Yamaha fuhr den eigenen Ansprüchen trotz Steigerung im letzten Saisondrittel auch in der MotoGP-Saison 2024 deutlich hinterher. Doch immerhin bewegt sich etwas beim einstigen Motorrad-Giganten. Mit Max Bartolini wurde Anfang des Jahres erstmals ein technischer Direktor verpflichtet, und das von Branchenprimus Ducati. Außerdem könnte die heilige Kuh des Reihenmotors geopfert werden, denn ein V4 ist in Entwicklung. Mit Kopie der Konkurrenz hat das aber noch nichts zu tun.
Bartolini: Yamaha muss seinen eigenen Weg gehen
"Sie hatten vorher nie einen technischen Direktor. Ich glaube es ist wahr, was sie sagen. Sie denken zehnmal nach, bevor sie eine Sache machen", berichtete Bartolini von seinen ersten Eindrücken nach einigen Monaten bei den Japanern. Nun soll etwas europäischer Einfluss den Laden ausbalancieren: "Wir Europäer machen zehn Sachen und denken dabei nur einmal nach. Wenn wir die Herangehensweise zum Rennfahren ändern und beide Kulturen mischen, dann werden wir einen guten Kompromiss haben."

Dementsprechend nimmt der Italiener auch nicht einfach die Baupläne der Desmosedici im Kopf mit und ordnet den Bau einer Kopie an. Die Entwicklung einer neuen Yamaha-Identität soll und muss sich auch in der Technik des Motorrads widerspiegeln: "Du musst deinen eigenen Weg finden. Wenn du einfach jemand kopieren willst, dann funktioniert das normalerweise nie so wirklich. Du musst den Weg verstehen, der dich schneller macht. Ich bin also überzeugt, dass wir eine schnellere Yamaha bauen müssen und nicht etwas anderes."
Viele Baustellen bei Yamaha, noch mehr durch den V4-Motor
Doch dieser Weg ist nicht einfach. Das ganz große Problem hat die Yamaha nicht, stattdessen muss an zahlreichen Fronten gearbeitet werden: "Wir müssen das Motorrad in vielen Bereichen verbessern, darum ist es so schwierig. Wenn du nur eine Sache hast, die nicht funktioniert, dann behebst du das Problem und alles ist in Ordnung. Wenn du viele kleine Bereiche zu verbessern hast, dann braucht das viel Zeit und viel Arbeit." Doch die Fortschritte der letzten Rennen machen Hoffnung: "Ich denke wir sind auf dem richtigen Weg, denn zumindest haben wir nun verstanden, was zu tun ist."
Und obwohl Yamaha nicht nur an einem Punkt technischen Rückstand hat, so steht ein Bauteil dennoch im Mittelpunkt. Die Entwicklung eines V4-Motors läuft auf Hochtouren. Bisher setzt das Werk aus Iwata als einziges verbliebenes auf ein Reihenmotorkonzept. Der Umbau wird gewaltig: "Wenn du über den V4 sprichst, dann geht es nicht nur um den Motor an sich. Mit einem V4-Motor brauchst du ein komplett anderes Motorrad. Ein anderes Chassis, andere Gewichtsverteilung und auch andere Bauteile sind betroffen."
Hilft der neue Motor überhaupt? Entscheidung muss bereits 2025 fallen!
Und jetzt kommt erst noch der schlimme Teil. Erfolg ist alles andere als sicher: "Wir haben keine Ahnung, ob es schneller ist. Wir müssen erst den Motor und das dazugehörige Motorrad bauen. Dann sehen wir, ob es schneller ist - und dann treffen wir die endgültige Entscheidung." Fest steht in der Frage, ob V-Motor oder doch in Reihe, nur eines: Die Zeit drängt. Bartolini gibt die Deadline vor: "Wir müssen das 2025 entscheiden und hoffen dann auch die Informationen zu haben, um es entscheiden zu können."
Der Grund für diesen Zeitdruck ist schnell erklärt. Der Königklasse steht ein neues Reglement bevor. Davor muss Klarheit herrschen, denn: "2027 kommt näher und wir können nicht mehrere parallele Projekte entwickeln. Das verschlingt zu viel Zeit und Arbeit." Dabei bestätigt der neue technische Direktor nochmals, dass sich Yamaha nicht allein an der Konkurrenz orientiert. Die Stoppuhr ist und bleibt das entscheidende Maß: "Wir werden beim schnelleren Paket bleiben, egal welches es sein wird." Der Reihenmotor muss also nicht zwingend ausgedient haben.

Yamahas Wunschvorstellung: 2026 dran an der MotoGP-Spitze
2025 wird demnach ein richtungsweisendes Jahr für Yamahas Entwicklung in der MotoGP. Die wichtigen Weichen rund um den Motor sollen dann am besten bereits während der Saison gestellt werden. Bartolini zeigt sich ehrgeizig: "Unser Ziel ist es, so schnell wie möglich konkurrenzfähig zu werden. Ich habe im Sinn, dass es Ende des nächsten Jahres besser wird und wir dann 2026 näher dran sind. Das wäre der beste Fall, den ich mir vorstellen kann. Aber wir müssen auch daran denken, dass die anderen nicht aufhören, zu arbeiten."
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