Viel Aufhebens wurde rund um den Ferrari-Launch um diese eine Ansage gemacht: Das Auto ist 99 Prozent neu. Etwas, das augenscheinlich den Schwierigkeitsgrad des Teams für die neue Saison der Formel 1 weiter anhebt. Denn schon in den nächsten drei Monaten müssen alle Teams ihre 2025-Programme aufgrund der anstehenden Regel-Revolution schrittweise abdrehen. Ferrari sieht den Spagat trotzdem als kein großes Problem.

Grundsätzlich ist zumindest bei den Spitzenteams von Folgendem auszugehen: Bis spätestens Juni müssen die letzten Updates für das aktuelle Auto abgesegnet werden. "Nach Juni können wir nicht mehr reagieren, weil die Vorlaufzeit für große Teile sehr wichtig ist", erklärt Ferrari-Teamchef Fred Vasseur. "Im Sommer werden wir uns schon voll auf 2026 fokussieren."

Die 2026 komplett neuen Aerodynamik-Regeln nicht zu verschlafen ist natürlich immens wichtig. Erst recht, da die Formel 1 heute den Teams zahlreiche Einschränkungen bei Aerodynamik-Tests mit Windkanal und CFD auferlegt. Ein oder zwei der vom Reglement definierten Sessions könne man vielleicht noch im Sommer auf kleinere Updates für die letzten Rennen 2025 verwenden, meint Vasseur: "Aber nicht nach September, Oktober. Dann macht es keinen Sinn mehr."

Die Saison 2025 wird also, so Vasseurs Prognose, von zwei Dingen entschieden. Einmal natürlich, wie gut das Auto vom ersten Test weg performt. "Und das erste Upgrade, dass wir ans Auto bringen, wird für die Saison entscheidend sein. Und natürlich werden wir früh in der Saison etwas bringen."

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Spätestens dann sollte das Team eine Vorstellung haben, ob man sich in einem WM-Kampf befindet und ob man noch Ressourcen in Kleinteiliges für den Herbst investieren sollte. Jetzt muss das Team zugleich aber ein nach eigenen Aussagen zu 99 Prozent neues Auto in diesem Zeitraum auch verstehen, und teilweise jetzt, spätestens aber nach den drei Testtagen in Bahrain, die finalen Entscheidungen für diese entscheidenden Updates treffen.

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Das klingt zuerst einmal nach einem immensen Risiko. Aber was bedeutet "99 Prozent neu" eigentlich? Natürlich hat sich das Team jedes Teil des vorjährigen Autos angeschaut und zu verbessern versucht. Aber man hat sicher nicht bei null begonnen, mahnt Vasseur: "Das 2025er-Auto ist eine Erweiterung des 2024er-Autos."

"Da sind alle Teams in der gleichen Lage", meint Vasseur. "Egal, ob man größere Änderungen vorgenommen hat oder nicht. Letztendlich ist es immer eine Erweiterung des Vorgängers." Man sieht es auch bei genauerem Hinschauen: Viele Design-Ideen am neuen SF-25 wurden aus dem Vorjahr weitergedacht. Nur weil man überall nachentwickelt hat, heißt das nicht, dass man alles Alte weggeworfen hat.

So hatte auch der amtierende Konstrukteurs-Weltmeister McLaren bei seinem Launch einige Tage davor angekündigt, mit dem neuen MCL39 auf Risiko gegangen zu sein. Auch dort soll fast alles weiterentwickelt worden sein. So klingt die 99-Prozent-Aussage bei Ferrari eigentlich dramatischer als sie ist.

Wobei Ferrari zumindest eine größere Herausforderung hat: Sie haben sich doch noch einmal zu einer Änderung des Konzepts der Vorderrad-Aufhängung hinreißen lassen. Diesen wichtigen Grundbereich ließ McLaren unangetastet. Was es alles mit der Ferrari-Technik auf sich hat, könnt ihr hier im Technik-Check nachlesen.