Seit August ist Mattia Binotto der neue starke Mann im Formel-1-Universum von Audi und Sauber. Sprichwörtlich - dem ehemalige Ferrari-Teamchef wurden gleich die Rollen des Chief Operating Officer und Chief Technical Officer übertragen. Sowohl Rennteam als auch Motorabteilung liegt in seiner Verantwortung. Eigentlich aber nicht Teamchef. Muss er nun aber wohl.

Eigentlich soll der langjährige Sportdirektor von Red Bull, Jonathan Wheatley, als dezidierter Teamchef den Renneinsatz leiten und die sportpolitische Vertretung auf Teamchef-Ebene übernehmen. Doch Wheatley kommt voraussichtlich erst im Juli 2025. Davor muss er eine Sperrfrist absitzen.

Macht Adrian Newey Aston Martin zum F1 Weltmeister? (15:01 Min.)

Die Teamchef-Frage ist bei Sauber währenddessen eine delikate. Dass das zukünftige Audi-Werksteam in einer Krise steckt, ist jedem klar. Wie auch, dass es so nicht weitergehen kann. Binotto selbst stellte am Rande des Monza-Wochenendes klar, dass man es sich nicht leisten kann, noch weitere Monate ohne Fortschritte weiterzumachen.

Binotto greift ein: Übergangs-Teamchef bei Sauber

Binotto, der momentan damit beschäftigt ist, sich ein vollständiges Bild der Lage zu machen, hält so nun auch fest, dass er nun bereit ist selbst einzugreifen: "Sicherlich werden Dinge wie Rennaktivitäten und Dinge, die der Teamchef an der Strecke tun muss, Jonathans Verantwortung werden. Aber es sind Dinge, die ich in der Vergangenheit getan habe."

Von 2019 bis 2022 war Binotto bei Ferrari nicht bloß operativer Teamchef, sondern zugleich auch oberster Leiter der Technik-Abteilung und vertrat das Team bei sämtlichen sportpolitischen Angelegenheiten. So sieht er kein Problem darin: "Ich werde mich jedenfalls organisieren, um das in der Zwischenzeit abzudecken."

In den letzten eineinhalb Jahren war die Führung bei Sauber etwas verworren. Andreas Seidl war als CEO gekommen, hatte aber von Beginn an klargestellt, dass er kein Teamchef sei und sein Fokus auf der Fabrik läge. Das Rennteam erhielt schließlich ein eigenes Dreigestirn.

Urgestein Beat Zehnder, seit gut 30 Jahren Teammanager, sollte das Sportliche regeln. Alessandro Alunni Bravi Bravi, dessen Expertise im Kommerziellen und Rechtlichen liegt, wurde als "Teamrepräsentant" zum Gesicht in der Öffentlichkeit auserkoren. Technik-Direktor Jan Monchaux sollte ursprünglich der dritte Mann in diesem Dreigestirn sein.

Zeit bis zum Audi-Werkseinstieg wird knapp für Sauber

Überzeugen konnte die Struktur nur bedingt. Monchaux wurde an einem Punkt gegen James Key ausgetauscht. Seidl blieb seiner Entscheidung treu, nur selten an der Strecke aufzutreten. Valtteri Bottas merkte zuletzt schließlich an: " Ich denke, was das Team im Moment benötigt, ist klare Führung und jemanden, der auch präsent ist."

Binotto möchte nun diese klare Führung aufbieten. Das mit der Präsenz wird jedoch aufgrund der Mehrfachbelastung schwierig: "Mein Fokus und unsere Priorität liegt momentan in den Fabriken." Die Sauber-Basis in Hinwil und das Audi-Werk in Neuburg an der Donau müssen natürlich für den vollumfänglichen werksseitigen Einstieg 2026 bestens vorbereitet sein.

Die Resultate der letzten Monate lassen genauso aber keine Zweifel daran, dass die Probleme dringend angepackt werden müssen. Würde man mit der Reorganisation bis Juli, bis zur Ankunft von Wheatley warten, so wäre man nur mehr sechs Monate von 2026 entfernt. Dann erst Reformen anzustoßen wäre reichlich spät.

"Wir werden uns auch so an der Rennstrecke organisieren, dass es Verantwortliche gibt, die mich unterstützen, wenn ich nicht da bin", kündigt Binotto also an. Es ist ein Balanceakt, den er bis zu Wheatleys Ankunft schaffen muss.