Der plötzliche Wechsel des FIA-Rennleiters in der Formel 1 sorgt am Mittwochabend vor dem Las-Vegas-GP für merklich ratlose Fahrer. Einheitlich der Tenor: Niemand wusste davon. Der Zeitpunkt ist für niemanden so recht verständlich. Selbst die größten Kritiker von Ex-Rennleiter Niels Wittich können der plötzlichen Entlassung nichts abgewinnen.
Wie unübersichtlich es ist, scheint schon aus der Art und Weise ersichtlich, wie die Fahrer darüber sprechen. Wittichs Nachfolger Rui Marques wird kaum genannt, für viele ist er bloß "der Neue". Kaum jemand aus dem F1-Fahrerlager kennt Marques, der aus den Nachwuchsklassen und dem Tourenwagensport kommt, wirklich. Und da Marques zwischen Bekanntgabe und Las Vegas den Macau-GP im weit entfernten Asien leiten musste, wird er sich den Fahrern erst im Fahrerbriefing nach den ersten Trainings vorstellen können.
"Es ist immer noch etwas seltsam, jetzt einen neuen Rennleiter zu haben", wundert sich Max Verstappen ob dieser zeitlichen Umstände. "Das machst du vielleicht nach der Saison. Dann hat der Rennleiter auch mehr Zeit, sich überall einzuarbeiten, und hat obendrauf den Test. Da kommst du in die Rolle etwas besser rein."
Auch von Fahrerseite ist es nicht ideal. Wie handhabt Marques die Details an einem Rennwochenende? "Es ist wie mit neuen Ingenieuren zu arbeiten, man muss sich aneinander gewöhnen, die Handschrift kennenlernen", vergleicht Nico Hülkenberg. "Natürlich beeinflusst es uns auf der Strecke kaum. Aber er hat vielleicht ein leicht anderes Herangehen, wann er ein VSC einsetzt, oder eine rote Flagge. Menschen sind unterschiedlich. Also bin ich mir sicher, dass es Unterschiede geben wird."
Fahrer sehen keinen Grund für Entlassung von Niels Wittich
Grundsätzlich bleiben die Fahrer locker. "Sie haben entschieden, wir müssen damit umgehen", winkt Verstappen ab. Nötig ist das Ganze aber nicht. "Er hat einen guten Job gemacht, war ehrlich mit uns", so Hülkenberg über Wittich. Alex Albon stimmt zu: "Niels hatte wohl den härtesten Job im Fahrerlager. Ich dachte auch, dass er ihn gut machte, und es so gut wie möglich ausbalanciert hat."
Selbst Fahrer, die an diversen Punkten 2024 sich über Abläufe der Rennleitung beschwerten, sehen den Sinn nicht. Wie etwa Verstappen, der sich zuletzt in Brasilien über das Timing von roten Flaggen aufregte, oder Oscar Piastri, der sich gemeinsam mit McLaren im Sommer über die Prozeduren bei Track-Limit-Verstößen stritt.
"Es gab ein paar Dinge, die wir verbessern wollten, und manche wurden besser, andere nicht", so Piastri. "Auf keinen Fall war für irgendwas davon eine sofortige Entlassung gerechtfertigt. Oder wie auch immer es genannt wurde, aber die Realität scheint etwas anders zu sein als die Formulierung."
Veteran Kevin Magnussen vermisst Alt-Rennleiter Charlie Whiting
Für viele der jungen Fahrer ist das Thema einer kontroversen Rennleitung Standard. Die verbleibenden Älteren im Feld hingegen denken jetzt erst recht wehmütig an den 2019 verstorbenen langjährigen Rennleiter Charlie Whiting zurück. "Er war jemand, dem wir uns wirklich verbunden fühlten", beschreibt Kevin Magnussen. "Und wir hatten immer das Gefühl, dass er uns zuhört."
"Während es jetzt ein Gefühl von 'Wir gegen Euch' ist", so Magnussen. "Es sollte auf jeden Fall eine Kooperation sein, eine engere Verbindung zwischen ihnen und uns. Wir helfen uns schließlich gegenseitig. Hoffentlich geht es mit dem neuen Typen da in die richtige Richtung."
Denn eines steht fest: Für die Fahrer ging es in den letzten Tagen absolut in die falsche Richtung. Erst kurz vor dem Wittich-Aus hatten sie im Namen der Fahrer-Gewerkschaft GPDA eine Stellungnahme veröffentlicht und darin fehlende Transparenz und Kommunikation vor allem durch den FIA-Präsidenten Mohammed Ben Sulayem kritisiert. Eine Antwort darauf gab es noch immer nicht. Mehr dazu von GPDA-Vertreter George Russell gibt es hier:
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