Stell' dir vor, es ist Rennen, und keiner kriegt es mit. Wenn bei der aktuellen WEC mit ihren wahnsinnigen acht (!) Hypercar-Herstellern gerne mal die Rede von einer 'Platin-Ära' ist, müsste man das Zuschauerangebot beim Saisonauftakt in Katar bestenfalls als Bronze-Produkt bezeichnen. Amateurhaft!
Fans in Deutschland schauten beim großen Auftakt im Wüstenstaat, neben Le Mans und dem Saisonfinale eines der wichtigsten Rennen der ganzen Saison, wortwörtlich in die Röhre. Obwohl mit RTL, Sport1 und Eurosport gleich drei Fernsehsender Übertragungs-Rechte an der Langstrecken-WM besitzen, wurde keine einzige Live-Minute im Free-TV gezeigt. Trotz BMW, trotz Porsche, trotz Mercedes-AMG und trotz Mick Schumacher.
Diese Übertragung kann den Herstellern nicht gefallen
SO sorgt man bei den Zuschauern garantiert nicht für Vorfreude auf eine neue Saison. Und es braucht mir auch niemand was von Livestream oder Highlight-Sendung zu erzählen: Im Sponsoren-Geschäft ist nach wie vor die Live-Fernsehquote die harte Währung. Das kann und darf den Herstellern, die viele, viele Millionen in die WEC stecken, einfach nicht gefallen.
Sport1 zeigte das zehnstündige Rennen auf seiner Webseite zwar komplett kostenlos im Livestream und sogar mit deutschem Kommentar - aber wer hat das schon mitbekommen? Man kann nur hoffen, dass es bei den nächsten Rennen wieder wie im Vorjahr läuft: Startphase und Zieleinlauf live im Free-TV und dabei ein Hinweis auf den parallel laufenden Livestream im Internet. Bei den weiteren Planungen schien man zuletzt noch nicht so weit zu sein, obwohl die Saison längst läuft...
Rennen am Freitag, 10 Stunden, leere Ränge: Muss das sein?
Schön, dass die WEC auch dieses Jahr weiter auf Eurosport im Fernsehen läuft. Aber der Saisonstart komplett hinter der Bezahlschranke bei Eurosport 2? Wäre nicht auch hier zumindest ein bisschen Platz für ein ein, zwei Stündchen Live-Übertragung im Free-TV gewesen? Ein komplettes 10-Stunden-Rennen schauen sich eh nur die Hardcore-Fans an, aber so erreicht die WEC garantiert kein neues Publikum.
Wobei sich eh die Frage stellt, ob es 10 Stunden gleich zum Start sein müssen. Ein 'knackiges' 6-Stunden-Rennen würde es auch tun. Und dann noch auf der Langweil-Strecke in Katar, wo eigentlich nur Safety Cars (immerhin vier Stück diesmal) für Action sorgen. Vor größtenteils leeren Tribünen. Dass das Rennen obendrein an einem Freitag lief, setzte dem Ganzen die Krone auf. Wer soll das mitbekommen?! Die WEC wird sich dieses 'Spektakel' sicherlich mit gutem Antrittsgeld versilbern lassen.
WEC-Livestream: Leider amateurhaft
Und wenn die WEC-Macher jetzt glauben, mit ihrem kostenpflichtigen Livestream-Angebot heil davonzukommen: Weit gefehlt! Für 8,99 Euro verpassten Fans die Hälfte des Qualifyings und in weiten Teilen auch den Rennstart. Die Technik streikte. Nur die Chat-Funktion auf der Streaming-Plattform funktionierte. Wie die Kommentare der zahlenden und nichts sehenden Zuschauerschaft ausfielen, muss ich wohl nicht wiederholen.
Dazu passt, dass man selbst als zahlender Zuseher keine einzige Minute von zwei der drei Freien Trainings schauen kann. Es gibt nur Live-Timing. Die Formel 1 zeigt stundenlang sogar ihre Vorsaison-Testfahrten im Fernsehen! Klar, der Verzicht auf eine Übertragung am ersten Tag des Rennwochenendes spart der WEC bares Geld - aber sollte dann nicht auch das Pay-TV-Angebot günstiger sein?
Jede Wald- und Wiesen-Meisterschaft kriegt es hin, ihre Trainings irgendwie live zu zeigen. Eine FIA-Weltmeisterschaft, und das ist die WEC nun mal, schafft das nicht. Die stets guten Aufrufzahlen auf YouTube, wo immerhin das 3. Training vor dem Qualifying kostenlos gestreamt wird, zeigen doch, wie groß das Interesse ist. Und die Kommentatoren sind Weltklasse! Aber mit einem derart amateurhaften Angebot für den auch wichtigen deutschen Markt wird sich die WEC selbst mit ihrer Hersteller-Armada schwertun, den Schritt aus der Nische heraus zu schaffen.
Die Zuschauer zählten beim WEC-Auftakt in Katar leider zu den Verlierern. Es gab aber auch Gewinner! Unser Ranking zum ersten Rennen der neuen Saison jetzt lesen:
diese WEC Redaktion