Dass Brüderpaare in der MotoGP am Start sind, ist keine Seltenheit mehr. In der Saison 2021 gab es mit den Marquez-Brüder Marc und Alex, den Espargaros Pol und Aleix sowie Luca Marini und Valentino Rossi, die eine Halbbruderschaft verbindet, gleich drei davon in der Königsklasse. Wirklich erfolgreich war aber wenn überhaupt meist nur einer der Beiden. Das hat sich nun am Sachsenring geändert - dort sorgten Marc und Alex Marquez für das erste gemeinsame MotoGP-Podium ihrer Karriere. Damit sind die beiden die ersten Piloten seit fast 30 Jahren, denen ein solches Kunsstück gelungen ist.

Seit der Einführung der Motorrad-Weltmeisterschaft im Jahr 1949 war dies nämlich nur den Aoki-Brüdern Nobuatsu und Takuma gelungen, die 1997 in Imola als Zweiter und Dritter gemeinsam mit Mick Doohan auf dem Treppchen standen. Damals noch zu 500er-Zeiten. Das Marquez-Podest vom Sonntag ist damit das Erste der MotoGP, welches zwei Blutsverwandte auf den Positionen Eins bis Drei empfängt.

Jorge Martin schon wieder ratlos! Schwerwiegender MotoGP-Sturz (07:41 Min.)

Marc Marquez: Habe nie damit gerechnet

Angekündigt hatte sich das gemeinsame Podium nicht. Marc Marquez gehört in dieser Saison zwar ohne Zweifel auf allen Strecken zu den Favoriten auf das Podest. Er erlebte am Sachsenring allerdings ein mehr als durchwachsenes Wochenende, an dem ihm unter Anderem ein gebrochener Zeigefinger und eine Brustkorbprellung ordentlich Wind aus den Segeln nahmen. Alex Marquez kämpft ihn diesem Jahr noch mit den Eigenheiten der Ducati GP23. An die Erfolge aus dem Vorjahr, in dem er zwei Sprintsiege und zwei weitere Podestplätze in den Grands Prix einfuhr, konnte er bisher nicht anknüpfen. Umso glücklicher zeigte er sich über den vollzogenen Leistungsdurchbruch in Deutschland.

"Das ist ein Tag, den wir und ich niemals vergessen werden", sagte Marc Marquez am Sonntagabend. "Es wird schwierig, das zu wiederholen. In dieser Saison hatte ich das ehrlich gesagt als unmöglich eingeschätzt. Es ist schließlich schon schwierig genug, auf das Podium zu fahren, für ihn wie für mich. Denselben Sonntag zu finden, an dem es für beide passt, das ist etwas, womit ich nicht gerehnet habe."

In Runde 29 von 30 ging Marc an seinem Bruder Alex vorbei, Foto: LAT Images
In Runde 29 von 30 ging Marc an seinem Bruder Alex vorbei, Foto: LAT Images

Duell unter Brüdern: Was, wenn es schiefgeht?

In die Karten der Gresini-Piloten spielte natürlich der späte Ausfall des Jorge Martin. Ansonsten hätten Marc und Alex im Duell den letzten Podestplatz unter sich ausmachen müssen. Genau vor diesem Zweikampf gingen auch beim sonst so konsequenten MotoGP-Piloten Marc Marquez die Alarmglocken an. "Als ich meinem Bruder eingeholt hatte, kamen mir ein paar Fragezeichen in den Kopf: Was soll ich tun? Attackieren und mit Risiko überholen? Was, wenn es schiefgeht?", erinnerte sich der zukünftige Ducati-Werkspilot an seine Gedanken in den Schlussmomenten des Rennens.

Die hielten ihn aber schlussendlich nicht davon ab, in Kurve 12 das Manöver zu setzen und seinen zwei Jahre jüngeren Teamkollegen hinter sich zu lassen. Auch für diesen kam das positive Rennergebnis aus dem Nichts. "Das kam wirklich unerwartet. In der Startaufstellung habe ich noch ein Interview gegeben, in dem ich nach meiner Zielsetzung gefragt wurde. Da sagte ich. Platz 7, mehr wird nach den Trainings nicht drin sein", so der Moto2-Weltmeister des Jahres 2019.

"Für das Rennen haben wir aber noch einige Änderungen vorgenommen und dann ist mir ein richtig guter Start und eine gute Anfangsphase gelungen", so Alex, der wenig später das erste Top-3-Ergebnis der Saison feiern durfte. Die Bedeutung des Deutschland-Grand-Prix ist für beide Brüder eine ganz Besondere. "Ich würde alle meine Podestplätze gegen diesen hier eintauschen", so Alex. "Denn dieser heute ist einfach anders, es wird schwer dieses Gefühl zu wiederholen." Sein Bruder stimmte ihn zu und legt sogar noch einen drauf. "Ich tausche gerne einen Sieg gegen ein Podium mit meinem Bruder ein", so die Nummer 93, die im Übrigen zum ersten Mal am Sachsenring den Grand-Prix-Sieg verpasste. Von 2013 bis 2021 war Marquez stets ungeschlagen geblieben, in den letzten beide Jahren verpasste er das Hauptrennen verletzungsbedingt.

Für den Sonntagabend kündigten die beiden Wahl-Madrilenen eine große Feier im Hause Marquez an. "Zuerst einmal gibt es heute andere Cocktails als die, welche mir die Ärzte und Physiotherapeuten heute vor dem Rennen gemixt haben", schmunzelte Marc Marquez. Sein Bruder stieg mit ein. "Da kannst du auch gerne vorlegen, wie im Rennen. Ich überhole dich dann morgen früh um 6 Uhr."

Durch den Ausfall des Jorge Martin blieb den MotoGP-Fans leider auch ein Last-Lap-Duell zwischen Jorge Martin und Francesco Bagnaia erspart. Ob Letzterer ohne den Sturz seines Ducati-Kollegen einen Angriff hätte wagen können, erfahrt ihr in diesem Artikel.