Auftakt zur WEC-Saison 2025 in Katar: Das 10-Stunden-Rennen auf dem Losail International Circuit hat beim Dreifachsieg von Ferrari und dem Cadillac-Horror für einigen Wirbel gesorgt. Motorsport-Magazin.com kürt die Gewinner und Verlierer des ersten von acht Saisonrennen.
Gewinner #1: Ferrari
Beim 10-Stunden-Rennen in Katar kann es nur einen großen Gewinner geben: Ferrari. Die Italiener feierten einen fulminanten Dreifachsieg an jener Stelle, wo Porsche im Vorjahr das gleiche Kunststück gelungen war. Mehr Dominanz geht nicht: Die drei Ferrari 499P führten das größtenteils unter Flutlicht geführte Rennen in 309 der 318 Runden an. Dass fünf Ferrari-Fahrer, angeführt von Miguel Molina, in den Top-10 der durchschnittlich schnellsten Rundenzeiten lagen, spricht Bände.
Im Verlauf des Rennens gelang es nur sechs Fahrern zu unterschiedlichen Zeitpunkten, die 1:42er-Marke auf einer Runde zu knacken - fünf davon saßen in einem Rennwagen aus Maranello. Pole Position, Dreifachsieg, schnellste Rennrunde (1:41.259 durch Alessandro Pier Guidi) und deutliche WM-Führung: Mehr geht nicht.
Bemerkenswert: Der #51 Ferrari von Antonio Giovinazzi, Alessandro Pier Guidi und James Calado fuhr auf den dritten Platz und griff am Ende sogar nach P2, obwohl das Trio zwei Durchfahrtstrafen und zwei Zeitstrafen wegen unterschiedlicher Vergehen kassierte. Eine Portion Safety-Car-Glück und die sich gegenseitig heraus-crashende Konkurrenz (dazu später mehr) spielte dabei sicherlich eine Rolle, wenngleich so etwas eigentlich nicht möglich sein sollte.
Bevor jetzt wieder nur über die vermeintliche schlechte Balance of Performance diskutiert wird: Man darf nicht außer Acht lassen, dass der #50 Sieger-Ferrari der amtierenden Le-Mans-Gewinner Antonio Fuoco, Miguel Molina und Nicklas Nielsen über 10 Stunden eine blitzsaubere Leistung ohne jegliche Schwierigkeiten ablieferte und sogar eine unverschuldete Kollision (Dries Vanthoor mit Fuoco) überstand.
Das galt ebenso für den privat von AF Corse eingesetzten #83 Ferrari um Robert Kubica, Yifei und Phil Hanson, der komplett sauber durchrollte und sich mit Schlussfahrer Kubica heldenhaft gegen das #51 Werksauto zu Wehr setzte. Während zumindest bei zwei der drei Ferrari wirklich alles glatt lief, schoss sich die Konkurrenz mit Strafen, Fehlern und technischen Problemen zu häufig selbst ins Knie.
Gewinner #2: Toyota
Nach den Trainings und dem Qualifying (P7 und P17) musste man annehmen, dass Toyota in Katar eine Klatsche ähnlich wie im Vorjahr kassieren würde. Zwar spielten die Japaner mit den Plätzen fünf (#8 mit Buemi, Hartley, Hirakawa) und sechs (#7 mit Conway, Kobayashi, De Vries) keine Rolle bei der Vergabe um den Sieg, betrieben aber Schadensbegrenzung auf höchstem Niveau. Ganz besonders der #8 Toyota GR010 Hybrid, der das Rennen vom 17. und damit vorletzten Startplatz aufgenommen hatte!
Das Schwesterauto konnte zeitweise sogar die Pace der Ferrari mitgehen - zweitbeste Rundenzeit im Mittel durch Nyck de Vries - doch ein selbstverschuldeter Dreher von Mike Conway kostete unnötig viel Zeit. Ansonsten hatten sich die Japaner nichts vorzuwerfen und überzeugten einmal mehr mit einer tadellosen Ausführung des Rennens. "Die Ferrari und Cadillac waren bei der Pace in ihrer eigenen Liga, aber wir haben fast keine Fehler gemacht", meinte der frühere Formel-1-Fahrer Brendon Hartley, fügte aber an: "Immer, wenn ich einem Ferrari näherkam, zog er weg. Ich hatte das Gefühl, dass sie mit mir spielen."
Gewinner #3: BMW
Der Trend setzte sich in Katar fort: BMW ist die positive Überraschung der jungen Langstrecken-Saison 2025. Die Münchner konnten nach ihrem starken Auftritt bei den 24 Stunden von Daytona (IMSA) jetzt auch in der WEC überzeugen und nahmen mit Platz vier für Dries Vanthoor, Raffaele Marciello und Kevin Magnussen wertvolle Punkte mit. Dazu weitere Zähler durch den siebten Platz des stark aufgestellten Trios Rene Rast, Sheldon van der Linde und Robin Frijns, die blitzsauber durchs Rennen rollten.
Hervorstach einmal mehr Dries Vanthoor, der schnellste aller sechs BMW-Fahrer in Katar. Der Belgier hatte den Grundstein für den Erfolg bereits im Qualifying mit dem zweiten Platz belegt. Da fiel es auch nicht so sehr ins Gewicht, dass sich Neuzugang Magnussen nach seinem Formel-1-Aus erst einmal wieder auf die Langstrecke einschießen muss. Der Däne verlor gleich beim Start den zweiten Platz und fiel wenig später wegen eines Problems mit dem Pitspeed-Limiter von der dritten auf die neunte Position zurück. Magnussen war der langsamste BMW-Kutscher, wird sich mit größerer Erfahrung aber garantiert steigern.
Verlierer #1: Cadillac
Wenn es in Katar mit Ferrari einen großen Gewinner gab, dann mit Cadillac einen mindestens so großen Verlierer! Die US-Amerikaner mit ihrem neuen Werksteam Jota leisteten sich den größten Bock, den man sich nur vorstellen kann - beim ersten WEC-Einsatz mit zwei Autos.
In der 75. Runde führten dank passender Boxenstopps die beiden Cadillac mit den Startnummern #38 (Button, Bourdais, Bamber) und #12 (Stevens, Lynn, Nato) während einer Safety-Car-Phase. Kurz vor dem Restart bremste der Führende Jenson Button plötzlich hart in der vorletzten Kurve und Hintermann Lynn donnerte dem früheren Formel-1-Weltmeister kapital ins Heck. Was nicht half: Button hatte zu dieser Zeit ein technisches Problem (rote Anzeige auf dem Display) und Lynn fuhr einfach viel zu dicht auf.
Die Bilanz des Caddy-Dramas: Beide Autos mussten die Boxengasse ansteuern und die beschädigten Teile wechseln lassen. Doppelführung futsch! Lynn wurde obendrein mit einer Durchfahrtstrafe belegt, während das Button-Auto wegen eines Problems mit dem Gaspedal-Sensor zusätzliche Zeit verlor. Nach dem GAU belegten die beiden Cadillac nur die Plätze acht und 16. Ein katastrophaler Einstand für Ex-Porsche-Team Jota. Immerhin: Das Potenzial für bessere Ergebnisse ist zweifelsohne vorhanden.
Verlierer #2: Porsche
2024 noch ein historischer Dreifachsieg in Katar, jetzt das bestplatzierte Auto auf Platz zehn (Andlauer, Christensen, Jaminet): Porsche wurde seinen hohen Ansprüchen beim WEC-Saisonauftakt in keiner Weise gerecht. Ein enttäuschendes Resultat, stellte LMDh-Leiter Urs Kuratle fest. Den Zuffenhausenern und ihrem Weltmeister-Auto fehlte auf der einen Seite klar die Pace, auf der anderen kam auch noch eine gehörige Portion Pech dazu.
Der amtierende Weltmeister Laurens Vanthoor musste nach einer Start-Kollision den Heckflügel seines #6 963 (Estre, Vanthoor, Jaminet) tauschen lassen und fuhr daraufhin hinterher. Nur Platz elf für das fahrerisch bockstarke Trio. Ähnliches Spiel beim #5 Schwesterauto: Startfahrer Julien Andlauer erlitt einen frühen Reifenschaden und geriet in Rundenrückstand. Ein weiterer Reifendefekt sowie ein Problem mit dem Dämpfer an der Hinterachse warfen das Trio immer wieder zurück.
Verlierer #3: Aston Martin
Dass Aston Martin beim WEC-Debüt die erfahrenere Konkurrenz nicht in Grund und Boden fahren würde, war schon nach den Testfahrten in der Vorwoche glasklar. Verzicht auf Hybridantrieb hin oder her: Es wird noch eine ganze Weile dauern, bis die V12-Valkyries halbwegs ausgereift sind. Ob die beiden Fahrer-Crews (Tincknell, Gamble, Gunn und Riberas, Sorensen, De Angelis) ohne größere Prototypen-Erfahrung tatkräftig dabei helfen können?
Beim Aston-Debüt mangelte es sowohl an der Pace als auch bei der Zuverlässigkeit. Ein wenig mehr hätte man schon erwarten können, nachdem die ersten Hypercar-Pläne bereits 2021 geschmiedet wurden. Die #007 lief mit 23 Runden Rückstand ein. Für den #009 Schwester-Aston war nach 240 Runden vorzeitig Feierabend. Im Schnitt fehlte den Valkyrie-Kutschern gut eine Sekunde pro Runde.
Für einen Aufreger sorgte die Startnummer #009, als sich zur Rennmitte plötzlich die Beifahrer-Flügeltür während der Fahrt öffnete, wenig später abriss und auf die Strecke flog. Eine gefährliche Situation, die glimpflich endete. Es war das erwartet schwierige Debüt der Briten mit einigen technischen Problemen und der einen oder anderen Strafe. Erinnerungen werden wach an Peugeot, das mit seinem LMH-Auto eineinhalb Jahre benötigte, um halbwegs zur Konkurrenz aufzuschließen.
Verlierer #4: Die Zuschauer
Die Langstrecken-WM boomt weiter ohne Ende mit acht Herstellern in der Hypercar-Klasse. Für deutsche Zuschauer war es allerdings schwierig, davon etwas mitzubekommen. Das Auftaktrennen in Katar - zusammen mit Le Mans und dem Finale in Bahrain sicherlich der wichtigste Lauf des Jahres - wurde hierzulande nicht im Free-TV ausgestrahlt.
Sport1, das 2024 einige Stunden live sendete, hatte zwar einen kostenlosen Livestream mit deutschem Kommentar im Angebot, davon dürften aber nur Hardcore-Fans etwas gewusst haben. Eurosport verzichtete auf eine Ausstrahlung im Free-TV und sendete stattdessen hinter der Bezahlschranke (Eurosport 2 und discovery+). Ein Trauerspiel für eine Weltmeisterschaft, in der Marken wie BMW und Porsche und Fahrer wie Mick Schumacher oder Rene Rast an den Start gehen...
Dass der kostenpflichtige Livestream der WEC am Donnerstag zur Hälfte des Qualifyings nicht funktionierte und auch beim Rennstart am Freitag weltweit Aussetzer hatte, passte ins schwache Gesamtbild. In diesem Bereich hat die Langstrecken-WM noch längst nicht den vielzitierten Platin-Status erreicht.
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