 und 17 zu finden.

Aston Martin teilte sich die letzten Plätze mit einem Peugeot 9X8 und dem weiß-grünen Kunden-Porsche 963 des deutschen Teams Proton Competition. Der schnellste Valkyrie wies mit einer persönlichen Bestzeit von 1:41.089 Minuten (Tincknell) einen deutlichen Rückstand von 2,118 Sekunden auf. Positiv: Die beiden von The Heart of Racing (THOR) eingesetzten LMH-Autos spulten zusammen 549 Runden ab. Größere technische Probleme waren nicht zu verzeichnen, nur zwei Dreher der #007 kosteten Streckenzeit.

WEC, Katar, Testfahrten, Aston Martin, #007
WEC-Neueinsteiger: Der Aston Martin Valkyrie, Foto: Aston Martin

Porsche erleidet seltenen Motorschaden

Porsche überzeugte in der Saison 2024 mit enormer Zuverlässigkeit und wurde mit dem Gewinn der Fahrer-Weltmeisterschaft durch Kevin Estre, Laurens Vanthoor und den abgewanderten Andre Lotterer belohnt. Zum Auftakt ins neue WEC-Jahr erlebten die Zuffenhausener allerdings einen seltenen Motorschaden am Freitag. Der #6 Porsche 963 (Kevin Estre, Laurens Vanthoor, Matt Campbell) konnte die Testfahrten mit einem Austausch-Aggregat jedoch fortsetzen.

"Das war der erste Motorschaden, den wir nach 420.000 Kilometern in einem der Autos auf der Strecke hatten", wurde Porsches LMDh-Leiter Urs Kuratle von Sportscar365 zitiert. "Das war unnötig. Wir sind aber sehr zuversichtlich, das Problem verstanden zu haben." Der defekte Motor, der bei der Hälfte seiner Lebenszeit gewesen sei, wird jetzt zuhause in Weissach untersucht.

Am Freitagabend erzielte der neue Werksfahrer Julien Andlauer im #5 963 (Julien Andlauer, Michael Christensen, Mathieu Jaminet) die beste Rundenzeit aller drei Porsche in 1:39.873 Minuten - P10 im Gesamtklassement.

WEC, Katar, Testfahrten, Porsche, #6, Estre, Vanthoor, Box
Porsche startet als amtierender Fahrer-Weltmeister in die WEC-Saison 2025, Foto: Porsche AG

Weltmeister Toyota tut sich wieder schwer in Katar

Die amtierenden Marken-Weltmeister von Toyota könnten erneut einen schwierigen Saisonauftakt erleben. Katar lag den Japanern schon 2024 nicht, und die jüngsten Testfahrten ergaben ein ähnliches Bild: Der schnellste Toyota GR010 Hybrid, die #7 mit Mike Conway, Kamui Kobayashi und Nyck de Vries, landete mit 0,578 Sekunden Rückstand auf P8. Das #8 Schwesterauto (Sebastien Buemi, Brendon Hartley, Ryo Hirakawa) belegte mit 1,1 Sekunden Abstand den achten Platz in der kombinierten Zeitenliste.

"Wir sind aktuell nicht die schnellsten Autos, und ich zweifle daran, dass sich das ändern wird", sagte der frühere Formel-1-Fahrer Hartley. Teamkollege de Vries ergänzte: "Es ist derzeit schwierig, die Situation einzuschätzen. Ich erwarte aber ein herausforderndes Rennen für uns." Die Pace auf einer Runde sei in Ordnung, hieß es aus dem Team, doch die Long Runs scheinen ein Problem zu sein. 2024 landete Toyota in Katar auf den Plätzen fünf und acht. Manche Konkurrenten warfen den Japanern ein 'Sandbagging' mit Blick auf eine vorteilhafte BoP in Le Mans vor, was Toyota vehement bestritt.