Am Dienstagabend präsentierte Ferrari den SF-25 für die Formel-1-Saison 2025. Zeitgleich zum offiziellen F1-Launch in London, bei dem lediglich die Lackierung gezeigt wurde, verschickte man eine Pressemitteilung mit Computer-generierten Bildern des Autos. Wenige Stunden später fuhr Charles Leclerc in Fiorano beim Filmtag schon die ersten Runden.
Der Shakedown fand zwar unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, doch Fotografen mischten sich auf der Brücke neben der Teststrecke unter die Fans und knipsten fleißig. Am Abend veröffentlichte die Scuderia schließlich auch noch selbst Fotos von der ersten Ausfahrt.
Dazu gab es nicht nur mit den Fahrern, sondern unter anderem auch mit Teamchef Fred Vasseur und dem neuen Technischen Direktor Loic Serra online ausführliche Pressekonferenzen. Ein genauer Blick auf die Technik von Lewis Hamiltons erster Roten Göttin lohnt sich also durchaus.
Zumal das Objekt der Begierde durchaus einiges zu bieten hat. Das große Thema am Ferrari SF-25 ist die Vorderradaufhängung und der Wechsel von Push- auf Pullrods. Unerwartet kam die Änderung nach vielen Gerüchten nicht, doch in der letzten Saison des aktuellen Reglements ist das ein großer Schritt.
Die Gründe dafür sind rein aerodynamischer Natur. "Wir mussten Platz finden", erklärt Serra. Der Franzose kam erst im Oktober von Mercedes zu Ferrari und war an der Entscheidung gar nicht mehr beteiligt, doch Serra trägt den Wechsel mit: "Es ergibt total Sinn, das Packaging so zu optimieren."
2024 hatte man zwar ein bis zum Ende konkurrenzfähiges Auto, doch die Entwicklungsschritte wurden immer kleiner. Das alte Konzept war ausgereizt. Mit den Pullrods erhofft man sich wieder größere Schritte.
Keine Weiterentwicklung bei Fehlschuss
Müssen die Ingenieure dafür das neue Konzept erst einmal verstehen, ehe die größeren Schritte kommen? "Ich erwarte nicht, dass wir eine steilere Lernkurve haben werden", so Serra. "Hoffentlich wird nur die Entwicklung dadurch beschleunigt."
Eine Lernphase kann sich Ferrari 2025 wohl auch nicht erlauben. Die Ressourcen müssen allmählich Richtung 2026 verschoben werden. Wie genau der Entwicklungsplan aussieht, wird sich erst nach den ersten Rennen entscheiden. "Wenn man eine Sekunde hinten liegt, ergibt es keinen Sinn, das Auto noch zu entwickeln", stellt Teamchef Vasseur klar.
Der erste Schuss muss sitzen, damit es überhaupt noch zu größeren Entwicklungsschritten kommen kann. Sonst wird die Entwicklung eingestellt, ehe das neue Konzept sein Potenzial entfalten kann.
Nicht nur die Zugstrebe verschafft den Aerodynamikern an der Vorderachse den von Serra geforderten Platz. Auch die Anordnung der Querlenker hat sich verändert. In der Draufsicht ist im direkten Vergleich mit 2024 gut zu erkennen, dass der vordere Querlenker nicht mehr nach hinten aus dem Chassis wächst, sondern im 90-Grad-Winkel.

So macht es zumindest den Anschein, dass die Vorderachse etwas nach vorne gerutscht ist. Ein größerer Radstand gibt den Aerodynamikern mehr Raum. Serra wollte hier aber keine Details verraten. Große Änderungen sind hier ohnehin kaum möglich, weil das Reglement den maximalen Radstand mit 3,6 Metern vorschreibt. Kein Team hat hier noch wirklich viel Spielraum.
Variable Fahrwerks-Kinematik am Ferrari SF-25?
Dafür könnte der SF-25 am oberen hinteren Querlenker der Vorderachse über einen interessanten Technik-Trick verfügen, den Mercedes in der Vorsaison in die moderne Formel 1 brachte. Der F1 W15 verfügte über zwei Anlenkpunkte am Chassis für diesen Querlenker. Die Mechaniker konnten durch Umbauarbeiten so die Kinematik des Autos auch an der Strecke verändern.

Mercedes probierte den Trick nur beim Wintertest in Bahrain aus, blieb die restliche Saison dann aber bei einer Variante. Die Launch-Bilder von Ferrari lassen einen ähnlichen Trick erahnen. Die Mythosmarke zeigt zwar nicht wie Mercedes ein fehlerhaftes Rendering, auf dem beide Querlenker-Varianten zu sehen sind, aber eine auffällige Ausbuchtung am Chassis rund um den Querlenker.
Gleichzeitig wirkt es so, als wäre der gezeigte Anlenkpunkt im Vergleich zur Vorsaison nach oben gewandert. Das würde gegen den Anti-Dive-Trend sprechen. Die Teams bringen den Querlenker extrem tief an, damit das Auto beim Anbremsen nicht so stark einnickt und somit die aerodynamische Plattform stabiler bleibt.

Noch ist unklar, ob es die Möglichkeit am Ferrari tatsächlich gibt. Serra dürfte sich zumindest gut damit auskennen. Ob er den Trick mit nach Maranello brachte, darf bezweifelt werden. Schließlich bedarf es dafür entsprechende Aufnahmepunkte im Monocoque. Die Überlebenszelle ist eines der ersten Teile, das in der Entwicklung abgesegnet wird. Zur Erinnerung: Er trat seinen Dienst bei Ferrari erst im Oktober an.
Reifen-Spezialist soll Ferrari Qualifying-Schwäche austreiben
Auch wenn er sich bei den großen Entscheidungen für den SF-25 nicht mehr einbringen konnte, bei der Weiterentwicklung und vor allem beim Streckeneinsatz könnte Serra noch einen entscheidenden Beitrag leisten.
Der 52-Jährige, der den Job vom zu Aston Martin abgewanderten Enrico Cardile übernahm, begann seine Formel-1-Karriere bei Michelin. Er gilt als Experte für die Interaktion des Reifens mit dem Auto und dem Asphalt.
Hier hatte Ferrari in der Vorsaison noch Probleme. Der SF-24 war im Longrun oftmals das schnellste Auto, brachte aber die Reifen auf eine Runde in der Qualifikation nicht richtig auf Temperatur. "Tatsächlich kann man in der ersten Runde etwas mehr Performance aus den Reifen holen", meint Serra. "Und das nimmt man - speziell wenn 30 Millisekunden über eine Position entscheiden können."
2024 ohne Probleme beendet: Ferrari auf der Suche nach Details
30 Millisekunden. Das ist die Zeiteinheit, in der Ferrari zuletzt oft rechnet. Nach eigenen Analysen war das der Rückstand auf McLaren. 30 Millisekunden, die den Unterschied zwischen Konstrukteursweltmeister und Platz zwei bedeuteten. Weniger als einen Punkt verlor Ferrari 2024 im Schnitt. Das zeigt, vor welcher Aufgabenstellung die Ingenieure standen.
"Wir hatten Ende 2024 kein grundlegendes Problem", weiß Charles Leclerc. Anders als in den Jahren zuvor oder nach dem missglückten Barcelona-Update gab es bei Ferrari keine Schwachstelle, an der man arbeiten musste. Man musste 'nur' die vielen kleinen Details weiter verbessern.
Deshalb fiel es Leclerc nach der ersten Ausfahrt auch schwer, ein Fazit zu ziehen. Am Mittwoch hatte es in Fiorano nur 5 °C. Dazu müssen die Teams bei Filmtagen Show-Reifen nutzen. In Summe sind die Bedingungen so wenig repräsentativ, dass sich gerade über die Details nichts sagen lässt. "Aber es gab keine negative Überraschung und das ist gut", meinte Leclerc.
99 Prozent neu, gleiches Aero-Konzept
Paradox: Obwohl die Änderung an der Vorderachse durchaus groß ist und auch einen ganzen Rattenschwanz mit sich zog, sprechen die Ingenieure - trotz eines zu 99 Prozent neuen Autos - von einer Evolution und vor allem aerodynamisch keiner Konzeptänderung.

Dabei sind am SF-25 durchaus mit dem bloßen Auge weitere größere Änderungen zu erkennen. Der Überbiss der Seitenkästen ist deutlich aggressiver. Das vorgezogene Leitblech biegt sich am Rand wie ein Winglet nach oben. Der Lufteinlass direkt darunter wirkt sogar größer als im Vorjahr, dafür verläuft der Seitenkasten selbst dahinter schmaler, der Undercut scheint noch stärker ausgeprägt.

An der Oberseite der Seitenkästen gibt es eine große, durchgehende Mulde. Beim Vorgänger begann die 'Wasserrutsche' erst weiter hinten, dafür war sie steiler. Wie stark das Kühl-Arrangement dafür geändert werden musste, ist unklar.
Ferraris Motorenabteilung schon auf 2026 fokussiert
Dass die neue Aerodynamik einen Einfluss auf die Kühlung hatte, bestätigte Motorenchef Enrico Gualtieri. Seine Abteilung hatte abseits davon einen ruhigen Winter. Die Motoren sind seit 2022 weitestgehend eingefroren. Nur die Nebenaggregate dürfen aus Packaging-Gründen anders angebracht werden. Eine entsprechende Anfrage der Chassis-Abteilung gab es bei Ferrari in diesem Winter nicht.
Während beim Chassis die Ressourcen allmählich Richtung 2026 verschoben werden, dreht sich bei den Motoren längst alles um die Zukunft. Nur Zuverlässigkeit und Software durften die Motoren-Ingenieure anfassen. Bei der Software geht es immerhin um Performance. Das Energiemanagement muss mit geänderten Chassis-Daten auf jede Strecke leicht angepasst werden.
Beim Kampf um die Weltmeisterschaft muss Ferrari nicht nur an McLaren vorbei, sondern auch weiterhin Red Bull hinter sich lassen. Formel-1-Experte Christian Danner sieht immer größere Schwierigkeiten beim Team von Weltmeister Max Verstappen. Wie der Experte auf Red Bulls neue Saison ohne Designer-Genie Adrian Newey blickt, seht ihr im folgenden Video:
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