Keine Institution der MotoGP stand in den vergangenen Jahren derart heftig in der Kritik wie das FIM MotoGP Stewards Panel. Dieses Gremium entscheidet über Strafen in allen Klassen der Motorrad-Weltmeisterschaft. Vor allem Freddie Spencer, der das Stewards Panel seit der Saison 2019 leitete, wurde immer wieder fehlende Konstanz in seinen Entscheidungen und mangelnde Kommunikation mit den betroffenen Fahrer und Teams vorgeworfen.
MotoGP-Stewards-Panel: Simon Crafar beerbt Freddie Spencer
Im vergangenen Sommer zog die MotoGP schließlich die Konsequenzen und gab das Ausscheiden von Spencer mit Saisonende 2024 bekannt. Für die Saison 2025 wurde nun Simon Crafar als neuer Vorsitzender des Stewards-Panel installiert. Der Neuseeländer, der zwischen 1993 und 1999 als Fahrer an insgesamt 32 Grands Prix teilnahm und 1998 in Donington das 500ccm-Rennen gewinnen konnte, arbeitete nach seiner aktiven Karriere als Fahrwerkstechniker und ab 2018 als Reporter für MotoGP-Promoter Dorna.

Fahrer, Teams und Hersteller setzten vor Saisonbeginn große Hoffnungen in den neuen Chef-Steward und wurden zumindest beim Auftakt in Thailand nicht enttäuscht. Crafars erste relevante Amtshandlung war eine Bestrafung für Franco Morbidelli, der im Training am Freitag Francesco Bagnaia blockiert hatte und deshalb für das Rennen am Sonntag in der Startaufstellung um drei Positionen nach hinten versetzt wurde.
MotoGP-Fahrer loben Chef-Steward Simon Crafar
Morbidelli, kein Unbekannter im Stewards-Büro, lobte anschließend die neue Arbeitsweise der Stewards unter Crafar: "Es gab heute einen viel besseren Austausch als in der Vergangenheit." Auch Bagnaia zeigte sich zufrieden: "Simon Crafar hat die Situation sehr gut verstanden." Auch die Uneinsichtigkeit in Bezug auf eigene Fehler, mit der die Stewards in den vergangenen Jahren oft für Ärger gesorgt hatten, scheint gewichen zu sein.

Im Moto3-Rennen am Sonntag drängte David Munoz seinen Rivalen Luca Lunetta von der Strecke und wurde dafür sofort mit einer Longlap-Penalty bestraft. In einer weiteren Analyse nach dem Grand Prix entdeckten Crafar und seine Kollegen allerdings, dass das Vergehen unter Gelben Flaggen stattgefunden hatte. Es wurde daher als 'außergewöhnlich riskant' eingestuft und Munoz' Strafe von einer Longlap-Penalty - die er aufgrund eines Sturzes wenig später nicht verbüßen konnte - in einen Start aus der Boxengasse für das nächste Rennen umgewandelt. Eine Herangehensweise, die es in dieser Form unter Freddie Spencer nie gegeben hatte.
MotoGP-Rennleitung steht zu Fehlern
Positiv erwähnt sein soll in diesem Zusammenhang auch das Verhalten der MotoGP-Rennleitung am Freitag sein. Sie hatte im Training Francesco Bagnaia eine Runde gestrichen, die ihm den direkten Einzug in Q2 verschafft hätte. Grund dafür waren Gelbe Flaggen, die ja automatisch zur Aberkennung von Rundenzeiten führen. Wie sich später herausstellte, wurden die Flaggen allerdings aufgrund eines menschlichen Fehlers zu Unrecht geschwenkt. Bagnaias Runde wäre also regelkonform gewesen, das Reglement sieht aber vor, dass Streichungen von Rundenzeiten nicht zurückgenommen werden können. Anstatt sich einfach darauf auszuruhen, wählte Rennleiter Mike Webb den Weg an die Öffentlichkeit. "Wir können die Streichung nicht zurücknehmen, aber wir können uns bei Bagnaia und dem Ducati Lenovo Team entschuldigen - und das machen wir hiermit", so Webb in einem offiziellen Statement.
In diesem Bereich gibt es auch noch Raum zur Verbesserung für die MotoGP-Stewards. Sie dürfen ihre Entscheidungen nach wie vor nur durch mittels ihrer Strafbenachrichtigungen kommunizieren. Genauere Erklärungen in Form von Interviews oder Medienrunden wurden ihnen durch die Chefetage der MotoGP untersagt. Würde man den Stewards diesen Maulkorb noch abnehmen, würde dies zweifelsohne das Vertrauen in ihre Institution sowie ihre Arbeit weiter stärken und den Sport vor allem für Fans noch einfacher begreifbar machen. Ein erster wichtiger Schritt in Richtung größerer Transparenz und besserer Verständlichkeit der Strafen ist unter der Führung von Simon Crafar aber bereits gelungen - und dieser ist für die MotoGP extrem wichtig.
Für Verwirrung sorgte am Thailand-Wochenende einmal mehr die Reifendruckregel der MotoGP. Wieso Marc Marquez im Rennen freiwillig die Führung abgab und zu Mathematikaufgaben gezwungen war, erfahrt ihr in unserem Video:
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