Es ist soweit: An diesem Wochenende, 15./16. Juni 2024, steht die 92. Ausgabe der 24 Stunden von Le Mans auf dem Programm. Dabei duellieren sich in diesem Jahr in Folge des weltweiten Langstrecken-Booms ganze neun unterschiedliche Hersteller um den prestigeträchtigen Gesamtsieg. Mit dabei ist zum ersten Mal auch das LMDh-Auto von BMW.

Am Steuer des #15 BMW wird mit Marco Wittmann auch auf Fahrerseite ein Le-Mans-Neuling Platz nehmen. Keine leichte Aufgabe, zumal die Hypercar-Autos nach wie vor vergleichsweise neu sind. Zwar absolvierte Wittmann zusätzlich zu den drei WEC-Rennen in diesem Jahr auch 2023 drei Starts in der US-amerikanischen Sportwagenmeisterschaft IMSA mit dem BMW M Hybrid V8, dennoch hat auch der 34-Jährige noch Lernbedarf. "Ich würde sagen, ich bin tatsächlich noch nicht bei 100 Prozent", verriet Wittmann im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com.

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Neben der WEC geht Wittmann auch in der DTM für BMW an den Start, Foto: BMW M Motorsport

Wittmann: Ist ein schwieriges Rennauto

"Man muss es auch so ehrlich sehen: Es gibt relativ wenig Fahrzeit", gab Wittmann zu bedenken. Auch die Charakteristiken des LMDh-Autos von BMW machen dem zweifachen DTM-Champion die Eingewöhnung nicht einfach. "Es ist sehr komplex mit den ganzen Systemen, auch mit Blick auf das Fahrverhalten", so Wittmann. "Es ist tatsächlich ein schwieriges Rennauto. Und das macht es auch so schwierig, die richtige Abstimmung und die ultimative Performance zu finden."

Warum sind LMDh-Autos so komplex?

Wittmann ist nicht der erste BMW-Pilot, der von der Komplexität des mit einem ehemaligen DTM-Motor angetriebenen Boliden berichtet. Nach dem diesjährigen 24-Stunden-Rennen in Daytona zeigte sich auch der dreifache DTM-Champion Rene Rast beeindruckt von dem Auto - und verglich es gar mit der Komplexität der Formel 1. Was Wittmanns DTM-Teamkollege (Schubert-BMW) zu sagen hatte, lest Ihr in diesem Artikel:

Doch was macht ein LMDh-Auto überhaupt so komplex? "Es sind mehrere Faktoren", erklärte Wittmann. "Einerseits ist ein großer Faktor, dass du eigentlich das ganze Gewicht auf der Hinterachse hast. Du hast hinten Motor, Getriebe und die Hybrid-Einheit. Das ist ein Faktor, der das Auto sehr träge und schwierig zu fahren macht."

"Und dann natürlich die ganzen Themen mit Abstimmungen, Brake Balance, die Hybrid-Einheit mit der Regeneration und mit dem Brake-by-Wire", führte Wittmann weiter aus. "Das ist so komplex, weil du sehr viele verschiedene Abstimmungen fahren kannst, die aber auch mal genau in die falsche Richtung laufen könnten."

Der BMW mit der Nummer 24 auf der Strecke in Daytona am Tag.
Der LMDh-BMW bietet Fahrern und Ingenieuren zahlreiche Einstellungsmöglichkeiten, Foto: LAT Images

Genau diese zahlreichen Einstellungsmöglichkeiten bereiten den Piloten nicht nur in der Zusammenarbeit mit den Ingenieuren Herausforderungen, sondern auch beim Fahren selbst. "Es ist nicht so, dass du im Auto sitzt, 30 Runden am Stück fährst und nichts verstellst. In Imola musste ich alle zwei Runden etwas verstellen, was extrem ist", offenbarte Wittmann.

Dies sei ein deutlicher Unterschied zu GT3-Rennwagen, oder den bis Ende 2020 in der DTM zum Einsatz kommenden Class-1-Autos, so Wittmann weiter. "Du musst mitdenken beim Fahren. Das ist schon ein bisschen die Schwierigkeit, weil du dich nicht zu 100 Prozent voll aufs Rennfahren oder vielleicht auf die jeweilige Kurve konzentrieren kannst."

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Wittmann geht im #15 BMW gemeinsam mit Raffaele Marciello und Dries Vanthoor an den Start, Foto: DPPI/WEC

Wittmann nicht der einzige BMW-Debütant in Le Mans

Wittmann ist nicht der einzige Pilot im hochkarätigen BMW-Fahreraufgebot in der Hypercar-Klasse der WEC, der an diesem Wochenende sein Debüt beim Langstrecken-Klassiker gibt. Mit Wittmanns Teamgefährten Raffaele Marciello im #15 BMW sowie Sheldon van der Linde im Schwester-BMW mit der Startnummer #20, sind zwei weitere Le-Mans-Neulinge dabei.

Neben Marciello komplettiert Dries Vanthoor das Fahrer-Aufgebot im #15 BMW, der bereits viermal in Le Mans an den Start ging. Für den Belgier ist es allerdings die erste Le-Mans-Teilnahme in einem gesamtsiegfähigen Auto. BMW bekommt es im Streben nach dem Gesamtsieg mit starker Konkurrenz zu tun: Neben den Münchnern gesellen sich auch Lamborghini, Alpine und Isotta Fraschini mit ihren Prototypen zum ersten Mal zu den bereits etablierten Herstellern um Vorjahressieger Ferrari, Toyota, Cadillac, Porsche und Peugeot.

Im Vorjahr gewann Ferrari in Le Mans, Foto: Ferrari
Im Vorjahr gewann Ferrari in Le Mans, Foto: Ferrari

Gelingen Wittmann in Le Mans die ersten WEC-Punkte?

Zumindest an den ersten drei WEC-Rennwochenenden 2024 machten diese etablierten Hersteller auch den Sieg unter sich aus. Beim Saisonauftakt in Katar gewann der WM-Führende #6 Werks-Porsche (Estre/Lotterer/L. Vanthoor), während in Imola und zuletzt in Spa der #7 Toyota (Conway/de Vries/Kobayashi) sowie der #12 Jota-Kundenporsche (Ilott/Stevens) triumphierten.

Für BMW blieb Platz sechs für den #15 BMW (Frijns/Rast/van der Linde) beim 6-Stunden-Rennen in Imola das Höchste der Gefühle. Dem #20 BMW von Wittmann, Marciello und Vanthoor gelang hingegen noch nicht der Sprung in die Top-10. Die Piloten sind somit in der WEC-Saison 2024 noch punktlos. Kommt es in Le Mans anders? Immerhin reist Wittmann nach seinem DTM-Sieg in Zandvoort mit Rückenwind im Gepäck nach Frankreich. Beim offiziellen Testtag zu den 24 Stunden von Le Mans belegte der bestplatzierte BMW Platz sechs. Alle Infos zum Test findet Ihr hier: