Es war der Aufreger beim Sonntags-Rennen der DTM auf dem Nürburgring 2024: Rund 31 Minuten vor dem Ablauf der Rennzeit kollidierten Maro Engel im Winward-Mercedes und Schubert-BMW-Pilot Rene Rast in Kurve 1. Rast war zu diesem Zeitpunkt gerade nach seinem Pflichtboxenstopp mit frischen Reifen auf die Strecke zurückgekehrt, während Engel seinen Reifenwechsel bereits eine Runde zuvor absolviert hatte. Die beiden Piloten steuerten Seite an Seite die erste Kurve an, in der Rast mit seiner linken Vorderachse die rechte Hinterachse Engels traf.
Pole-Setter Engel, der das Rennen vom Start weg souverän angeführt hatte und auch zum Zeitpunkt der Kollision boxenstoppbereinigt in Front lag, drehte sich in der Folge. Dadurch verlor der Routinier den Renn-Sieg an Rast-Teamkollege Sheldon van der Linde und musste sich schlussendlich mit Rang zwei begnügen. Rast musste hingegen in Folge der Kollision einen weiteren Boxenstopp einlegen und beendete das Rennen auf dem 17. Platz außerhalb der Punkteränge.
Rast kritisiert Engel: Er hat den Kontakt verursacht
Doch welcher der beiden Piloten war für die rennentscheidende Situation verantwortlich zu machen? Die Rennkommissare fällten schnell ein klares Urteil und sahen Rast in der Verantwortung. Der 37-Jährige musste deshalb während des Rennens drei Penalty Laps absolvieren. Rast selbst wollte allerdings nach Rennende von einer klaren Schuld seinerseits nichts wissen. "Ich war vor dem Bremspunkt in Führung und Maro sollte wissen, dass ich auf kalten Reifen bin", kritisierte der dreifache DTM-Champion stattdessen Engel am ProSieben-Mikrofon.
"Ich habe spät gebremst, war vorne und dann kommt Maro auf einmal von außen, lenkt ein und ich kann mich nicht in Luft auflöse. Und auf kalten Reifen hast du einfach nicht die Verzögerung, kannst nicht lenken", so Rast weiter. Das klare Fazit des Meisterschaftsfünften: "Ich bin der Meinung, er hat den Kontakt verursacht, nicht ich. Weil ich konnte nirgendwo mehr hin, konnte nichts machen. Er hat in dem Fall auch mein Rennen versaut, also echt schwierig."
Engel kontert Rast: Hat einfach seinen Bremspunkt verpasst
"Er hätte einfach wissen müssen, dass ich auf kalten Reifen bin und dementsprechend entweder früher bremsen und hinter mir einscheren oder einfach den weiten Weg fahren sollen", so Rasts Ratschlag an Engel. Konfrontiert mit diesen Aussagen winkte Engel in der Sieger-Pressekonferenz jedoch ab: "Es gab viel Platz auf der Innenseite, wenn er den Scheitelpunkt getroffen hätte."
"Natürlich war er auf kalten Reifen, wir waren alle auf kalten Reifen, als wir die Box verlassen haben", fuhr Engel fort. "Aber er hat einfach seinen Bremspunkt verpasst und ist mit Untersteuern in mich hineingefahren. Und das war es." Insgesamt hielt der 38-Jährige fest: "Es gibt nicht viel zu sagen. Die Bilder sprechen für sich."
Schubert-Teamchef einsichtig: Kann man eine Strafe für aussprechen
Unterstützung für seine Sicht der Dinge erhielt Engel neben den Sportkommissaren auch wenig überraschend von Winward-Teamchef Christian Hohenadel. "Da gibt es nicht zwei Meinungen drüber", sah auch Hohenadel die Schuld klar bei Rast. "Ich habe eigentlich keine Worte dafür." Etwas sauer stieß dem Chef der Mannschaft aus Altendiez die Tatsache auf, dass von dem Unfall ausgerechnet Rast-Teamkollege Sheldon van der Linde profitierte: "Das hat ein bisschen ein Geschmäckle. Ohne, dass ich da was unterstellen will, aber trotzdem ist es sehr unglücklich und für uns sehr frustrierend."

Und auch Rasts Schubert-Teamchef Torsten Schubert zeigte gegenüber Motorsport-Magazin.com zumindest Verständnis für die ausgesprochene Strafe gegen seinen Piloten: "Maro hat reingezogen, aber er war von der Innenkurve fast vier Meter weg. Rene hatte kalte Reifen und den Kurven-Impact nicht gekriegt. Dafür kann man eine Strafe aussprechen. Das ist zwar schade für Rene, aber die erste Strafe ärgert mich mehr."
Damit meinte Schubert den Zwischenfall zwischen Rene Rast und Mirko Bortolotti, in dessen Folge Rast seinen Platz zurückgeben musste. Teamchef Schubert: "Er hat Bortolotti nicht durch das Antitschen überholt, sondern er hat sich in Position gebracht. Das verstehe ich nicht und ich glaube, dass die Bestrafung nicht ganz richtig war. Da muss ich noch mal mit dem Rennleiter sprechen."
Engel nach Kollision: Wusste sofort, dass Sieg verloren war
Glück im Unglück für Engel: Im Gegensatz zu Rast verzeichnete er zumindest keine Beschädigungen, die den weiteren Verlauf seines Rennens signifikant beeinflussten. "Das war sehr glücklich, dass es keine Beschädigungen gab", meinte auch der zweifache DTM-Sieger. "Das Lenkrad war immer noch gerade und die Reifendrücke waren immer noch da. Das war heute also sicherlich der glückliche Teil."

Der Sieg war nach der Kollision aber dennoch außer Reichweite. "Mit der Pace, die sie (BMW; d. Red.) hatten, besonders mit dem Vorteil auf den Geraden, würde dort nie eine Gelegenheit sein, weder um sie einzuholen, noch zum Überholen", so Engel. "Ich wusste also sofort, dass der Sieg wahrscheinlich verloren war, ausgenommen irgendeines Problems für Sheldon." Im Ziel hatte Engel schließlich 3,256 Sekunden Rückstand auf van der Linde.
Rast wirft im Titelkampf das Handtuch: Das war es
Zumindest Rang zwei gegen Marco Wittmann konnte Engel aber noch retten. Zwar kam der Pilot im dritten Schubert-BMW nach seinem Boxenstopp vor Engel zurück auf die Strecke, doch in der letzten Kurve der folgenden Runde musste sich Wittmann seinem Landsmann geschlagen geben. Insgesamt zog Engel deswegen nach P3 am Vortag ein positives Fazit vom Nürburgring-Wochenende: "Wir können die Uhren nicht zurückdrehen. Es gibt also keinen Grund, zurückzublicken. Wir schauen nach vorne und können zufrieden mit P2 sein."
In der Meisterschaft belegt Engel nach 10 von 16 Saisonrennen Rang drei mit zwölf Punkten Rückstand auf den Meisterschaftsführenden Kelvin van der Linde. 28 Zähler dahinter belegt Rast den fünften Platz - und warf nun das Handtuch im Kampf um seinen vierten DTM-Titel. "Die Meisterschaft ist dahin", so der BMW-Werksfahrer. "Jetzt sind es 40 Punkte auf den Ersten und jetzt kommt der Sachsenring. Da können wir froh sein, wenn wir ein paar Punkte mitnehmen. Ich glaube, das war es."
diese DTM Nachricht