Wann sitzt Lewis Hamilton zum ersten Mal am Steuer eines Ferrari-Formel-1-Boliden? Beim Test nach dem Saisonfinale 2024 in Abu Dhabi durfte der Rekordsieger der Formel 1 noch nicht für sein neues Team ran, Mercedes erteilte Hamilton keine Freigabe. Am 31. Dezember aber endet der Vertrag zwischen Hamilton und Mercedes, ab 01. Januar 2025 ist der Brite Ferrari-Angestellter.
Spätestens am 19. Februar wird er wohl zum ersten Mal einen roten Formel-1-Boliden pilotieren. Für diesen Tag hat die Scuderia die Präsentation des 2025er Autos inklusive Jungfernfahrt angekündigt. Wahrscheinlich aber muss sich Lewis Hamilton gar nicht mehr so lange gedulden.
Denn Ferraris Testmöglichkeiten sind hinlänglich bekannt. Mit Fiorano und Mugello hat man zwei eigene Rennstrecken in unmittelbarer Nähe zur Fabrik und mit Imola gibt es eine weitere Möglichkeit, Formel-1-Autos zu testen. Hamilton könnte sich dabei in einem älteren Boliden mit den Abläufen der Scuderia und den Besonderheiten der Boliden vertraut machen.

Teamchef Fred Vasseur wollte sich bei der traditionellen Ferrari-Weihnachtsfeier beim Hamilton-Debüt nicht in die Karten schauen lassen. "Wir haben noch nichts entschieden. Es könnte ein Pirelli-Test sein oder ein TPC. Es wird auch vom Wetter abhängen."
Für das Akklimatisieren nutzen die Teams gerne Testmöglichkeiten nach dem TPC-Reglement (Testing of Previous Cars). Dabei dürfen Autos bewegt werden, die älter als eine Saison sind. Deshalb kam es 2024 zum exzessiven Testbetrieb, weil mit der Fahrzeuggeneration 2022 erstmals Ground-Effect-Autos für TPC-Tests zugelassen waren.
2025 darf entsprechend mit 2023er Autos getestet werden. Ferrari wird das TPC-Programm vom SF-75 auf den SF-23 umstellen. Allerdings sind die Gelegenheiten 2025 deutlich stärker beschränkt. Pro Team dürfen nur noch maximal 20 TPC-Tage abgehalten werden, Einsatzfahrer dürfen über die gesamte Saison hinweg nur maximal vier dieser Tage absolvieren und dabei insgesamt nicht mehr als 1.000 Kilometer zurücklegen.

Sind die neuen Restriktionen ein Nachteil für Hamiltons Ferrari-Beginn? "Ich glaube, das ist eher für Antonelli als für Lewis [relevant]", meint Vasseur. Im Gegensatz zu dessen Nachfolger bei Mercedes hat der siebenmalige Weltmeister bereits den ein oder anderen Formel-1-Kilometer auf dem Buckel.
Trotzdem unterschätzt Vasseur die Eingewöhnungsphase nicht: "Wenn man nur sechs Wochen hat, dann ist es nicht einfach - aber er kommt bereits mit Erfahrung. Er ist nicht der Rookie des Jahres. Ich bin nicht besorgt, aber es ist eine Herausforderung." Vor dem Saisonstart am 16. März in Melbourne gibt es nur drei offizielle Testtage in Bahrain. "Wenn man dann einen Sandsturm dort hat, dann wird es hart. Aber es ist für alle hart. So ist es nun mal."
Kein Mercedes-Umfeld für Hamilton bei Ferrari
Zumindest im Simulator wird Hamilton dann die Ferrari-Abläufe und das Lenkrad kennenlernen - und auch sein Ingenieurs-Team. Denn Ferrari verzichtete auf eine große Einkaufstour in Hamiltons direktem Ingenieurs-Umfeld. Auch Renningenieur Peter Bonnington bleibt bei Mercedes und geht nicht mit Hamilton nach Maranello.

"Ich glaube nicht, dass wir ein Copy & Paste von Mercedes machen müssen", stellt Vasseur klar. "Das Umfeld hat am Anfang sehr gut funktioniert, aber am Ende etwas weniger. Wir müssen unseren eigenen Weg finden, Lewis am besten zu managen. Ich kenne ihn ziemlich gut, aber ich will nicht das kopieren, was er in der Vergangenheit gemacht hat. Mercedes war in den letzten drei Jahren nicht Weltmeister. Das bedeutet, dass wir etwas anders machen müssen - und das werden wir mit unserem Team, unseren Leuten und unseren Ressourcen."
Fred Vasseur und Lewis Hamilton: Seit 20 Jahren in Kontakt
Vor allem zu Beginn der Mercedes-Ära hatte Hamilton aber nicht nur ein Ingenieurs-Umfeld, in dem er sich rundum wohlfühlte. Mit Niki Lauda hatte er eine Vertrauensperson, die ihn erst dazu bewegen konnte, von McLaren zu Mercedes zu wechseln. Bei Ferrari könnte Vasseur selbst diese Rolle einnehmen.
Er war es, der den Kontakt zu Hamilton Beginn des Jahres 2024 herstellte. Die beiden kennen sich seit Jahrzehnten, 2006 wurde Hamilton mit Vasseurs ART-Team GP2-Champion. Während des Trennungsjahres von Mercedes gab es durchaus weiter Kontakt mit seinem zukünftigen Chef bei Ferrari.

Vasseur spielt das aber herunter: "Ich hatte mit Lewis über die letzten 20 Jahre hinweg Kontakt. Dieses Jahr waren wir aber etwas vorsichtiger, wenn es um technische Dinge ging. Wir haben nicht darüber gesprochen, auch aus Respekt für Mercedes."
Gesprochen wird bei Vasseur und Hamilton auf Englisch. Ob sich beide bald auf Italienisch unterhalten können? Der Brite soll Gerüchten zufolge fleißig lernen. Vasseur aber tut sich bislang schwer, die Sprache zu lernen. Der Franzose ist seit zwei Jahren Ferrari-Teamchef und lebt seither in Italien. Dafür kann er ihm anderweitig Tipps geben. "Aus Gewichtsgründen weniger Pasta essen", scherzt Vasseur.
Ferrari-Teamchef: Nie Zweifel an Hamiltons Performance
Der Pasta von Mama Rosella, die direkt neben der Ferrari-Teststrecke im Ristorante Montana kocht, war Michael Schumacher auch nicht abgeneigt. Nicht nur deshalb lernte er nach seinem Wechsel zu Ferrari eifrig Italienisch und gewann so nicht nur die Herzen der Tifosi, sondern auch die des Teams. Sebastian Vettel tat es ihm bei seinem Wechsel zur Scuderia gleich.
Lewis Hamiltons zukünftiger Teamkollege Charles Leclerc spricht seit jeher perfekt Italienisch. "99 Prozent des Jobs ist auf Englisch", wirft Vasseur ein. "Es ist vielleicht ganz gut, für die Beziehung zu den Mechanikern und zum Team etwas Italienisch zu sprechen, aber ich bin mir nicht sicher, ob es für die Performance entscheidend ist."
Entscheidender sind dafür die Fähigkeiten im Cockpit. Und darüber gab es bei Hamilton 2023 durchaus Zweifel - vor allem in der Qualifikation. "Aber die Punkte gibt es am Sonntag", wirft Vasseur ein. "Und ich glaube nicht, dass sein Qualifying in Abu Dhabi etwas mit seiner Performance zu tun hatte. Er fuhr die letzten Events sehr stark. Ich war nie besorgt über die Situation und ich bin es überhaupt nicht."
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