Jorge Martin hat mit seinem WM-Triumph am Sonntag MotoGP-Geschichte geschrieben. Seitdem die Königklasse ab 2002 unter diesem Namen firmiert, dominierten die Werksteams das Geschehen. Das höchste der Gefühle für Satelliten-Teams war stets nur der zweite Rang in der Weltmeisterschaft. Martin selbst kam dem Gewinn des Titels im Vorjahr am nächsten, als er den Kampf bis zum letzten Rennen offenhielt. Als Privat-Weltmeister ist er nun in einem erlesenen Kreis, denn zu 500er-Zeiten gab es dieses Phänomen bereits einige Male.
Jorge Martin ist Ducati dankbar: Sie haben es zugelassen
"Der Schlüssel war Ducati. Selbst wenn sie mich nicht mehr für das nächste Jahr wollten, so haben sie mich kämpfen lassen und stellten mir alles dafür zur Verfügung. Gigi [Dall'Igna] hat an mich geglaubt, seit dem ersten Moment, als ich als Moto2-Fahrer unterschrieben habe", gibt Jorge Martin den Hauptgrund an, warum er überhaupt zum Titelkampf in der Lage war. Stets haben die Werksteams die größten Ressourcen. Das Pramac-Team erhielt in den letzten Jahren aber immer weiter die gleiche Unterstützung. Manche sprachen gar von einem zweiten Werksteam Ducatis. Einen ähnlichen Weg haben nun auch die anderen Werke eingeschlagen, wie bspw. das Investment von KTM in Tech3 zeigt.
Doch wenn es hart auf hart kommt, dann will der Hersteller doch lieber den Werkspiloten - in diesem Fall Francesco Bagnaia - triumphieren sehen, oder? Das vermuteten nicht wenige. Umso mehr betonte Martin: "Ich glaube niemand hier hat gedacht, dass sie mich kämpfen lassen würden, aber sie haben es getan. Also muss ich ihnen dankbar sein." Und so verabschiedet er sich mit dem größten aller Triumphe und einem MotoGP-Novum von seiner Mannschaft. "Mein Team ist eine große Familie. Es waren vier Jahre und ich werde mich immer an sie erinnern", hält der 'Martinator' fest.
Martin mit großen Vorgängern: Rossi und Lawson machten es vor
Während die MotoGP also noch nie einen Privat-Weltmeister hatte, so endete die 500er-Ära 2001 genau mit einem solchen. Natürlich war es niemand geringeres als Valentino Rossi, der den letzten Titel der Zweitakter holte. Der 'Doctor' dominierte die Saison, obwohl er nur auf einer Kunden-Honda saß. Das Nastro Azzuro Team aus Italien feierte so den Titel. Aus der Titelverteidigung wurde jedoch nichts. Rossi dominierte zwar auch die erste Saison der MotoGP-Geschichte 2002, doch da saß er bereits im Sattel des Honda-Werksteams.

Wir müssen wieder einige Jahre zurückblicken, um den nächsten von Martins Vorgänger zu finden. Es handelt sich um einen weiteren großen Star der Motorrad-Geschichte: Eddie Lawson. Der Amerikaner war 1989 schon dreifacher Titelträger, alle eingefahren mit dem Yamaha-Werksteam. Dort zerstritt er sich aber mit Teamchef und Motorrad-Legende Giacomo Agostini. Lawson ging in die Honda-Kundenmannschaft von Erv Kanemoto, welche nur fünf Angestellte hatte. Trotzdem war er sofort vorn dabei. Als er bessere WM-Chancen hatte als das Werksteam, gab es auch mehr Unterstützung seitens Hondas. Er wurde zum ersten Fahrer, der zwei Titel in Folge auf unterschiedlichem Material holte.
Sonderfälle um Suzuki und Yamaha: Werksteam oder doch nicht?
Gehen wir nach der offiziellen Rechnung der MotoGP, so könnten wir unsere Aufzählung nach drei Fahrern beenden. Nur Lawson, Rossi und nun auch Martin werden dort als 'echte' Privatfahrer geführt. Doch es gibt da noch Sonderfälle, die sich in einer Art Grauzone bewegen. Auch auf sie wollen wir noch zu sprechen kommen.
Wir fangen an mit zwei italienischen Titelträgern. Marco Lucchinelli gewann die Weltmeisterschaft in der Saison 1981. Landsmann Franco Uncini folgte ein Jahr später. Beide fuhren sie für das italienische Gallina-Team, welches Suzuki-Motoräder einsetzte. Auf den ersten Blick erfüllen die beiden die Kriterien also vollkommen. Allerdings hatte Suzuki damals kein Werksteam am Start, sondern ließ die Teams von der Tochterfirma Suzuki GB in Großbritannien betreuen. Und von dort erhielt Gallina die volle Unterstützung. Werksteam auf Umwegen oder eher ein Fall wie Pramac, die offiziell als Kundenteam gelten? Das bleibt wohl Ansichtssache.

Und auch beim frühesten Mann in unserer Auflistung haben wir eine Art Sonderfall. Es handelt sich um US-Legende Kenny Roberts sen., der 1978 als Rookie den Titel errang und diesen in den zwei folgenden Jahren verteidigte. In den ersten beiden dieser Saisons kann man argumentieren, dass er für ein Privatteam fuhr. Oder besser gesagt für ein Nicht-Werksteam. Roberts stand zwar bei Yamaha unter Vertrag, aber bei Yamaha USA. Das offizielle Werksteam fuhr für den Mutterkonzern aus Japan. Außerdem hatten die Werkspiloten zwei Motorräder zur Verfügung, während Roberts mit einer Maschine auskommen musste. Dennoch bezog er sein Gehalt vom Hersteller, nur eben von dessen amerikanischer Niederlassung. Auch hier herrscht also Interpretationsspielraum. Für seinen Status als Legende des Sports ist dies aber fraglos zweitranging.
Alle Weltmeister aus Nicht-Werksteams in der Motorrad-WM in der Übersicht
Jahr | Fahrer | Team | Hersteller |
---|---|---|---|
2024 | Jorge Martin | Prima Pramac Racing | Ducati |
2001 | Valentino Rossi | Nastro Azzuro Honda | Honda |
1989 | Eddie Lawson | Team Rothmans/Kanemoto | Honda |
1982 | Franco Uncini | Gallina | Suzuki |
1981 | Marco Lucchinelli | Nava Gallina | Suzuki |
1979 | Kenny Roberts sen. | Yamaha USA | Yamaha |
1978 | Kenny Roberts sen. | Yamaha USA | Yamaha |
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