Pedro Acosta hat in seinem ersten Jahr in der MotoGP mächtig Eindruck hinterlassen, auch bei seinem Teamchef Herve Poncharal. Der Franzose schwärmt in höchsten Tönen vom Rookie, und trauert auch ein wenig um dessen Abgang von Tech3 in Richtung des KTM-Werksteam.

Pedro Acosta sorgt für Begeisterung: Hat auf MotoGP-Bike sofort klick gemacht

"Pedro hat alle Erwartungen übertroffen, selbst seine eigenen", konstatierte das französische MotoGP-Urgestein im offiziellen Podcast der Königsklasse 'Last on the Brakes'. Der junge Spanier mischte sofort vorne mit, holte schon im zweiten Rennen einen Podestplatz und fuhr dauerhaft auf Augenhöhe mit KTM-Speerspitze Brad Binder sowie weit vor den beiden anderen KTMs von Jack Miller und Teamkollege Augusto Fernandez. Einzig den vier Ducati-Piloten an der Spitze der WM-Wertung musste er in den allermeisten Fällen den Vortritt lassen.

Pedro Acosta, Tech3 GASGAS Factory Racing
Pedro Acosta mischt phasenweise sogar ganz vorne mit, Foto: LAT Images

Seinem Ruf als Supertalent wurde Acosta also sofort gerecht. So schnell, dass auch Poncharal überrascht war: "Als wir in Valencia letztes Jahr unseren ersten Testtag mit Pedro hatten, konnten wir bereits sehen, dass er etwas Besonderes ist. Bei ihm und dem MotoGP-Bike machte es früh klick. Er fuhr, als wäre er schon ein paar Tage lang darauf gesessen. Aber trotzdem hätten wir niemals gedacht, dass er das erreichen könnte, was er bisher geschafft hat." Der 67-Jährige ist seit Jahrzehnten im Paddock, doch ein junger Himmelstürmer wie Acosta lässt seine Begeisterung für den Motorradsport auch nach langen Dienstjahren aufleben: "Ich bin da wie ein 16-jähriger Junge, der voller Bewunderung für diesen Kerl ist. Da sind die Emotionen bei mir immer noch da."

Fast perfekter Acosta ab 2025 ein MotoGP-Titelkandidat?

Bei der Bewertung der Saison des Superrookies geht der Teamchef-Veteran daher weit nach oben in der Skala: "Ich würde sagen seine Saison ist eine 8,5 oder 9 [von 10, Anm. d. Red.]. Es ist nahe an der Perfektion für einen Rookie. Als ich mit ihm nach dem Aragon-Wochenende mit zwei Podestplätzen sprach, meinte er nur: 'Ich will mehr.' Ich weiß also nicht, ob er sich selbst die 8,5 geben würde. Aber ich bin der Meinung, dass er nahe am bestmöglichen dran ist, was ein Rookie erreichen kann. Besonders weil die heutige MotoGP so ein hohes Niveau hat und so eng ist."

Herve Poncharal jubelt auf dem Podium
Herve Poncharal durfte dank Pedro Acosta Podien bejubeln, Foto: LAT Images

"Ich bin nicht nur von seinem Speed beeindruckt, sondern auch wie er die Wochenenden meistert: Seine Konstanz, wie gut er sich mit seiner Mannschaft austauscht, wie gut seine Rückmeldung bei der Verbesserung des Motorrads hilft und wie er das richtige Setup findet", berichtet Poncharal über die Breite von Acostas Fähigkeiten. Dieser Gedanke führt ihn aber auch in ein kleines Paradoxon: "Er ist ein Rookie, also kann er noch viel lernen. Aber wenn ich dann überlege, was er noch verbessern könnte, dann ist das nicht so einfach. Er ist überall bereits auf einem hohen Niveau."

Und dennoch gibt es sie, die Luft nach oben. Vielleicht ja sogar nach ganz oben? Der Franzose traut das seinem Schützling schon in der kommenden Saison zu: "Ab nächstem Jahr wird er ein Titelkandidat sein. Ich sage nicht, dass er der Favorit sein wird. Aber wenn du fünf oder sechs Namen nennen musst, die 2025 Titelkandidaten sein könnten, dann wäre er dabei." Die Frage lautet hier wohl vielmehr, ob KTM technisch gegen die Dominatoren von Ducati aufholen kann. Das fahrerische Potential Acostas bezweifelt niemand mehr.

Poncharal bedauert Acostas Abgang ins Werksteam: Hätten 2025 abliefern können

Seit Monaten ist klar, dass Acosta die Jagd auf Francesco Bagnaia und Marc Marquez dann im Werksteam und nicht mehr bei Tech3 eröffnen wird. Herve Poncharal ist aufgrund des Verlustes seines Wunderknaben etwas wehmütig: "So ein Talent bei sich zu haben, ist herausragend. So etwas passiert dir nicht häufig in deiner Karriere. Im ersten Jahr, obwohl er ein Rookie ist, hat er fantastisch abgeliefert. Auf dem Papier sollte er nächstes Jahr noch besser sein. Also würdest du natürlich gerne auch noch das zweite Jahr mit ihm bestreiten, denn dieses Jahr war noch ein Lernprozess. Nächstes Jahr könnten wir abliefern und die Hand an den 'Gral' bekommen. Auf eine gewisse Art und Weise ist es also schon traurig."

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Doch im Endeffekt kann der Tech3-Boss die Fahrer-Entscheidung der Mattighofener sehr wohl nachvollziehen: "Auf der anderen Seite bin ich tief in das Projekt der Pierer Mobility Group in der MotoGP involviert und will so sehr, dass sie ihr Ziel des Titelgewinns erreichen. Da macht es Sinn, dass Pedro ins Werksteam an die Seite von Brad [Binder] aufsteigt." Er selbst wurde für den Verlust mit den hochkarätigen Neuzugängen Enea Bastianini und Maverick Vinales entschädigt. Ob die beiden Siegfahrer dem Teamchef genauso viel Freude bereiten können wie Acosta, werden die beiden kommenden Saisonen zeigen. Sie erhielten einen Zweijahresvertrag.