Das erste gemeinsame Rennen von Lewis Hamilton und Ferrari hat Spuren hinterlassen. Die volle Ferrari-Experience, so kommentierten es die ersten gleich, nachdem Hamilton rundenlang augenscheinlich äußerst frustrierende Funk-Gespräche mit seinem neuen Renningenieur gehabt hatte. Die ganze Aufregung ist für Hamilton selbst aber völlig aus der Luft gegriffen.
"Natürlich hat jeder überreagiert", ärgert sich Hamilton am Donnerstag vor seinem zweiten Formel-1-Rennen mit Ferrari in China. "Es war einfach nur ein Hin und Her. Ich war sehr höflich mit meinen Vorschlägen. Ich sagte: Lass mich, bitte. Ich kam nicht mit 'F- dich', habe nicht herumgeflucht. An dem Punkt hatte ich schlicht mit dem Auto zu kämpfen und musste mich auf ein paar Dinge fokussieren."
Renningenieur Riccardo Adami versuchte Hamilton in der ersten Rennhälfte rundenlang durch die Anwendung des K1-Modus zu coachen, eines schärferen Hybrid-Modus, welcher im Kampf mit dem Williams von Alex Albon hilfreich sein sollte. Dabei kam er mit Hamilton einfach nicht auf eine Wellenlänge.
Bei dem Erfahrungsschatz der Beteiligten wirkt das zuerst einmal überraschend. Auf der einen Seite ist da Hamilton, der Unmengen an Erfahrung in der Formel 1 mitbringt, aber vor Australien alle seine Hybrid-Rennkilometer mit einem Mercedes gefahren war. Auf der anderen Seite ist da Adami, der seit Jahren einer der Renningenieure bei Ferrari ist, und seit 2015 erst Sebastian Vettel und dann Carlos Sainz begleitete.
Hamilton genervt von Funk-Episode: Hört euch mal Max Verstappen an
Aber für Erfolg braucht es mehr als eigene Erfahrung - es braucht dezidiert Erfahrung miteinander. Der Ingenieur ist der Einzige, der mit dem Fahrer im Auto spricht. Zum Erfolg müssen die beiden nicht nur für sich genommen wissen, was Sache ist, sondern auch wissen, wie der andere denkt und was der andere braucht. Deshalb sind Langzeit-Paarungen wie einst Hamilton und Peter Bonnington bei Mercedes, oder Max Verstappen und Gianpiero Lambiase bei Red Bull so erfolgreich.
"Es gibt keine Probleme zwischen uns", wehrt sich Hamilton. "Hört euch andere Fahrer und Ingenieure an, da geht es viel schlimmer zu. Die Gespräche von Max mit seinem Ingenieur über die Jahre, den Missbrauch, den der arme Typ hat einstecken müssen. Und darüber schreibt nie jemand was. Aber über diese kleinstmöglichen Diskussionen, die ich habe, wird gesprochen."
Es braucht eben ein paar Wochen, bis Hamilton und Adami ein gutes Gefühl füreinander haben: "Wir lernen uns bloß kennen. Danach meinte ich: Hey, diese Information brauche ich nicht. Und wenn du mir das geben willst, dann hätte ich es gerne an dieser Stelle. So fühle ich mich im Auto, und an diesen Punkten mache ich das, und an diesen Punkten brauche ich keine Infos."
Dass gleich das erste Rennen ein so schwieriges war, lieferte der internationalen Bildregie bloß mehr Munition für gutes Funk-Material. Und natürlich spielt die Regie lieber Funksprüche eines Weltmeisters ein. Über diese Selektionsmethoden hatte sich in der Vergangenheit Fernando Alonso schon oft beschwert.
Hamilton und Charles Leclerc prognostizieren schnellen Ferrari-Fortschritt in China
Dass es in Australien am Funk so turbulent zuging, überrascht nicht. Das Wetter war chaotisch, und die Ferrari-Leistung enttäuschend. Hamilton unterstreicht auf seiner Seite, dass er nach einem kompletten, echten Rennwochenende jetzt viel besser versteht, wie die Scuderia operiert, wie sie etwa von Session zu Session das Setup aufbaut.
"Dieses Wochenende werde ich das Auto anders abstimmen", kündigt Hamilton an. "Je komfortabler ich mich dann fühle, desto mehr Entscheidungen kann ich treffen und sagen, was ich eigentlich brauche, welche Abstimmung ich will. Dieses Wochenende werde ich mich da schon etwas mehr reinhängen."
"Jetzt ist nicht der Moment, um das Spielzeug aus dem Kinderwagen zu werfen", so Hamilton. "Eine Kleinigkeit hätte einen riesigen Unterschied bei unserem Ergebnis machen können." Er und Teamkollege Charles Leclerc sind sich sowieso sicher, dass die Leistung des Autos sehr schnell viel besser werden kann.
Der im Team erfahrenere Leclerc macht eine recht kleine Setup-Änderung für den Australien-Absturz verantwortlich: "Manchmal hast du keine andere Wahl, musst eine Einschränkung akzeptieren. Ich denke, das wird kein Problem mehr sein. Nur war es das in Melbourne. Das müssen wir jetzt verstehen und schauen, ob diese Probleme später im Jahr wieder drohen."
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