Als nach dem Zandvoort-Wochenende Williams einen Fahrerwechsel verkündete, rief das gemischte Reaktionen hervor. Weniger aufgrund des Abschieds von Logan Sargeant, der auch in seiner zweiten Formel-1-Saison nicht zu überzeugen wusste, sondern vielmehr, weil viele an der F1-Tauglichkeit von Franco Colapinto zweifelten, der in der Formel 2 nicht zu den Spitzenpiloten zählte.

Doch nachdem er drei Rennen in der Formel 1 bestritten hat, hat sich das Ansehen des Argentiniers massiv gebessert. Denn Colapinto war auf Anhieb näher an Albon dran als Sargeant und sammelte in seinem zweiten Grand Prix bereits mehr Punkte als der US-Amerikaner in zwei F1-Jahren.

Franco Colapinto bringt Williams Millionen: Sponsoren und WM-Punkte

Innerhalb des Teams bejubelt man den Coup, den man mit Colapinto bisher landen konnte. Von Teamchef James Vowles erntete er viel Lob: "Er hat einen herausragenden Job gemacht. Er kam auf Anhieb stark rein und fand sich seitdem gut zurecht. Dass er in seinem erst zweiten Grand Prix Punkte sammeln konnte und nur wenige Sekunden hinter Alex (Albon) war, ist außergewöhnlich."

Auch durch die Punkte von Colapinto überholte Williams nach Baku Alpine in der Konstrukteurs-WM und belegt nun dort den achten Rang. Jeder Platz ist Millionen wert und der Wert von Colapinto, der gleichzeitig auch noch neue Sponsoren aus seinem Heimatland an Land ziehen konnte, für das Team somit nicht unerheblich. "Wir wussten, dass er schnell war, deshalb setzten wir ihn ins Auto. Aber wir erwarteten, dass es mehr Zeit benötigen würde, ehe er in Schwung kommt", berichtete Vowles von seinem Erstaunen über die Leistungen des 21-Jährigen.

Ruhig und druckresistent: Das gefällt James Vowles so an Colapinto

Das Baku-Wochenende brachte ihm besonders viele Lorbeeren ein, und das, obwohl Colapinto im Training sein Auto in der Wand versenkte. Vowles bemerkte: "Er kam auf eine neue Strecke und war direkt bei der Pace dabei. Dann nach seinem Unfall in FP1 so gut zurückzukommen, das ist eine Herausforderung. Aber er ist sehr gut darin, den Druck zu schultern und einfach zu liefern."

Als beeindruckendste Qualität des Rookies benannte Vowles dessen Fähigkeit, unter dem immensen Druck der Formel 1 seine Ruhe zu bewahren. "Man kann es an seiner Stimme hören, wenn man ihm am Funk zuhört. Er ist einfach unglaublich ruhig und besonnen", erzählt Vowles. "Das ist das Zeichen einer Person, die in der Lage ist mit dem umzugehen, was um sie herum passiert."

Alex Albon: Colapinto genau das, was wir brauchen

In Singapur verpasste Colapinto ein weiteres Punkte-Resultat nur um wenige Sekunden. Davor beeindruckte er aber mit einem riskanten und perfekt exekutierten Manöver am Start, das ihn erst in eine aussichtsreiche Position beförderte. Auch vor dessen Ausfall lag er vor Teamkollege Alex Albon. Der Thai-Brite war ebenfalls voll des Lobes für Colapinto – und das auch schon vor dem Singapur-Wochenende: "Er ist für uns als Team genau das, was wir brauchen. Wir müssen Punkte sammeln, für unseren Kampf in der Meisterschaft."

Williams-Duo Franco Colapinto und Alexander Albon im Paddock
Alex Albon streut seinem Williams-Teamkollegen Rosen, Foto: LAT Images

"Er hat massiv beigetragen und seine Pace war von Beginn an stark", stellte auch Albon fest. Eine Behauptung, die sich über seinen Ex-Teamkollegen Sargeant wohl nicht treffen ließ. Überraschungen seien Colapintos Leistung für Albon jedoch keine gewesen: "Er war beim Abu-Dhabi-Test im letzten Jahr schnell und er war beim FP1 in Silverstone in diesem Jahr schnell. Das Team wusste, dass seine Pace sofort da sein würde."

Den wahren Unterschied macht aber auch Albon in der mentalen Stärke von Colapinto aus. "Seine Herangehensweise an Rennwochenenden war besonders stark", so Albon. Was Colapinto ebenfalls zu einem passenden Teamkollegen des ehemaligen Red-Bull-Piloten macht, ist sein Fahrstil. Dieser ist laut Albon vergleichbar mit seinem eigenen.

Doch diese Rolle nimmt er nur bis zum Saisonende ein. Denn anschließend ist bereits Carlos Sainz fix als Williams-Fahrer bestätigt. Colapinto steht ohne ein Formel-1-Cockpit da. Angesichts seiner jüngsten Leistungen soll er allerdings bei Sauber auf der Liste stehen. Die zukünftige Audi-Mannschaft ist abgesehen von den Racing Bulls das einzige Team in der Königsklasse, das noch einen Sitz für das nächste Jahr zu vergeben hat. Im Moment ist Colapinto vertraglich noch an Williams gebunden, Vowles kündigte aber an, dass er Gesprächen mit Sauber nicht abgeneigt sei.