Pole Position, Sieg, Führung in der Meisterschaft: Kelvin van der Linde (Abt-Audi) hat beim DTM-Saisonfinale in Hockenheim einen perfekten Tag erwischt. Der Deutsch-Südafrikaner gewann das Samstagsrennen und übernahm die Spitze in der DTM-Tabelle von Mirko Bortolotti (SSR-Lamborghini), der nicht über den fünften Platz hinauskam.

Vor dem letzten Rennen des Jahres am Sonntag (13:30 Uhr live bei ProSieben) führt van der Linde die Meisterschaft mit 217 Punkten und zwei Zählern Vorsprung vor dem SSR-Lamborghini-Piloten an. Maro Engel (Winward-Mercedes) hat nach Platz vier ebenfalls noch theoretische Titelchancen, aber 20 Punkte Rückstand. Maximal 28 Zähler werden am Sonntag noch vergeben.

Vorteil und Nachteil für van der Linde im DTM-Titelkampf

Vorteil für van der Linde: Mit seinem dritten Saisonsieg wäre er beim Finale im Falle einer Punktgleichheit sicher DTM-Champion 2024. Aber: Für den Sieg kassiert er im letzten Rennen 20 Kilogramm Erfolgsballast. Hinter van der Linde erzielte der von P2 gestartete Lucas Auer (Winward-Mercedes) den zweiten Platz und feierte seinen ersten Podesterfolg des Jahres. Ayhancan Güven (Manthey-Porsche) komplettierte das Podium als Dritter.

Van der Linde gab die Führung nur einmal während der Boxenstoppphase zur Rennmitte ab, bevor Rivale Auer nach einem Verbremser die Spitze wieder einbüßte. Der Österreicher machte eine halbe Stunde Druck auf Titelanwärter van der Linde, einmal kam es sogar zum Kontakt, doch der Audi-Pilot wehrte sich erfolgreich.

Hockenheim-Start: Bortolotti und Engel stürmen nach vorne

Während Manthey-Pilot Güven seinen dritten Startplatz an ebendieser Stelle ungefährdet über den Zielstrich bugsierte, ging es dahinter wild zu Gange. Am spannendsten gestaltete sich die Startphase, in der Bortolotti vom siebten Platz nach vorne stürmte und drei Positionen gewann. Auch Maro Engel von P9 gelang ein Blitzstart und eine Verbesserung um vier Plätze. Während der Pflicht-Boxenstopps schaffte es der Winward-Mercedes-Pilot mit leichtem Kontakt, Bortolotti den vierten Platz wegzuschnappen.

"Ich respektiere Maro sehr", sagte ein angefressener Bortolotti, und führte aus: "Das war ein mutiger Move, aber es gab Kontakt und er hat mich von der Strecke geschoben. Ein Positionswechsel wäre angebracht gewesen. Das Regelwerk sollte für alle Fahrer angewendet werden. Leider ist es in der DTM so, dass manche Fahrer alles dürfen und andere gar nichts."

Das Feld lag an der Spitze in der zweiten Rennhälfte durchweg dicht beisammen, zu Überholmanövern sollte es allerdings nicht mehr kommen. Jules Gounon (HRT-Mercedes), der an Stelle des erkrankten Luca Stolz sein DTM-Debüt gibt, erzielte den hervorragenden sechsten Platz. Gerade in der zweiten Rennhälfte flog der Franzose nach vorne und machte rund sieben Sekunden auf den Fünftplatzierten Bortolotti gut. Auf dem Weg stellte Gounon zudem einen neuen GT3-Rundenrekord auf dem Hockenheimring auf.

Eine riesengroße Aufholjagd legte wieder einmal Rene Rast (Schubert-BMW) hin: Der dreifache DTM-Champion hatte das Rennen vom 16. Startplatz aufgenommen und beendete es als Siebter. Arjun Maini (HRT-Mercedes), Marco Wittmann (Schubert-BMW) und Nicki Thiim (SSR-Lamborghini) komplettierten die Top-10. Mit Jack Aitken (Emil-Frey-Ferrari) und Franck Perera (GRT-Lamborghini) sahen zwei der 20 Piloten nicht die Zielflagge.

DTM Hockenheim: So lief das Rennen am Samstag

Die Startaufstellung: Kelvin van der Linde stürmte auf feuchter Strecke mit seiner letzten schnellen Runde zur Pole Position. Damit machte der Abt-Pilot zusätzlich 3 Punkte gut auf seinen Titelrivalen Mirko Bortolotti, der sich mit Startplatz sieben begnügen musste. Der dritte Meisterschaftsanwärter, Maro Engel, kam nicht über P9 hinaus. Lucas Auer komplettierte neben van der Linde die erste Startreihe. Auf den Plätzen drei bis acht: Ayhancan Güven, Luca Engstler, Jack Aitken, Thomas Preining, Bortolotti und DTM-Debütant Jules Gounon.

Der Start: Lief nicht wie geplant! Weil die Startampel streikte, wurde das Rennen alternativ mit dem Schwenken einer großen Deutschlandflagge freigegeben. Kelvin van der Linde verteidigte die Pole souverän durch die ersten Ecken gegen Lucas Auer und Ayhancan Güven. Mirko Bortolotti stürmte von P7 in der ersten Runde vor auf die vierte Position - "Bester Start meines Lebens". Ebenfalls stark Maro Engel, der sich von Startplatz neun bis auf P5 verbesserte. Damit fuhren alle drei Titelanwärter in den Top-5 der Zeitenliste. Ricardo Feller fiel nach Kontakt mit Marco Wittmann von P11 bis auf P19 zurück, während Rene Rast die meisten Plätze gewann: vom 16. Startplatz bis auf Position 11.

Die erste Rennhälfte: Nach dem turbulenten Start sortierte sich das Feld in den folgenden Runden. Kelvin van der Linde und Lucas Auer konnten sich an der Spitze leicht von ihren Verfolgern Ayhancan Güven und Mirko Bortolotti absetzen. Noch-Champion Thomas Preining wurde von Startplatz 6 immer weiter durchgereicht und lag nach 6 Runden nur noch an 12. Stelle. In Runde 8 griff Nicki Thiim seinen Vordermann Jules Gounon für P8 an, kam aber ins Kies und verlor drei Plätze.

Nach 10 Runden lag Auer nur wenige Zehntel hinter Spitzenreiter van der Linde und machte ordentlich Druck. Das Duo führte über 2 Sekunden vor dem Drittplatzierten Güven, der Bortolotti und Engel hinter sich halten konnte. Mit weiterem Abstand folgte dicht gedrängt der Rest des Feldes. Van der Linde fragte das Team am Funk, ob er Auer vorbeilassen sollte, um seine eigene Pace dahinter fahren zu können statt zu verteidigen. Nach dem Öffnen des Boxenstoppfensters in Runde 12 bogen sofort Engstler, Wittmann, Vermeulen und Schmid zum Pflicht-Reifenwechsel ab. Engstler hatte zuvor einige Plätze eingebüßt.

In Runde 13 kam Maro Engel von P5 an die Box, um sich frische Slick-Reifen abzuholen. Auch Aitken, Maini, Feller, Perera und Paul bogen ab. Die SSR-Mannschaft reagierte in Runde 14 und beorderte Bortolotti von P4 zum Boxenstopp herein - beim Reifentausch vorne links klemmte es etwas, doch der Lambo-Fahrer kehrte knapp vor Engel zurück auf die Strecke. Der Drittplatzierte Güven und auch Rast ließen neue Pirellis aufziehen, während van der Linde und Auer weiter draußen blieben.

In Runde 17 bog Spitzenreiter van der Linde zu seinem Pflicht-Boxenstopp ab, während Auer automatisch die Führung übernahm. Die Winward-Mercedes-Mannschaft reagierte einen Umlauf später und holte den Österreicher an die Box. Zeitgleich setzte sich Engel gegen Bortolotti mit leichtem Kontakt im Zweikampf um den virtuellen vierten Platz durch! Auer blieb mit seinen kalten Reifen kurzzeitig vor van der Linde, verlor den Platz aber nach einem leichten Verbremser wieder an den Abt-Piloten.

Der weitere Rennverlauf: In Runde 19 absolvierten Jules Gounon und Sheldon van der Linde als letzte Fahrer ihre Boxenstopps. Im bereinigten Klassement führte Kelvin van der Linde vor Lucas Auer, Ayhancan Güven, Maro Engel, Mirko Bortolotti und Rene Rast. Jack Aitken musste seinen Ferrari nach Runde 21 mit einem Defekt abstellen und markierte den ersten Ausfall des Rennens.

In Runde 23 griff Auer den Führenden van der Linde in der Spitzkehre an, kam aber nicht vorbei und hing dem Audi weiter dicht im Heck. Der Mercedes-Pilot ließ nicht locker, wodurch die Verfolger Güven, Engel und Bortolotti immer näher an das Top-Duo herankamen. Bortolotti als Fünfter hatte zu diesem Zeitpunkt (Runde 27) mehr als vier Sekunden Abstand zu Hintermann Gounon.

In Runde 31 klopfte Auer wieder in der Spitzkehre an und erwischte van der Lindes Audi leicht im Heckbereich. Van der Linde hatte Glück und blieb ohne Folgeschaden vorne. Der missglückte Angriff kostete Auer etwas Zeit und verschaffte van der Linde Luft an der Spitze. Danach passierte mit Ausnahme des Ausfalls von Franck Perera nicht mehr allzu viel.